Prof. Dr. Barbara Mittler Kulturwissenschaftliche Zugänge: Kunst, Musik und Literatur—Sinophone Welten im globalen Kontext
Chinas Kulturgeschichte ist maßgeblich vom Dialog mit „Anderen“ bestimmt: Der Arbeitsbereich von Barbara Mittler untersucht die vielfältigen Facetten dieses Dialogs. Multiperspektivische und multimediale Ansätze werden genutzt, um scheinbar wohletablierte Annahmen zum Hergang und chinesischer Geschichte in Frage zu stellen: oral history, close, conjunctive und queer readings von Bild, Text und Musik, Zugänge aus den Digital Humanities und nicht zuletzt der multidisziplinäre Dialog mit Wissenschaftlern, die auf andere Regionen als China spezialisiert sind, stehen im Zentrum ihrer Aktivitäten in Forschung, Lehre und Outreach, sowohl am Institut für Sinologie als auch am Heidelberger Centrum für Transkulturelle Studien (HCTS).
In ihren Forschungsarbeiten fragt Barbara Mittler nach den Funktionen von kultureller Produktion im täglichen (historischen) Erleben und ihrer (affektive) Überzeugungskraft und Persistenz im kulturellen Gedächtnis: von der klassischen Musik über die Print- und Presselandschaft der Shanghaier Moderne, zur Propaganda- und Protest-Kunst in der sinophonen Welt, von der Langlebigkeit des Drei-Zeichen-Klassikers oder des Kannibalismus und anderen epochal oder apokalyptisch wirkenden Genres und Phänomenen in der chinesischen Kunst und Literatur, bis zur Produktion globaler Helden wie Gandhi und Mao und Anti-Helden wie den neuen Männer und Frauen in chinesischen Frauenzeitschriften, betrachtet sie, gemeinsam mit ihren Mitarbeiter*innen, ein breites Spektrum von Quellen, die von unterschiedlichsten Formen der Mehrstimmigkeit geprägt sind. Ein besonderes Anliegen ist ihr der regional breit und zeitlich tief gefasste Blick auf China als sinophone Welt. Ein Schwerpunkt ihres Arbeitsbereichs ist darum auch Taiwan in Geschichte und Gegenwart gewidmet. Durch ihr Engagement in Schule, Kunst und Kultur bemüht sich außerdem um die Breitenvermittlung von China-Wissen in die Bevölkerung.

Team
Der Arbeitsbereich besteht aus drei kooperierenden Teams: das Institutsteam inklusive moderner Sprachbereich, das Team der China-Schul-Akademie, und das Team des Jungen Kollegs, Worldmaking—(Re)Thinking and Doing Futures.
Forschung
Der Arbeitsbereich leitet im Moment drei größere Projekte: 1.die China-Schul-Akademie, die Lehr- und Lernmaterialien für den schulischen Fachunterricht zu China erstellt, 2. den Heidelberger Teil des Verbundkollegs Worldmaking—A Dialogue with China zu Epochalen Lebenswelten, das gemeinsam mit internationalen Fellows das Zusammenspiel von Mensch, Natur und Technik in Momenten des “Kollaps” und den historische Epochen prägenden, “kritischen Übergängen” untersucht. 3. Den Thematic Research Network Denk(t)räume—Thinking and Doing Future(s), der eng auf Worldmaking aufbaut und u.a. in Kooperation mit dem CAPAS entwickelt wird. Zwei der Mitarbeiter*innen haben ausserdem große EU-Projekte eingeworben: das ERC Consolidator Projekt ChinaComX (Lena Henningsen) und das Horizon Europe Initiative Projekt De-Conspirator (Marina Rudyak)
Außerdem wird seit 2005 in der Popular Cultures Research Group mit einer großen Gruppe von (Post-)Doktoranden die Vielfalt chinesischer sinophoner Populärkulturen untersucht und seit 2007 mit der Taiwan Lecture Series und Gastwissenschaftlern Taiwans Geschichte, Kunst und Kultur in den Blick genommen und auch für eine breitere Öffentlichkeit aufbereitet. Der Arbeitsbereich beteiligt sich darüber hinaus in einem Teilprojekt des SFB 1671 Heimat(en): Auf der Suche nach Heimat – Musikkulturelle Praxis in Ostasien.
Lehre
Die Lehre in diesem Arbeitsbereich ist forschungsgeleitet und widmet sich, je nach Schwerpunkt der jeweiligen Mitarbeiter*innen, ganz unterschiedlichen chinesischen kulturwissenschaftlichen Themen im globalen Kontext, oft auch im inter- und transdisziplinären Austausch mit Künstlern und Aktivisten bei der Gestaltung begleitender kultureller Veranstaltungen wie Gesprächskonzerte, Ausstellungen, Roundtables, so etwa bei den großen Ringvorlesungen (etwa Ruperto Carola Ringvorlesung 2022/23 Vom Ende als Anfang: Globale und Transdisziplinäre Perspektiven und 2024/25 Freiheit?! Die Universität als Diskursraum). Die Veranstaltungen nutzen ein breites Spektrum disziplinärer Zugänge, von der Literaturwissenschaft bis zu den Rechtswissenschaften, lehren diskursanalytische, ökokritische, feministische Analysen vom Bild zum Policy Dokument, und eröffnen den Austausch mit Wissenschaftler*innen, die als Gastdozent*innen am Arbeitsbereich mit besonderen Spezialgebieten, die Lehr- und Lerninhalte durch neue methodische und thematische Zugänge bereichern. Die Mitarbeiter*innen haben auch ein großes Interesse an der Vermittlung von Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens und haben hierzu im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von nützlichen Handreichungen entwickelt.
Der Arbeitsbereich ist des Weiteren sehr engagiert im Bereich der Lehramts- und Lehrer-Aus- und -Fortbildung. Bereits während des Studiums im polyvalenten Bachelor und im Master of Education können Studierende im Projekt China an die Schulen und bei der China-Schul-Akademie Unterrichts-praktische Erfahrung sammeln.
Hinzu kommen die Sprachkurse im modernen Bereich, die von diesem Arbeitsbereich begleitet werden. Die hier lehrenden Dozent*innen nutzen innovative Lehr- und Lernmethoden, die auch als Open Educational Resources zur Verfügung gestellt werden: Nicht nur wurde in diesem Kollegium der mit dem Landeslehrpreis ausgezeichnete Sprachintensivkurs für das erste Studienjahr (Propädeutikum) konzipiert, auch werden immer neue Lehr- und Lernmethoden (etwa der Chat-Kurs zur schnelleren Erkennung von Schriftzeichen) entwickelt. In diesem Zusammenhang sind, in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Taiwan und der Volksrepublik China, eine Reihe von Lehrwerken entstanden, u.a. das Lehrbuch Chinesisch einmal ganz anders: Ein multimediales Lehrbuch für die Grundstufe, das genau auf die Bedürfnisse des intensiven Sprachstudiums im ersten Studienjahr in Heidelberg ausgerichtet ist (Propädeutikum).