Marjolijn Kaiser

Marjolijn Kaiser

Sinologie habe ich in Leiden (Niederlande), Beijing (China), und Eugene (Oregon, Vereinigten Staten) studiert. Nach meinem Studium, habe ich als Lektorin bei einem Verlag gearbeitet, wo ich für Publikationen im Bereich China zuständig war.

This country would first shut me out, then slowly or suddenly, but irresistibly indulge me, so nothing would remain of the person I was. (J.J. Schlauerhoff, Life on Earth, 1934)

Mein Interesse an China wurde zuerst durch Literatur geweckt. Seitdem beschäftige ich mich in meiner Forschung hauptsächlich mit chinesischer Literatur und der Frage des Erzählens: Wie und wieso erzählen wir überhaupt Geschichten, was ist eigentlich (chinesische) Literatur, und was sind die Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Traditionen; kann Literatur und unterschiedliche Arten zu erzählen uns etwas über die "Realität" einer anderen Kultur vermitteln; und noch grundlegender, was bedeuten eigentlich Kategorien wie "Realität" und "Fiktion"?

Mein Forschungsprojekt im Rahmen der China-Schul-Akademie stellt diese Frage und wendet sie im praktischen Bereich des Unterrichts an: Wie kann China-Wissen durch und in Erzählungen vermittelt werden? Wie funktioniert dieses "Storytelling" genau, und wie kann es im Unterricht am sinnvollsten angewendet werden? Und da wir heutzutage nicht mehr um Smartphone oder Laptop rumkommen, ist auch das Thema "Digitales Erzählen" ein wichtiger Punkt. In China gibt es eine einzigartige "Tradition" von Internet-Literatur, an Hand derer sich hervorragend aktuelle Themen wie Zensur, Migration, Umwelt, internationale Beziehungen, gesellschaftlicher Wandel, oder die Corona-Pandemie unterrichten lässt. Auf der andere Seite untersuche ich, wie digitale Medien benutzt werden können, um China-Kompetenzen bereits in der Schule zu vermitteln, und wie die Schüler durch Auseinandersetzung mit Themen im Bereich China, auch ihr eigenes digitales "Online"-Verhalten kritisch betrachten können: Chinesische Literatur gleichzeitig als Fenster (zu den "Anderen") und Spiegel (vor den "Eigenen").

Für die China-Schul-Akademie beschäftige ich mich mit dem Thema chinesische Literatur und Kultur und wie sie in verschiedene Fächer (z.B. Literatur, Geschichte, Religionswissenschaft, Gemeinschaftskunde, Politik, oder Geographie) zur Vermittlung von China-Wissen eingebunden werden kann.

Chinesische Geschichte: Fakt oder Fiktion?

Anhand von Auszügen aus Sima Qians "Aufzeichnungen des Chronisten" wird Geschichtsschreibung als Gattungsform, und die Kategorien „Fakt“ und „Fiktion“, thematisiert. Hierzu werden grundlegende erzähltheoretische Konzepte wie z.B. Zeit, Modus der Erzählung, Stimme des Erzählers (nach Genette und Barthes) vorgestellt. Wie sieht Geschichte in unterschiedlichen Gattungsformen aus, z.B. Sima Qians Biographie des ersten Kaisers Qin Shihuang in Vergleich zu Zhang Yimous Film "Hero"? Oder eine Biographie, Autobiographie, und filmische (fiktionale) Darstellung (Bertoluccis "The Last Emperor", 1987) von Chinas letztem Kaiser, Pu Yi.

Nationale Geschichte(-n): Ist das Kunst, oder kann das weg?

Wie verhalten Literatur und Politik sich zueinander? Im Fokus steht die Frage wie Erzählungen politischen Zwecken untergeordnet sind, gedeutet und bewertet werden können. Ist das noch Kunst, oder nur Propaganda, oder ist solche politisierte Kunst an sich bereits eine eigene Art des Erzählens? Im Zusammenhang hiermit wird das Thema (Selbst-)Zensur, sowohl in der Vergangenheit als auch Gegenwart, und insbesondere in den Online-Medien, besprochen.

Zuletzt bearbeitet von: SV
Letzte Änderung: 08.04.2024
zum Seitenanfang/up