Stefanie Elbern, Dr. Projektkoordinatorin

Stefanie Elbern

In einem Anfall von Leichtsinn habe ich mich nach dem Abitur vom Arbeitsamt darüber informieren lassen, welche Aussichten ein Sprachenstudium mit sich bringt. Und da jeder Englisch, Französisch und Italienisch kann (so die Dame vom Amt…), bin ich dann geradewegs bei Chinesisch gelandet, genauer gesagt an der Uni Köln. Das Konzept des dort angebotenen regionalwissenschaftlichen Studienganges hat mir sehr eingeleuchtet, weil aus meiner Sicht zum Erlernen einer Sprache sehr viel mehr als das reine Verständnis von Grammatik und das Pauken des Wortschatzes gehört. Der Studiengang umfasste folgende China-bezogene Schwerpunkte: Neue Geschichte/Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Moderne Literatur und Philosophie sowie Rechtskultur. Ausgestattet mit zumindest rudimentärem Grundwissen in diesen Bereichen habe ich dann 1995/1996 zwecks Sprachstudium ein Jahr in Chengdu, der Hauptstadt der südwestlich gelegenen Provinz Sichuan, gelebt.

Ich habe mich nach dem Studium in meiner Promotionsarbeit mit dem Titel „Treaty implementation in the People's Republic of China - the case of the United Nations Convention on the rights of the child“ und indirekt auch als China-Referentin beim Evangelischen Entwicklungsdienst intensiv mit den Themenfeldern Zivilgesellschaft und Individualrechte in China auseinandergesetzt. Mich hat interessiert, ob Lobby- und Advocacyarbeit für die Rechte von Kindern Spielräume nutzen kann, die sich in anderen Rechtsfeldern nicht auftun. Da zivilgesellschaftlichen Organisation eine elementare Rolle bei der Umsetzung der UN Kinderrechtskonvention zukommt, die China bereits 1993 unterzeichnet hat, stellt sich die Frage, welche Freiheiten sie de facto haben, sich für Kinder zu engagieren.

Im Förderprogramm Entwicklungspolitische Bildung (angesiedelt bei Engagement Global) habe ich zuletzt zivilgesellschaftliche Akteure in Deutschland darin unterstützt, Bildungs- und Informationsarbeit zu entwicklungspolitischen Fragestellungen durchzuführen. Der sog. Orientierungsrahmen Globales Lernen ist dabei für im schulischen Umfeld tätige Akteure ein zentrales Referenzdokument, das für die Integration entwicklungspolitischer Themen in den Unterricht eine deutschlandweite Grundlage bildet. Hier wurde mir einerseits deutlich, dass die Rolle Chinas in der Auseinandersetzung mit globalen Fragestellungen noch zu selten thematisiert wird. Andererseits verdeutlicht die mangelnde Präsenz des Themas, dass es in Deutschland noch zu wenige Wissensträger gibt, die entsprechende Diskussionen breitenwirksam anstoßen würden.

Seit einigen Jahren arbeite ich als Redakteurin bei Stimmen aus China (SAC) mit. Dieser bei der Stiftung Asienhaus angesiedelte Blog analysiert -zumeist ausgehend von Diensten wie dem Mikro-Blogging-Dienst weibo - aktuelle Internetdiskussionen in China und bereitet sie in deutscher Sprache für LeserInnen mit und ohne China-spezifischen Hintergrund -aus dem universitären Bereich, Schulen, Unternehmen und der breiten Öffentlichkeit- auf. Die Artikel bieten Informationen, die im Kontrast zu den Mainstream-Medien Chines*innen nicht ausschließlich als Opfer oder aber als glühende Unterstützer*innen ihrer eigenen Regierung portraitieren. Die Chinawahrnehmung ist in Deutschland nicht selten durch diese Zerrbilder und Klischees gekennzeichnet. Bedrohungen werden überzeichnet, allgemeine Thesen nicht präzisiert und widersprüchliche Entwicklungen einseitig behandelt. Meinungen aus China über die Entwicklung der Volksrepublik und chinesische Debatten zu globalen Fragen werden in westlichen Medien kaum wiedergegeben – und das, obwohl genau diese Stimmen ein Schlüssel zum Verständnis Chinas sind. Dabei ist es angesichts der staatlichen Kontrolle der meistgenutzten sozialen Medien in China zunehmend wichtig, auch alternative Quellen (z.B. neuere Formen sozialer Medien wie den Videosharing-Dienst bilibili mit live-Kommentarfunktion) auf ihren Informationsgehalt hin zu untersuchen.

Im Rahmen der China-Schulakademie stehe ich Ihnen ab dem 01.09.2020 als Ansprechpartnerin zur Verfügung für fächerübergreifende Unterrichtsansätze, die die globale Bedeutung Chinas verdeutlichen sowie für die Themenfelder Politik und Rechtsordnung Chinas.

Zuletzt bearbeitet von: SV
Letzte Änderung: 08.04.2024
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