Newsletter August 2018 Nr. 95

INHALT


Interview mit Dr. Wilfried Spaar - Teil 1

Wie ist unser langjähriger Sprachlehrer Dr. Spaar zu seinem Studienfach und Beruf gekommen? Interessiert ihn heute noch das gleiche wie vor 50 Jahren? Der Leverkusener wurde von der wissbegierigen Bonnerin Mariana Münning befragt. Dies ist der erste Teil einer langen Geschichte – Fortsetzung folgt.

Das Interview führte Mariana Münning.

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Chinesische Schauspielerinnen, österreichische Regisseure und der Film „Children of the World“

1941 drehten österreichische Flüchtlinge in Shanghai einen Film mit dem Titel „Children of the World“. Sie sprachen Deutsch und Französisch, die übrigen Beteiligten Chinesisch und etwas Englisch. Wie konnte das gut gehen?

Von Dr. Thomas Kampen.

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Dong Jianwu, Dong Weijian, sowie Chen Yun, Pu Huaren und Qin Bangxian in Shanghai

Dong Jianwu und Pu Huaren gingen auf Missionarsschulen und waren christlich geprägt. Doch durch die dramatischen politischen Entwicklungen des Jahres 1927 wurden sie zu Kommunisten. Wie war ihr weiteres Schicksal?

Von Dr. Thomas Kampen.

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Han Sen (1925-2018) und Ullabritt Horn (1956-2017)

Der in Berlin geborene Han Sen ist nun auch in seiner Heimatstadt gestorben. Ullabritt Horn, die einen Film über ihn gedreht hatte, starb wenige Monate vor ihm. Der zeitweilige Berliner Thomas Kampen, der auch ein Buch über den Chinesen gelesen hat, schreibt über beide.

Von Dr. Thomas Kampen.

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Das Deutsch-Chinesische Alumni-Netzwerk ALUROUT

Denis Daus stellt das neue Deutsch-Chinesische-Alumni-Netzwerk ALUROUT und den Wissensaustausch beider Länder vor.

Von Denis Daus.

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Interview mit Dr. Wilfried Spaar - Teil 1

MM: Lieber Herr Dr. Spaar, Ihr rheinischer Akzent ist für mich als Bonnerin unverkennbar. Wo sind Sie aufgewachsen?

WS: Da kann man nichts machen, der Singsang bleibt. Ich bin in Leverkusen aufgewachsen.

MM: Wie sind Sie zur Sinologie und zur chinesischen Sprache gekommen?

WS: Das war so. Ich war auf einem altphilologischen Gymnasium und habe Latein und Griechisch gelernt. Dann dachte ich mir, ich will mal etwas anderes machen und habe mit Sanskrit angefangen. Und dann dachte ich mir, man könnte ja noch etwas weiter nach Osten gehen, und dann wollte ich Japanisch machen. Und der japanische Sprachkurs war voll, da war kein Platz mehr, und außerdem sagte man mir: “Die Lehrer für Japanisch sind Faschisten, da gehst du besser nicht hin! Geh lieber zu den Lehrern für Chinesisch!” So bin ich zum Chinesischen gekommen, obwohl ich eigentlich Japanisch machen wollte. Das war erst auf der Universität Köln und dann in Bochum.

MM: Wer waren Ihre Dozenten für Chinesisch?

WS: An der Universität Bochum war der Ordinarius für Chinesisch Professor Alfred Hoffmann, der jetzt schon lange verstorben ist. Der hatte den Spitznamen “Gauleiter China”.

MM: Weil er wirklich eine Nazi-Vergangenheit hatte?

WS: Einige haben es ihm nachgesagt. Aber er hat sich natürlich, wie so viele andere, die damals zu der Zeit in Ostasien gelebt und gearbeitet haben, irgendwie arrangiert. Aber direkte Zuarbeit für die Nationalsozialistische Partei… einige Leute sagen das. Mir war das eigentlich vollkommen egal. Der Mann hat mich beeindruckt durch seine Chinesischkenntnisse. Er konnte Chinesisch sprechen, Chinesisch und Japanisch, und zwar in jeder Situation! Die Professoren damals (es gab noch keine Professorinnen) konnten kein Chinesisch.

MM: Und Alfred Hoffmann war zur Zeit des Dritten Reiches in China?

WS: Ja, er war erst in Beijing und dann in Nanjing. Er hat mit der Fotografin Hedda Hammer einen sehr schönen Fotoband über Nanjing gemacht, der ist 1944 bei Noessler in Shanghai erschienen und dokumentiert das damalige Nanjing. Das Buch ist sehr schön und sehr selten, in Deutschland sind nur drei Exemplare erhalten. Eins ist bei mir, eins ist in Berlin, eins ist in Leipzig. Eine echte Rarität. Er hat sich also für China und gerade für die neuere und aktuelle Geschichte und die chinesische Revolution sehr interessiert und war sehr sachkundig.

MM: Und er war in Bochum?

WS: Ja, die Universität war damals eine Neugründung, 1964 gegründet, und ich bin 1971 dann dorthin gekommen, als die Baulichkeiten gerade fertig geworden waren. Das ist so eine monumentale Protz-Beton-Uni, das muss man mal gesehen haben. Aber mir hat das nichts ausgemacht, ich fand das ganz interessant. Und die Möglichkeiten, die wir als Studierende damals dort hatten! Ich habe alles Mögliche studiert, auch Farsi, das ist modernes Iranisch, immer wieder ein bisschen Latein, allgemeine Sprachwissenschaft, und dann habe ich auch ein bisschen Theologie gemacht, Psychologie… damals hatte man Zeit und konnte so etwas machen.

MM: Die 1968er Studentenbewegung, war die 1971, als Sie an die Uni kamen, noch spürbar?

WS: Ja, die war immer noch höchst virulent. Ich bin mit diesen Schulungen aufgewachsen, Karl Marx, Das Kapital 1 bis 3, das haben wir runterbeten können. Diese ganze Terminologie, und dann später die Kulturrevolutions-Terminologie, damit ist meine Generation groß geworden. Ich war auch Mitglied in ach weiß ich gar nicht mehr. Aber irgendwann sind mir die ultra-linken Organisationen zu chaotisch geworden, also wenn jeder sein eigenes Zentralkomitee ausruft, das kam mir dann doch etwas merkwürdig vor.

MM: Haben Sie auch das „Kleine rote Buch“ (Maos Zitate) gehabt?

WS: Natürlich, das hatte jeder. Ich habe die noch, hier stehen auch noch ein paar rum. [Spaar deutet auf die gefüllten Bücherregale in seinem Büro.] Ich habe noch Büchersammlungen aus der Zeit, auch Flugblätter, die habe ich archiviert und aufgehoben, das kann noch mal interessant werden.

MM: Das war also eine politisierte Zeit.

WS: Ja, das war es.

MM: Und wann sind Sie dann zum ersten Mal ins chinesischsprachige Ausland gefahren?

WS: Sehr spät. Da hatte ich mein Chinesischstudium schon abgeschlossen und konnte alles Mögliche, Zeitung lesen, klassische Texte, und so weiter. Aber was ich nicht konnte, das war flüssig reden, Alltagsgespräche führen. Das hat mit uns niemand gemacht. Und dann habe ich ein Stipendium bekommen vom DAAD und bin 1979 nach Taibei gekommen, und da bin ich erstmal „ertrunken“. Ich erinnere mich noch gut an den Einstufungstest an der Shida, und da haben die mich erstmal in so eine Anfänger-Klasse gesteckt. Einfach weil ich auf die einfachen Fragen, die sie mir gestellt haben, nicht recht habe antworten können. Aber das hat sich dann schnell geändert.

MM: Hat man da noch etwas vom „Weißen Terror“ gemerkt?

WS: Nein, überhaupt nicht. Offiziell war das Land noch unter Militärverwaltung, und war, wie man heute sagen würde, eine Einparteiendiktatur unter der Guomindang. Damals war Jiang Jieshi 蔣介石 vor nicht allzu langer Zeit verstorben, und sein Sohn, Jiang Jingguo 蔣經國, der war damals Präsident. Von innerer Unterdrückung habe ich da nichts gemerkt. Was aber offensichtlich war, war, dass die Post von Ausländern mitgelesen und archiviert wurde. Das war halt üblich und das hat man gewusst. Und ansonsten war das für mich ein bestimmter Kulturschock. In Deutschland hatten wir das, was man gemeinhin „Linke Bewegung“ nennt: „Wider den Konsum-Terror“ hieß es. Naja, „Konsum-Terror“ in Deutschland Mitte der Siebziger Jahre, einfach lächerlich verglichen mit dem, was in China los ist. Und das hat mich ziemlich geschockt. Der richtige „Konsum-Terror“, wie er Ende der 79er und in den 80er Jahren in Taiwan herrschte, wie da konsumiert wurde, das war für mich unbegreiflich, das war neu.

MM: Und sind Sie dann auch in die Volksrepublik gefahren?

WS: Ja, das war in der Zeit nach der Kulturrevolution und als die Reform- und Öffnungspolitik begonnen hatte, allerding noch nicht richtig in Schwung gekommen war. Deshalb konnte man als Ausländer von Taiwan aus in die Volksrepublik China fahren, und das habe ich auch gemacht und habe das Nach-Kulturrevolutionäre China im Aufbruch von Reform und Öffnung kennen gelernt.

MM: Hat die Konkurrenz zwischen den zwei politischen Systemen zwischen Taiwan und Volksrepublik auch die Sinologie gespalten?

WS: Ja. Die Leute, die sich mit Taiwan beschäftigt haben und nicht mit den „Verkürzten Schriftzeichen“, die galten als „reaktionär“. Und wer das Kurzzeichen-Lehrbuch benutzt hat und die Kurzzeichen verwendet hat, der galt als progressiv. Das war zum Beispiel so, dass viele traditionelle oder konservativ eingestellte Sinologie-Professoren alles, was aus der Volksrepublik kam, radikal abgelehnt haben, die haben das gar nicht wahrgenommen. Dagegen war dieser Alfred Hoffmann, der ja angeblich so reaktionär gewesen ist, der Erste in Bochum, der gesagt hat: „Wir nehmen diese neuen Lehrbücher  mit den verkürzten Zeichen für den Unterricht auf.“ Er hat die Zeichen im Unterricht besprochen und erklärt, dass diese verkürzten Zeichen ja nicht irgendwie eine kommunistische teuflische Erfindung sind, sondern dass sie eine Geschichte haben, die bis zur Han-Zeit zurückgeht.

MM: Sie haben da doch auch etwas darüber geschrieben, über die zweite Schriftreform 1978, oder?

WS: Da habe ich mal etwas zusammengestellt. Das ist eigentlich nur so ein kommentierter Index zu den Formen der Kurzzeichen die nur für etwa zwei Monate offiziell gültig waren. Und die man aber ab und zu auch immer wieder sieht, vor allen Dingen im Alltag, auf dem Markt zum Beispiel. Ein Musterbeispiel ist: Ich war ja viel in Tibet. [Am Fenster von Spaars Büro hängt ein tibetisches Tuch mit einem „endlosen Knoten“.] Und der chinesische Name Xizang 西藏 ist ja blöd zu schreiben, das zang oder cang 藏 wird dann einfach mit dem caozitou 草字头 und darunter ein shang 上 geschrieben: 䒙. Das ist ein ganz inoffizielles Zeichen, aber das sieht man immer wieder. Ich habe das immer fotografiert, abgeschrieben und dokumentiert, wenn ich so etwas gesehen habe.  

MM: Was hat Sie nach Tibet geführt?

WS: Tibet hat mich immer interessiert - nicht unbedingt sinologisch oder akademisch. Ich hatte früher noch einen Nebenberuf, ich war geprüfter Bergführer und war also immer im Hochgebirge unterwegs, meistens mit Jugendgruppen, und deshalb hatte ich von der Bergsteigerei her großes Interesse an Tibet. In den Achtzigern gab es so einen Sommer in Tibet, wo Tibet geöffnet war für alle, der hat mich sehr erinnert an die Zeit Anfang der 70er Jahre an Orten wie Kabul oder Goa. Lauter hippytoid gewandete Leute, jüngerer und älterer Generation, trieben da durch Lhasa, an jeder Ecke gab es Popmusik und Yak-Burger und allen möglichen Krempel, und das hat mich sehr daran erinnert, wie ich Anfang der 70er in Iran, in Afghanistan, Pakistan, Indien natürlich, Nepal gereist bin. Da hat man sich damals einfach so rumgedrückt, mit Ruck- und Schlafsack.


Das Interview führte Mariana Münning am 12. Juli 2018 im Institut für Sinologie, Heidelberg.

Die weiteren Teile des Interviews finden Sie hier: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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Chinesische Schauspielerinnen, österreichische Regisseure und der Film „Children of the World“

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Während des Zweiten Weltkriegs entstand in Shanghai ein bemerkenswerter Film, den ein österreichisches Ehepaar zusammen mit chinesischen Schauspielerinnen, Schauspielern und Technikern drehte. Dieser hatte viele Namen:

Children of the WorldKinder der WeltShijie ernü 世界儿女 – Söhne und Töchter der Welt.

Dieses ungewöhnliche Werk wurde im Juni 2018 zum ersten Mal in Heidelberg gezeigt: https://www.karlstorkino.de/programm/kinder-der-welt/.

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L(o)uise  und Jakob Fleck 佛莱克, die beide schon seit Jahrzehnten Filme produziert hatten, waren 1940 von Österreich nach China geflohen. Dort lernten sie den chinesischen Regisseur Fei Mu 费穆 kennen, der nach dem Krieg durch den Film Xiao cheng zhi chun 小城之春 berühmt wurde. Zu dritt – aber ohne eine gemeinsame Sprache – leiteten sie nun dieses bemerkenswerte Projekt.

Der Film war im Oktober 1941 fertig, konnte aber nur kurz gezeigt werden. Der japanische Angriff auf Pearl Harbor im Dezember des Jahres und die japanische Besetzung von Shanghai verhinderten weitere Aufführungen. Danach geriet das Werk in Vergessenheit.

Die beiden Hauptdarstellerinnen waren Lan Lan 蓝兰 und Ying Yin 英茵. Der (später) bekannteste Schauspieler dieses Films war Shi Hui 石挥.

Lans Familie kam eigentlich aus Fujian, sie wuchs jedoch im Norden auf und studierte in Beijing; eine jüngere Schwester wurde in der Volksrepublik China Filmregisseurin und Übersetzerin.

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Lan Lan war ursprünglich Theaterschauspielerin, spielte aber während des Krieges mehrfach Filmrollen.

Ying Yin stammte aus einer mandschurischen Familie in Beijing und war entfernt mit dem späteren Schauspieler (und Kulturpolitiker) Ying Ruocheng 英若诚  („Der letzte Kaiser“) verwandt.

Sie hatte schon als Zwanzigjährige in dem beliebten Film Shizi jietou 十字街头 mitgespielt. 1942 beging sie – nach der Tötung eines guten Freundes durch die Japaner – Selbstmord.

Fei Mu, Shi Hui und die Flecks starben alle in den fünfziger Jahren, Lan Lan vermutlich auch.

Autor: Dr. Thomas Kampen

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Dong Jianwu, Dong Weijian, sowie Chen Yun, Pu Huaren und Qin Bangxian in Shanghai

Vor fünfzehn Jahren erschien in einer chinesischen Zeitschrift über Parteigeschichte ein kleiner Aufsatz mit dem (verkürzten) Titel: Dong Jianwu war nicht Dong Weijian. Auch wenn die Überschrift für mich nicht überraschend war (da der erste aus Jiangsu und der zweite aus Hunan stammte), war der Beitrag trotzdem interessant. Es stellte sich nämlich heraus, dass beide Herren in Shanghai viele gemeinsame Bekannte hatten, darunter Chen Yun, Pu Huaren und Qin Bangxian.

Chen Yun gehörte von den dreißiger Jahren bis in die achtziger Jahre – mit Unterbrechungen – der KP-Führung an, ein Rekord, dem nur Zhou Enlai nahe kam.

Qin Bangxian war einmal (inoffizieller) KP-Führer (1931-1935), geriet allerdings wegen seines frühen Todes schnell in Vergessenheit; Pu Huaren war nie besonders berühmt, gehörte aber ab 1937 zu den wichtigsten Mitgliedern der damals gegründeten Xinhua-Nachrichtenagentur in Yan’an.

From Christ to Marx

Dong Jianwu und Pu Huaren stammten beide (wie auch Chen Yun und Qin Bangxian) aus Jiangsu, lernten sich früh kennen und verbrachten einige Jahre in Shanghai. Beide wurden Christen, lernten Englisch und studierten an der St. John’s University. Dong kannte die Familie Song recht gut und pflegte Kontakte mit Song Qingling, Song Ziwen und ihrer Mutter.

Pu Huaren reiste 1927 nach Moskau. Sheng Yueh, der ihn dort kennen lernte, schrieb:

“Some members […] later became Communists. P’u Hua-jen, for example, shifted his ardent faith from Christ to Marx and preached communism instead of Christianity.” (S.148)

Durch Vermittlung von Pu Huaren, wurde 1928 auch Dong Jianwu Kommunist. Als Pastor hatte Dong in Shanghai eine eigene Kirche in der gelegentlich geheime KP-Aktivitäten stattfanden. Zur unauffälligen Aufrechterhaltung der Kontakte mit Song Qingling wurde Dongs Tochter Huifang eingesetzt, die damals noch Schülerin war. (Ich sah sie vor mehr als zwanzig Jahren bei einer Konferenz in der chinesischen Hauptstadt.)

Dong Weijian studierte nach der 1911 Revolution in den USA (Columbia), kehrte nach der Promotion in seine Heimatprovinz Hunan zurück und verließ diese 1927 – in dem Jahr wurde er auch KP-Mitglied. In Shanghai lernte er – neben Pu Huaren – auch die Schriftsteller Lu Xun, Tian Han und Yu Dafu kennen. Er arbeitete in Shanghai für die (illegale) KP und wurde 1935 mit Pu verhaftet. 1937 kam Dong frei, war aber gesundheitlich sehr angeschlagen, ging 1940 nach Hongkong und starb 1942.

Pu Huaren war ab 1937 in Yan’an, arbeitete für Xinhua und wurde später auch Sprachlehrer. Aufgrund ihrer Englischkenntnisse waren Pu und die beiden Dongs oft als Dolmetscher und Übersetzer tätig.

Red Star over China

1936 wurde Dong Jianwu beauftragt, in Xi’an Kontakt mit dem amerikanischen Journalisten Edgar Snow herzustellen. Dieser war von Peking angereist und wollte die kommunistischen Gebiete besuchen. Als „Pastor Wang“ wurde Dong durch das Buch „Roter Stern über China“ weltberühmt, aber der Name Dong Jianwu blieb ein Geheimnis. Dong starb 1970, Pu Huaren 1974.

Literatur:

Sheng Yueh: Sun Yatsen-University in Moscow and the Chinese revolution: a personal account (Kansas, 1971).

E. Snow: Roter Stern über China (Frankfurt, 1974).

T. Kampen: „The secret life of Pastor Wang: Edgar Snow's guide revealed“, CCP Research Newsletter, Nr. 2 (1989), S. 7-8.

Kong Fanling: „Dong Jianwu yu Dong Weijian bu shi tong yi ren“, Dang de wenxian, Nr.5, 2003, S. 93-94.

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Tochter Dong Huifang (in der Mitte).

Autor: Dr. Thomas Kampen

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Han Sen (1925-2018) und Ullabritt Horn (1956-2017)

Aus einer Berliner Pressemeldung:

„Unter den Besuchern wird auch Han Sen, der Autor des Buches ‚Ein Chinese mit dem Kontrabass‘, sein. 1925 in Berlin als Sohn chinesischer Eltern geboren und aufgewachsen, 1933 in die Schweiz emigriert, reiste er 1940 nach China aus. In seinem Buch beschreibt er die Stationen seines Lebens und die Zeit in China als Übersetzer bis hin zum Sekretär für Maos Stellvertreter Tschou-Enlai. Mit gleichem Titel entstand ein Dokumentarfilm von Ullabritt Horn.“ (https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2003/pressemitteilung.48624.php)

Han Sen wurde in Berlin geboren, Ullabritt Horn in Bremerhaven. Beide wurden vor fünfzehn Jahren durch ihren gemeinsamen Film Ein Chinese mit dem Kontrabass bekannt, der noch gelegentlich im TV  läuft. Das gleichnamige Buch wurde zuerst 2001 in München veröffentlicht, später gab es auch eine Taschenbuchausgabe.

In Buch und Film wird der Weg des Chinesen von Berlin über die Odenwaldschule in die Schweiz und dann die „Rückkehr“ der Familie (mit einer Stiefmutter) über Indien, Singapur, Vietnam nach China beschrieben. Im Odenwald hatte er eine holländische Erzieherin, die über ihn schrieb: „Han-Sen-Shien. Er ist ein lieber, guter, sanftmütiger Kerl, der von jedermann geliebt wird. […] Er spricht aber kein Chinesisch sondern richtig Berlinerisch.“ (S.15)

Singapur gefiel dem Jungen gar nicht und er stritt sich mit seinem Vater: „Mich erschreckte auch, dass mein Vater  trotz der vielen in Europa verbrachten Jahre durch und durch Chinese geblieben war und sich überhaupt nicht in die Haut seines in Europa aufgewachsenen Sohnes versetzen konnte.“ (S.67)

Nach fünfzehn Jahren in Europa und fünfzehn Jahren in China (Chongqing – Yan’an – Harbin) reiste der junge Mann dann in die Sowjetunion aus und verbrachte mehrere Jahrzehnte in der Ukraine. Dort heiratete er und wurde dann selbst Vater.

Ende der siebziger Jahre gelang es ihm – mit seiner Frau – in die DDR und nach Ostberlin zu reisen. Dort konnte er nicht nur die ihm vertrauten Stadtbezirke, sondern auch einige alte Bekannte wiedersehen. In den neunziger Jahren versuchte er, zunächst erfolglos, sich dauerhaft in der BRD niederzulassen. Buch und Film trugen dann dazu bei, dass er seine letzten Lebensjahre in seiner Geburtsstadt verbringen konnte.

Ullabritt Horn, die vor allem in Österreich ausgebildet wurde und verschiedene Film- und Kulturpreise bekam, reiste mit Han Sen nach China und besuchte die Orte in denen er in den vierziger und fünfziger Jahren gelebt hatte. Sie starb im Dezember 2017 in Nürnberg, Han Sen im März 2018 in Berlin.

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Han Sens Vater war Xie Weijin, seine Mutter Cheng Qiying. Beide stammten aus Sichuan und trafen sich etwa 1924 in Göttingen, wo auch der aus der gleichen Provinz stammende, später berühmt gewordene General Zhu De lebte.

Autor: Dr. Thomas Kampen

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Das Deutsch-Chinesische Alumni-Netzwerk ALUROUT

China ist in kurzer Zeit zu einem der innovativsten Länder der Welt geworden und auf dem besten Weg zu einer globalen Supermacht. Dies gilt insbesondere auch für den Wirtschafts- und Wissenschaftsbereich der Logistik sowie angrenzende Themenfelder. Chinesische Unternehmen sind nicht mehr nur Nachahmer westlicher Technologien, sondern treten mit eigenem Fachwissen zunehmend in der ganzen Welt als Großinvestoren und ernstzunehmende Konkurrenten in Wirtschaft und Wissenschaft auf. Im Gegensatz dazu ist China für Europäer immer noch schwer zugänglich, da Sprache, Kultur und Politik enge Grenzen setzen. Dabei könnten deutsche Unternehmen viel von China lernen und einen maßgeblichen Wettbewerbsvorteil erlangen, wenn sie verstehen, wie Chinas Welt funktioniert.

Gerade in der digitalen Transformationszeit ist eine nachhaltige Zusammenarbeit beider Länder im Bereich der Logistik stärker denn je gefragt. Denn hier bestehen sowohl viele Anwendungsfelder in Forschung und Industrie als auch Schnittpunkte zu anderen Themenbereichen.

Dazu sind jedoch intensive Kooperationen auf Augenhöhe erforderlich. Ein Wissensaustausch von deutschen und chinesischen Logistikexperten führt zu gewinnbringenden Chancen und zu einem Fortschritt in Wissenschaft und Wirtschaft.

Um die Wissenskooperation beider Länder im Kontext der Logistik zu stärken, wurde das erste Deutsch-Chinesische Alumni-Netzwerk ALUROUT ins Leben gerufen. Das vom BMBF geförderte Projekt fokussiert die fachorientierte Vernetzung im Bereich der Logistik. Den Alumni stehen zwei Anlaufstellen für Wissensaustausch und Projektanbahnung zur Verfügung – das Fraunhofer IML in Dortmund und der Ökopark in Qingdao in China. Beide Standorte nehmen eine herausragende Stellung in der Logistik ein und ergänzen sich optimal in fachlicher Hinsicht.

Mitglieder des Netzwerks profitieren in vielerlei Hinsicht von unseren Programmen:

    •    Finden und Pflegen vielversprechender Kontakte zu Branchenexperten in Deutschland und China.
    •    Identifikation relevanter Themen für Wissenschaft und Industrie.
    •    Gemeinsame Forschungs- und Industrieprojekte.
    •    Internationale Netzwerkveranstaltungen, Workshops und Thementage.
    •    Fachvorträge hochkarätiger Experten zu aktuellen Entwicklungen rund um Logistik.

Weitere Informationen und wie sie dem Netzwerk kostenlos und unverbindlich beitreten können, erfahren sie auf der ALUROUT-Webseite. Wir freuen uns, auch sie bald in unserem Netzwerk begrüßen zu dürfen.

Autor: Denis Daus

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Zuletzt bearbeitet von: SHAN e. V.
Letzte Änderung: 08.12.2020
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