Newsletter November 2011 Nr. 57

INHALT

Heidelberger Sinologinnen gewinnen "International Varsity Debate"

Bei der diesjährigen „Double Stars 2011 International Varsity Debate“ hat das Team aus Heidelberg gewonnen. Unser herzlicher Glückwunsch geht an das Team mit Mareike Ohlberg, Christine Koch und Sophia Zasche! Hier berichten sie über ihre Eindrücke aus Qingdao.

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Der neue Master-Studiengang "Transcultural Studies"

Was genau bietet der neue Master "Transcultural Studies"? Oliver Lamers berichtet im Interview mit SHAN über Zielsetzungen, Studierende und die ersten Erfolge des Programms.

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Erzählen Sie mal ... Petra Thiel

Petra Thiel ist den meisten Studierenden als Dozentin für chinesische Literatur bekannt. Gleichzeitig ist sie Doktorandin bei Frau Prof. Mittler und am Exzellenzcluster tätig. Im Zentrum des Interviews standen ihre Forschungen zur Kinder- und Jugendbuchliteratur in China.

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Sprachkolumne: Das Wortspiel von Glas und Tragödie

Die Begriffe 悲剧 und  杯具 sind der Inhalt eines der neuesten Sprachspiele im chinesischsprachigen Internet. Und deshalb erklärt He Xiangling in dieser Ausgabe ihrer Sprachkolumne wie ein Glas zur Tragödie wird.

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Lu Xun und die Ausländerinnen

Was haben die amerikanische Journalistin Agnes Smedley, die Wienerin Ruth Weiss, Ruth Werner, Anna Wang und die beiden Amerikanerinnen Helen Foster und Viola Robinson gemeinsam?

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SinoJobs Career Days: SHAN in Düsseldorf

Im Oktober fand zum ersten Mal in drei deutschen Städten eine Karriere- und Weiterbildungsmesse mit Chinafokus statt. SHAN war bei der Veranstaltung in Düsseldorf. Hier berichten wir von unseren Eindrücken.

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Sinology goes Public: Vorträge zur chinesischen Wirtschaft im Konfuzius Institut Heidelberg

Über spannende Aspekte zur weltweiten Wirkung der chinesischen Wirtschaftskraft, die insbesondere auch Deutschland betreffen, refererierten die Sinologen und SHAN-Mitglieder Benjamin Kemmler und Cora Jungbluth im Konfuzius Institut in Heidelberg.

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Heidelberger Sinologinnen gewinnen „International Varsity Debate“

China Central Television (CCTV) und Singapore New Media Group organisieren seit 1993 alljährlich abwechselnd in China und in Singapur TV-Duelle zwischen Vertretern internationaler Hochschulen. Die „Double Stars 2011 International Varsity Debate“ (2011年双星杯国际大学群英辩论会) fand dieses Jahr vom 16. bis zum 19. Oktober in Qingdao statt.

Unter den 16 eingeladenen Universitäten befand sich, wie in den Jahren zuvor, auch die Universität Heidelberg. Unser Team bestand aus Christine Koch (MA Sinologie), Sophia Zasche (BA Sinologie) und Mareike Ohlberg (Doktorandin am Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“). Als Mentorin unterstützte uns Yuan Xin, Doktorandin am Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“. Als Gegner in unserer Debatte wurde uns die Universität Princeton zugelost.

Auch das Thema, der im chinesischen Fernsehen nicht zum ersten Mal diskutierte „Generationenkonflikt“, wurde uns per Los zugeteilt. Unser Standpunkt, den wir der achtköpfigen Jury überzeugend vortragen sollten, lautete: Die Hauptverantwortung am Generationenkonflikt trägt die jüngere Generation: –代沟的主要责任在晚辈!


Ankunft in Qingdao: Vorbereitung auf den Wettbewerb

Mit dieser Information im Gepäck machten wir uns auf zu unserem einwöchigen Abenteuer in Qingdao. Da unser Team aus Studentinnen unterschiedlicher Jahrgänge bestand, lernten wir uns erst dort kennen. Unser Auftritt war für den letzten Tag geplant und so verbrachten wir die ersten drei Tage damit uns die anderen Debatten anzuschauen, die uns gehörigen Respekt einflößten, und natürlich mit der Vorbereitung unseres eigenen Themas.

Der Wettbewerb unterscheidet zwischen muttersprachlichen (National Taiwan University, Zhejiang University, National University of Singapore, Tsinghua University, University of Hong Kong, Sun Yat-Sen University, University of Malaya und Wuhan University) und nicht-muttersprachlichen Teams (University of Sheffield, Tel Aviv University, University of Nottingham, Harvard University, Princeton University, Universität Heidelberg, University of Melbourne und Moscow State University), die in unterschiedlichen Kategorien bewertet werden. Drei Abende saßen wir bis spät in die Nacht zusammen, diskutierten, warfen Ideen in den Raum, verwarfen sie nicht selten wieder, und arbeiteten so Stück für Stück unsere Hauptargumente heraus.

 

Debatten mit Unterhaltungswert

Den Wettbewerb selbst als „Debatte“ zu bezeichnen wird den tatsächlichen Ereignissen nicht gerecht. Es gab zwar klassische Elemente einer Debatte, wie die Eröffnungsrunde und natürlich das freie Debattieren gegeneinander. Doch daneben nahmen die Show-Elemente wesentlich mehr Raum ein, wie z.B. Rollenspiele, in denen man durch glaubwürdige schauspielerische Darstellung den eigenen Standpunkt untermauern sollte, oder gezielte Fragen eines Ehrengastes, die Schwachpunkte der eigenen Argumentation aufdecken sollten. Nicht zuletzt handelte es sich natürlich um eine Fernsehsendung für ein Millionenpublikum, bei dem der Unterhaltungswert auf keinen Fall zu kurz kommen durfte.

Es gab drei Runden, nach jeder Runde stimmte die Jury ab und ließ jeweils einen Teilnehmer aus jedem Team ausscheiden. Meist wurde die Wahl derer, die eine Runde weiter kamen, mit viel Lob und konstruktiver Kritik von den Preisrichtern begründet; manch eine weibliche Teilnehmerin bekam aber auch eine Stimme, weil sie „so hübsch aussah“. 

Einstimmige Begeisterung aufgrund ihrer schauspielerischen Leistung rief Christines Darbietung als Großmutter hervor, die mit Hilfe ihrer Tochter den Generationenkonflikt überwinden konnte. Tatsächlich wurde sie sogar mit der Schauspielerin Song Dandan 宋丹丹verglichen.

 

Spannende Endrunde

In der letzten Runde standen sich nur noch jeweils ein Teilnehmer aus Heidelberg und Princeton gegenüber – für Heidelberg war das Sophia Zasche. Ihr Gegner aus Princeton wird in China wohl namenlos bleiben: Nachdem der Moderator ihn mit Harry Potter verglichen hatte, blieb dieser Spitzname an ihm kleben und zog sich fortan durch sämtliche Medienberichte.

Für besagte letzte Runde betrat der Ehrengast die Bühne, Professor Yu Qiuyu 余秋雨, eine der bekanntesten Figuren in chinesisch-sprachigen Kultur- und Literaturkreisen. Er hielt zunächst, wie sich das für einen Kultur- und Literaturkritiker gehört, einen kurzen Vortrag, in dem er das Thema auf eine abstraktere Ebene hob und stellte dann den beiden verbliebenen Teilnehmern erst eine Frage und ließ sie dann spontan eine weitere zweiminütige Rolle spielen.

 

Zuletzt überzeugte Sophia die Jury durch ihr fließendes, beinahe akzentfreies Chinesisch, ihre Logik, schauspielerisches Talent und eine Prise weiblichen Charmes. Damit wurde sie zur Siegerin der Debatte gewählt. Bei der Abschlussfeier erhielt sie außerdem den Preis für die beste Teilnehmerin aus der Gruppe der Nicht-Muttersprachler – eine kleine Sensation, wie wir später erfuhren: Sie ist die erste weibliche Gesamtsiegerin in der 18-jährigen Geschichte des Wettbewerbs.

Die Zeit in Qingdao war ein wirklich schönes Erlebnis. Nicht nur weil unser Team den Sieg errang und ganz sicher nicht, weil man in den ersten Tagen nur mit viel Geduld und einigen Tricks ins Internet oder an warmes Duschwasser kam, sondern weil wir viele unheimlich nette Leute aus aller Welt kennen gelernt haben.

Nicht zuletzt möchten wir unserer Mentorin Yuan Xin von ganzem Herzen danken. Yuan Xin: Du hast mit uns bis spät in die Nacht unser Material überarbeitet und korrigiert, uns aufgebaut, wenn wir kurz vorm Verzweifeln waren und uns immer wieder zum Lachen gebracht. Wir werden dich und deine Pomelo niemals vergessen!

 

Mareike Ohlberg, Christine Koch und Sophia Zasche


Bericht zur Debatte:
http://www.asia-europe.uni-heidelberg.de/de/aktuelles/nachrichten/detail/m/champions-in-chinese-debate.html

http://www.rnz.de/cgi-bin/netcontent/suche?func=anzeigen&id=101426012&filename=9cf02d52c5d7d12ff476e4c2cb04b937.xml&sqlsuche=china&linknummer=200&code=&fastsearch=&searchout=on&archivsearch=&forumsearch=&votesearch=&preview=&telefon=&pwd=&template=&sprache=&pictureline=&officeline=&control=&weitere=&filelock=&personalsearch=&range=&mobile=&refreshstring=&.html

Video:
http://huodongpub.qtv.com.cn/system/2011/10/24/010038132.shtml

weitere Bilder:
http://bbs.qtv.com.cn/forum.php?mod=viewthread&tid=34145&extra=page%3D12
http://bbs.qtv.com.cn/forum.php?mod=viewthread&tid=34353&extra=page%3D11

 

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Der neue Master-Studiengang „Transcultural Studies“

 

Oliver Lamers koordiniert am Exzellenzcluster "Asien und Europa im Globalen Kontext" die Einführung des neuen Masterstudiengangs "Transcultural Studies". Fabienne Wallenwein hat ihn zu Beginn des Wintersemesters über die Studierenden, Zielsetzungen und die ersten Erfolge des Programms interviewt.

 

SHAN: Was genau verbirgt sich hinter dem Namen „Transcultural Studies“

Oliver Lamers: Die Wahl der Bezeichnung des Master-Studiengangs hatte zum einen unipolitische Gründe, denn Transkulturalität ist ein wichtiges Prinzip des Clusters „Asia and Europe in a Global Context“ und der dritten Säule der Exzellenzinitiative, aus deren Kontext heraus der Master-Studiengang eingerichtet worden ist. Zum andern spielten auch inhaltliche und methodische Gründe eine wichtige Rolle. Wenn man sich mit Kulturen beschäftigt, so sollte man diese nicht nur aus einer Perspektive und nicht als Abgrenzungen zueinander betrachten. Vielmehr sollte man sich die Überschneidungen von Kulturen anschauen, denn das ist viel interessanter als ihre Unterschiede. Um ein Beispiel zu nennen: Yoga, ursprünglich eine philosophisch - meditative Weltanschauung aus Indien, war dort eine ganze Zeit lang gar nicht mehr so populär, bis es in den letzten Jahren als Re-Import einer amerikanischen Mode nach Indien zurückgekommen ist. Im Master-Studiengang „Transcultural Studies“ versuchen wir solche Verflechtungen nachzuziehen und betrachten einzelne Themen daher aus dem Blickwinkel mehrerer Disziplinen.
 

Wer ist auf die Idee gekommen diesen „transkulturellen“ Studiengang einzurichten und warum?

Konzipiert wurde der Master-Studiengang durch die Studienkommission der Gemeinsamen Kommission für Transkulturelle Studien. Der Studiengang spiegelt den kulturwissenschaftlichen Schwerpunkt der Universität Heidelberg auf dem Thema "Transkulturalität" wider. Wie auch das Exzellenzcluster wurde dieser also im Rahmen der Exzellenzinitiative gegründet und ist daher eng mit der Einrichtung des Clusters verbunden.

 

Wie viele Studenten studieren im ersten Durchgang und aus welchen Disziplinen stammen sie?

Die Studenten kommen sowohl aus verschiedenen Disziplinen, als auch aus verschiedenen Ländern. Wir haben beispielsweise Studenten aus China, Korea, den USA, Japan und Südamerika. An Disziplinen sind Politikwissenschaften, Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, aber auch Regionalwissenschaften, wie die Sinologie beispielsweise, vertreten. Im ersten Durchgang studieren etwa 30 Studenten, etwa 20 davon im Hauptfach und knapp 10 im Nebenfach. Außerdem sind in einzelnen Lehrveranstaltungen auch Studenten aus anderen Studiengängen dabei, zum Beispiel aus den Politikwissenschaften oder Global History.

 

Gibt es bestimmte Aufnahmebedingungen oder kann man aus jedem Fachbereich kommen?

Da die Kernlehre auf Englisch abgehalten wird, sind sehr gute Englischkenntnisse eine notwendige Voraussetzung, um den Lehrveranstaltungen folgen zu können. Weiterhin wichtig ist das Interesse, sich mit Kulturen zu beschäftigen, was auch heißt, weitere Sprachen sprechen zu können. Neben Englisch sollte man noch zwei weitere Sprachen beherrschen, wobei auch die Muttersprache ausländischer Studierender dazu zählt. Außerdem muss man einen überdurchschnittlich abgeschlossenen BA-Studiengang im Bereich der Geistes-, Sozial- oder Kulturwissenschaften vorweisen können.

 

Warum würden Sie den Studiengang empfehlen?

Der transkulturelle Ansatz ist in Europa und in Deutschland noch nicht so verbreitet, das macht den Studiengang nicht besser als andere, aber verleiht einen gewissen Alleinstellungscharakter. Es ist eben etwas Anderes, z. B. wird auch interdisziplinär unterrichtet, das bedeutet, dass mehrere Dozenten zusammen eine Lehrveranstaltung abhalten, die auch zusammen arbeiten und daher sehr forschungsbezogen vorgegangen werden kann. Es gibt sozusagen eine sehr lebhafte Infrastruktur und die Studierenden können sich auf einen Schwerpunktbereich konzentrieren. Nach einer eher allgemeinen BA-Ausbildung spezialisiert man sich im MA zunehmend und es muss klar werden, was vermittelt wird, darf aber wiederum auch nicht zu speziell sein. Daher gibt es einen Schwerpunktbezug in unserem Programm, wo einerseits ein regionaler Schwerpunkt gesetzt wird: Asien-Europa und drei Grundaspekte des kulturellen Austauschs zur Wahl stehen, nämlich „Knowledge, Belief and Religion“, „Society, Economy and Governance“ und „Visual, Media and Material Culture“.

 

Was kann man später beruflich mit seinem Abschluss in „Transcultural Studies“ machen?

Nun, der Studiengang ist hauptsächlich wissenschaftlich orientiert und nicht in erster Linie berufsqualifizierend. Er zielt auf eine Promotion ab, trotzdem sind Berufe aus dem Kulturbereich eine Möglichkeit, mit NGOs, Museen, dem Verlagswesen oder internationalen Unternehmen als potentiellen Berufsfeldern. Hat man während des Studiums schon ein bestimmtes Berufsfeld vor Augen, so sollte man nach Möglichkeit Praktika in diesen Bereichen absolvieren. Was man später damit macht, ist also auch stark personell abhängig.


Kann man in diesem Programm auch ins Ausland gehen?

Ja, ein Auslandsaufenthalt ist eigentlich für das 3. Semester geplant und wird auch gerne gesehen. Das erste Semester ist eher als Orientierungsphase gedacht und das zweite dann als Vertiefung. Es bietet sich natürlich an, nach Asien zu gehen, aber hier müssen wir noch Erfahrungen sammeln, was die Studenten interessiert, evtl. könnte man in diesem Zeitraum Praktika machen oder auch Feldforschung für die MA-Arbeit betreiben. Von der Universität werden Austauschprogramme angeboten und besonders für den asiatischen Raum gibt es Abkommen mit anderen Universitäten.

 

Wie ist es mit der Schwerpunktwahl, kann man trotzdem Kurse aus anderen Bereichen besuchen?

Nicht jede angebotene Lehrveranstaltung fällt immer eindeutig in einen Schwerpunktbereich. Wenn beispielsweise Prof. Brosius eine Veranstaltung zu „Global Cities“ anbietet, wo es viel um mediale Repräsentationen geht und dies also in den Bereich „Visual, Media and Material Culture“ hineinfällt, so spielen dabei aber auch soziale Aspekte eine Rolle, sodass man die Veranstaltung auch in „Society, Economy and Governance“ einordnen könnte. Außerdem gibt es in den Modulen „Importveranstaltungen“, man kann also Kurse aus anderen Fachbereichen besuchen und verwandte Disziplinen kennenlernen.

 

Ist der Studiengang sehr durchgeplant oder hat man Wahlmöglichkeiten?

Wie bereits erklärt lassen sich durch Importveranstaltungen auch einige Kurse frei wählen, in diesem Punkt gibt es aber noch keine genauen Vorgaben, welche gängige Importkurse wären. Wir wollen hier für jeden Studenten eine eins zu eins Studienberatung und einen personalisierten Plan anbieten, sodass man auch weiterhin seine individuellen Schwerpunkte mit einbringen kann.

 

Es gibt zwei Professoren aus den Ostasienwissenschaften, aber nicht so viele Studenten aus diesem Bereich. Woran könnte das liegen?

Genau gesagt haben wir mindestens drei Professoren mit Ostasienbezug, Prof. Kurtz, Prof. Fuess und Prof. Kellner, die selbst längere Zeit in Japan gelebt hat. Nun, die Studiengänge im ZO sind sicher auch gut aufgestellt. Manche Studenten sind vielleicht mit ihrem regionalen Schwerpunkt schon sehr zufrieden und dieser Schwerpunkt ist für sie am Wichtigsten. Für diese Studenten ist es vielleicht besser nur im Nebenfach eine neue Richtung einzuschlagen. Die Wahl hängt davon ab, wo man seinen Schwerpunkt setzt.


Gibt es einen besonderen Bezug zur Sinologie? Hat es Vorteile, wenn man aus dem asiatischen Forschungsbereich kommt?

Herr Fuess und Herr Kurtz verwenden sicherlich oft Beispiele aus dem ostasiatischen Bereich und eventuell wird es auch Kurse geben, für die bestimmte sprachliche Vorkenntnisse Voraussetzung sind. Der Bezug zu den Ostasienwissenschaften ist auf jeden Fall vorhanden. Im MA findet einfach eine Schwerpunktverschiebung statt.

 

Kann man die Kurse auch außerhalb des Master-Programms besuchen, wenn man sich dafür interessiert, bzw. sich diese auch anrechnen lassen?

Ja, wie gesagt besucht man im Begleitfach beispielsweise drei Kurse, die Einführung und zwei Seminare. Außerdem stehen Einzelveranstaltungen, grundsätzlich Studenten anderer Fachbereiche offen.

 

Wie stark ist die Verbindung zum Cluster? Können dadurch viele Vorträge organisiert und Gast-Professoren eingeladen werden?

Das Cluster unterstützt unseren MA-Studiengang und auch die fünf Professoren werden über das Cluster installiert. Die Clusterprofessoren machen zwar die Kernlehre, aber wir sind trotzdem bei der Philosophischen Fakultät angesiedelt. Wir erhalten daher nicht unbedingt zusätzliche Ressourcen, außer den Räumlichkeiten natürlich. Allerdings gibt es zusätzliche Informationen, beispielsweise über Workshops, die angeboten werden. Aber wir bekommen nicht mehr finanzielle Unterstützung als andere Studiengänge auch.

 

Gibt es eine Philosophie oder ein Motto, das die Professoren aus den fünf unterschiedlichen Disziplinen verbindet?

Das Thema „Transkulturalität“ ist immer zentral. Weitere Begriffe, die öfter in gemeinsamen Veranstaltungen fallen, sind "border zones", "floating concepts" oder auch "asymmetry". Was alle fünf Professoren verbindet, ist die Offenheit von dem anderen zu lernen und Neues mit aufzunehmen. Alle wissen, dass sich durch den offenen Ansatz neue Fragen ergeben und die Antworten darauf oft spannender sind, als die alten.

 

Kann man schon einen Rückblick auf den Erfolg des Programms geben, bzw. wird man beim nächsten Durchgang etwas anders machen als jetzt?

Von unserer Seite aus hat alles so funktioniert, wie es geplant war. Wir warten jetzt auch auf Rückmeldungen der Studenten. Eventuell könnte man bei der Vorabinformation über den Studiengang etwas deutlicher werden. Wir haben viele Anfragen von Studenten erhalten, die den Studiengang als so etwas wie „Interkulturelle Kommunikation“ oder eine abgespeckte BWL-Version mit etwas Kulturwissenschaft aufgefasst haben, aber so etwas ist der Studiengang ja nicht. Er stellt eine Kulturwissenschaft dar, die auch historisch arbeitet, darauf werden wir noch deutlicher hinweisen.

 

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Lamers!

 

Das Gespräch führte Fabienne Wallenwein

 

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Erzählen Sie mal, Petra Thiel!

 

Petra Thiel ist den meisten Studierenden als Dozentin für chinesische Literatur, insbesondere Kinder- und Jugendliteratur, bekannt. Gleichzeitig ist sie Doktorandin bei Frau Prof. Mittler und am Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“ Koordinatorin der Research Area B „Public Spheres“. SHAN sprach mit ihr über ihre Forschungen zur Kinder- und Jugendbuchliteratur in China.
 

 

 

SHAN: Zunächst einmal die übliche erste Frage: Wie bist du zum Sinologiestudium gekommen?

Petra Thiel: Die erste Anregung dazu gab mir einer meiner Lehrer am Gymnasium, der in den 1980er Jahren nach China gereist war und seinen Schülern begeistert von seinen Erfahrungen erzählte. Außerdem haben wir in der Geographie AG über die Sowjetunion und China gesprochen. Schon damals hatte ich den Wunsch, meinen Blickwinkel nach Osten zu erweitern und einmal nach Peking zu reisen.  Eigentlich wollte ich Sprachwissenschaftlerin werden. Aber dann habe ich doch erst eine Ausbildung absolviert, bevor ich mich für ein Studium entschieden habe. Schließlich habe ich dann in Frankfurt, Heidelberg und Shanghai im Magisterstudiengang die Fächer Moderne Sinologie, Romanistik mit Schwerpunkt italienische Literaturwissenschaft sowie Religionswissenschaft studiert.
 

Dein Schwerpunkt im Studium lag also bei den Literaturwissenschaften?

Ja, sowohl in der Sinologie als auch in der Romanistik. Für meine Magisterarbeit habe ich mich dann mit Erziehungsratgebern und dem privaten Bildungsmarkt in China auseinander gesetzt. Dabei gibt es zwei wichtige Trends zu verzeichnen: einige Bücher propagieren das „Endziel Harvard“ und schildern, wie man sein Kind entsprechend fordern und fördern muss. Und dann gibt es die vollkommen konträre Richtung, nach dem Motto „Schule ist nicht alles“ und mit dem Ziel, die Kinder nicht mehr, sondern weniger unter Druck zu setzen. Das ist ja ein schwieriges Thema in China.
 

Wie hat sich dann dein aktuelles Forschungsprojekt und Dissertationsthema, die Kinder- und Jugendbuchliteratur in China, entwickelt? 

Ich habe mich schon immer sehr für Kinder- und Jugendbücher interessiert. In ihnen spiegeln sich viele aktuelle soziokulturelle Trends; in Deutschland ebenso wie in China. Hier in Heidelberg, aber auch auf meinen Reisen nach Skandinavien oder in die USA gehe ich immer in die entsprechenden Buchhandlungen oder Abteilungen für Kinder- und Jugendbuchliteratur und verfolge aufmerksam die Neuerscheinungen. In China habe ich mich regelmäßig nach Schulschluss in die Kinder- Jugendbuchabteilungen der 书城 shucheng gesetzt und beobachtet, zu welchen Büchern die Schulkinder greifen, die sich dort aufhalten und lesen. In einem zweiten Schritt habe ich dann die Kinder und Jugendlichen bzw. die Verkäufer gefragt: Welche Bücher werden häufig gekauft? Was lesen die Kinder und Jugendlichen gerne?
 

Und welche Trends und Themen hast du in deinen bisherigen Forschungen in eben dieser Literatur in China gefunden?

Ich gehe immer den Fragen nach: Wie wächst man auf in China? Welche Facetten gibt es? Die Kinder- und Jugendbuchliteratur der letzten zehn Jahre in China ähnelt zum Teil der im Deutschland der 1990er Jahre. Darin wird eine Art „pragmatische Jugend“ porträtiert, die ihren Tag und dessen Ablauf nach den eigenen Vorliebe und Launen, nicht nach Idealen, ausrichtet.

Natürlich gab es auch in China einen Boom bei den Übersetzungen von Twilight und ähnlichen Romanen. Aber Harry Potter beispielsweise ist erst in der Verfilmung richtig populär geworden. Das ist mit den von Fans geschriebenen Varianten und Fortsetzungen aber auch nochmals ein ganz eigenes Phänomen. Insgesamt aber gibt es diesen Trend der „all age“-Literatur, d.h. Romane, die Jugendliche ebenso lesen wie Erwachsene, in China nicht.
Grimms oder Andersens Märchen oder andere „Kinderbuch-Klassiker“, wie z.B. die Bücher von Astrid Lindgren, stellen den größten Anteil an Übersetzungen ausländischer Literatur für Kinder dar, die sich auch tatsächlich in der für Kinder- und Jugendliteratur reservierten Abteilung finden lassen.  Ansonsten stehen Übersetzungen auch von Kinder- und Jugendbüchern meist in dem Bereich, der für die Übersetzungen ausländischer Literatur eingerichtet wurde.

 

Hast du für Einsteiger in die chinesische Jugendliteratur eine Leseempfehlung?

Ich persönlich finde, dass Cao Wenxuan in 草房子 Cao fangzi eindrücklich die Geschichte des Aufwachsens auf dem Land nacherzählt. Er hat hier auch seine eigenen, glücklichen Kindheitserinnerungen einfließen lassen.  Dabei zeichnet er sehr schön die einzelnen Charaktere und in den einzelnen Kapiteln lässt sich der Entwicklungsprozess des Protagonisten innerhalb dieses Personen-Netzes gut nachvollziehen. Inzwischen habe ich den Autor auch persönlich kennengelernt, über guanxi wie üblich. Er ist Literaturprofessor in Peking und mit dem chinesischen Doktorvater einer meiner Freundinnen hier befreundet.
An diesem Roman lassen sich auch gut die Fragen zeigen, die meine Themen bestimmen: welche Idole und Rollenmodelle werden dargestellt? Welches Verständnis von Raum, des Gegensatzes zwischen Stadt und Land wird geschildert?  In weiteren Fallstudien beschäftige ich mich mit zeitgenössischen Themen und der Darstellung der heutigen Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen in China: Wie geht die sogenannte „branded youth“, Jugendliche einer neuen chinesischen Mittelschicht, die mit Konsum und Markenartikeln aufwachsen, mit eben diesem Materialismus um? Welche Prozesse des Heranwachsens, welche alternativen Lebensmodelle beschreiben Autoren in ihren Schülerromanen?


Hast du auch schon Einblicke bekommen, wie die Kinder- und Jugendbuchliteratur von Seiten der Verlage betrachtet wird?

Ja, ich durfte letztes Jahr bei der Lizenzmesse des Buchinformationszentrum Peking (BIZ) teilnehmen. Das BIZ ist eine Dependance der Frankfurter Buchmesse in Peking und fungiert als Schnittstelle zwischen Verlagen in Deutschland und China. Jedes Jahr wird dort eine Liste mit Vorschlägen für eine Übersetzung Deutsch-Chinesisch erarbeitet. Dabei habe ich erfahren, dass viele, auch große Verlage trotz sehr engagierter Mitarbeiter und trotz eines vielfältigen Programms Schwierigkeiten bei der Veröffentlichung von Kinder- und Jugendbüchern auf dem chinesischen Buchmarkt haben – nicht nur aus inhaltlichen oder übersetzungstechnischen Gründen. Denn diese sind oftmals von der Aufmachung, d.h. der Gestaltung, her sehr aufwendig.  Deshalb werden oft nur die Bücher in die engere Auswahl aufgenommen, die auch in ihrem Heimatland sehr erfolgreich waren. So hofft man, dass sich mit diesem internationalen Kaufargument mehr Leser finden und auch in China die Perspektive auf Gewinn gut ist.


Welche Einflüsse gibt es sonst auf die Jugendliteratur in China?

Die Jugendkultur Ostasiens, insbesondere Japans und Südkoreas, ist im visuellen Bereich sicher von Bedeutung, aber nicht so sehr in den Romanen für Kinder.


Sagst du uns noch einige Worte zu deinem zweiten Standbein, dem Cluster?

Am Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“ bin ich Koordinatorin der Research Area B, „Public Spheres“. Das bedeutet, dass ich als Ansprechpartnerin für die einzelnen Projekte die Leitlinien der Clusterdirektion weitergebe und helfe umzusetzen. Außerdem bin ich Mitglied des innerhalb der Research Area B angesiedelten Forschungsprojekts „Rethinking Trends“, das sich aus einer Doktorandengruppe von Frau Mittler entwickelt hat.
2008 haben wir eine erste Konferenz veranstaltet, die sich mit der Frage auseinandersetzte, welche Faktoren Einfluss auf sogenannte trend flows zwischen Asien und Europa haben und wie sich globale Trends auf lokaler Ebene wiederfinden und gestalten. Ich untersuchte z.B., wie der internationale Kinderbuchmarkt funktioniert und fragte mich, weshalb Pippi Langstrumpf einen festen Platz innerhalb des chinesischen Kinderbuchmarkts einnimmt, Sun Wukongs Reise nach Europa jedoch weniger erfolgreich war – trotz der Versuche der chinesischen Verlage, den Affenkönig auch in Deutschland zu etablieren.  Erst jetzt, im Oktober, fand dann die Abschlusskonferenz des Projekts statt, auf der die Projektmitglieder neue Fallstudien vorstellten  und diese mit geladenen Wissenschaftlern aus den USA, Kanada, England und Deutschland diskutierten.

Ich empfinde das Cluster als einen großen Gewinn, sowohl für die Forschung, als auch für die Studierenden der Uni Heidelberg. Alle sind jederzeit zu den vielfältigen Vorträgen eingeladen! Es ist wirklich eine großartige Chance, Wissenschaftler aus aller Welt und so manche „big shot names“ bestimmter Disziplinen hier vor Ort kennenzulernen. Es gibt im Institut für Sinologie mittlerweile auch die Möglichkeit, Vorträge als Seminar anrechnen zu lassen. Man bekommt dabei nicht nur in kurzer Zeit eine gezielte Aufbereitung eines bestimmten Themas präsentiert, man lernt vielmehr auch, kritisch zuzuhören und Fragen zu stellen.

Außerdem arbeiten am Cluster Wissenschaftler der unterschiedlichsten Fächer und Spezialisierungen gemeinsam an interdisziplinären Fragestellungen. So ergibt sich ein ganz neuer, spannender Mix an Input, Methoden und Feedback. Davon wiederum profitiert jeder Einzelne!  Und es gibt einem auch nochmals einen ganz anderen Blickwinkel auf das eigene Fach und Forschungsfeld.


Vielen Dank für das Gespräch! 


Das Interview führte Helen Hübner

 

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Sprachkolumne: Das Wortspiel von 杯具 Glas und 悲剧 Tragödie

 

Im gewöhnlichen Kontext meint man mit 杯具 ein einfaches Glas, aus dem man Wasser trinkt. Doch 悲剧, die Tragödie, wird genau gleich ausgesprochen. Deshalb benutzen immer mehr Internetuser 杯具 als einen witzigen Ersatz für das ernsthafte 悲剧, um negative Gefühle wie Unzufriedenheit, Unglück, Enttäuschung oder sogar Trauer zum Ausdruck zu bringen.

 

Als 杯具  immer häufiger auftauchte, entwickelten sich weitere Varianten dieses Wortspiels.

Ein beliebtes Beispiel ist: „人生就像一个茶几,上面摆满了杯具和餐具。“

In der wörtlichen Übersetzung heißt das:

„Das Leben ist wie ein Tee-Tisch, der voller Gläser und Geschirr steht.“

餐具, das Geschirr, erfährt eine ähnliche Verwendung wie 杯具.

Gemeint wird damit eigentlich auch ein anderes Wort für Tragödie, nämlich 惨剧.

 

 

Eigentlich ist dieser Satz auch keine originelle Schöpfung, sondern stammt ursprünglich von 张爱玲 Eileen Chang. Ihr Roman Gefahr

und Begierde wurde im Jahr 2009 von Ang Lee mit großem Erfolg verfilmt.

Das Original des Satzes lautet: „生命是一袭华美的袍,上面爬满了虱子。“ 张爱玲 《天才梦》

„Das Leben ist wie ein prächtiges Kleid, das voller Läuse ist.“

Die umgeschriebene Version, die heute im Internet kursiert, hat den ernsten Sinn von Eileen Changs Ausspruch verloren. Trotzdem

spiegelt der satirische Unterton das Gefühl vieler Chinesen wider, die beklagen, dass ihr Leben schwierig und voller Widrigkeiten sei.

 

Im Jahr 2011 erreichte die Wendung 杯具 das Fernsehen. In der beliebten Serie 《武林外传》 My Own Swordsman verwendet der

Drehbuchautor 宁财神 (Pseudonym) 杯具für einen Ausspruch über das Leben, nämlich:

„人生就像茶叶,终究浸入杯具。“

„Das Leben ist wie ein Teeblatt, am Ende taucht es in die Tragödie (oder eben das Teeglas) ab.“

 

Weitere Beispielsätze mit 杯具:

Als Verb: 今天课上我的报告杯具了.....

Mein Referat heute war eine Katastrophe...

 

Als Substantiv: 《变形金刚Ⅲ》就是个杯具。

Der Film Transformer Ⅲ ist schlichtweg ein schlechter Film.

 

Und ein weiteres Beispiel für alle Fußballfans:

Als Adjektiv: 今晚国足踢得可真杯具....

Die Nationalmannschaft hat heute Abend so tragisch schlecht gespielt....

 

He Xiangling

 

Quelle für das Bild

http://pigsky.net/wp-content/uploads/2011/04/cups.jpg

 

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Lu Xun und die Ausländerinnen

Vor 75 Jahren starb Lu Xun (1881-1936), einer der bekanntesten Schriftsteller des modernen China. (Lu Xun, Xu Fancheng und Heidelberg) Der Autor, der eigentlich Zhou Shuren hiess, hat sich immer besonders für Frauen interessiert; und diese haben nach seinem Tod auch meist recht wohlwollend über ihn geschrieben, Ruth Weiss veröffentlichte sogar eine ausführliche Biographie. Obwohl Lu Xun niemals Europa oder Amerika besuchte, hatte er viel Kontakt mit Europäerinnen und Amerikanerinnen. Da er besser Deutsch als Englisch verstand war die Kommunikation mit deutschsprachigen Gästen am einfachsten, er kannte allerdings auch viele fremdsprachenkundige Studentinnen und Übersetzerinnen, die für ihn dolmetschten.

Im Jahre 1929 traf die amerikanische Journalistin Agnes Smedley (1892-1950), die vorher viele Jahre in Berlin gelebt hatte, in Shanghai ein. Die erste Begegnung mit Lu Xun soll schon im gleichen Jahr stattgefunden haben. Sie pflegte in den folgenden sechs Jahren regelmäßigen Kontakt mit dem Schriftsteller, zu ihren Dolmetscherinnen gehörte gelegentlich Cai Yongshang, die in Peking Medizin studiert hatte. Bei einer anderen Gelegenheit dolmetschte der Schriftsteller Mao Dun. Bekannt wurde vor allem Smedleys Teilnahme an einer Feier zu Lus 50. Geburtstag (1931), sowie ein Treffen der beiden mit Song Qingling, Lin Yutang und George Bernard Shaw (1933), das auf mehreren Photos dokumentiert wurde.

1930 kam Ursula Hamburger (1907-2000), die später den Autorennamen Ruth Werner benutzte, mit ihrem Mann nach Shanghai. Sie arbeitete in dem Zeitgeist-Buchladen und hatte mit Lu Xun vor allem 1932 im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer Käthe Kollwitz Ausstellung Kontakt. Sie schrieb: „Lu Shün habe ich öfter in seiner Wohnung besucht, wo er mit seiner viel jüngeren Frau und seinem kleinen Sohn lebte. […] Lu Shün wollte einen Band mit Bildern von Käthe Kollwitz herausgeben, ich half ihm, die Bilder zu beschaffen.“ (S.46-47)

1933 reiste die Wienerin Ruth Weiss (1908-2006) nach China und beabsichtigte einige Monate im Fernen Osten zu bleiben. Nachdem sie Agnes Smedley kennen gelernt hatte, traf sie auch Lu Xun. In ihren Memoiren erwähnte sie: „Im Gedächtnis ist mir geblieben, daß Lu Xun mir bei einem meiner Besuche ein großformatiges Album überreichte, das Nachdrucke von Käthe Kollwitz-Grafik enthielt, mit einem Vorwort von Agnes Smedley.“ (S.101) Auch von Lu und Weiss gibt es ein Photo, das 10 Tage vor seinem Tod entstanden sein soll. Ein halbes Jahrhundert später lebte sie immer noch in China und veröffentlichte den Band Lu Xun: a Chinese writer for all time (1985).

1936 traf die schwangere Anna Wang (1907-1989) in Shanghai ein, die wenige Monate zuvor mit ihrem Mann (Wang Bingnan) Deutschland verlassen hatte. ( Zwei Deutsche in Xi’an: Anna Wang und Herbert Wunsch im Dezember 1936) Sie schrieb über die erste (und einzige) Begegnung mit Lu Xun: „Als ich ihn in den ersten Oktobertagen in seinem armseligen Reihenhaus besuchte, war er ein todkranker Mann. […] Am 19. Oktober, dem Tag an dem mein Sohn geboren wurde, starb Lu Xun.“ (S.64-65) 

Zwei weitere Amerikanerinnen, die Lu Xun in der englischsprachigen Welt bekannt machten, waren Helen Foster und Viola Robinson, die mit ihren Gatten (Edgar Snow und Harold Isaacs) in Shanghai und Peking lebten und die beiden Übersetzungsbände Living China und Straw Sandals produzierten.  

 

Literatur:

Anna Wang: Ich kämpfte für Mao, Hamburg, 1964, 1973;

Ruth Werner: Sonjas Rapport, Berlin, 1977.

Meng Shuhong: Lu Xun nianpu gao, Guilin, 1988.

Janice und Stephen MacKinnon: Agnes Smedley, Zürich, 1989.

Li Yunjing: Zhongguo xiandai banhua shi, Taiyuan, 1996.

R.D. Findeisen: Lu Xun, Basel, 2001.

Ruth Weiss: Am Rande der Geschichte - Mein Leben in China, 2005.

Thomas Kampen: Chinesen in Europa - Europäer in China: Journalisten, Spione, Studenten, Gossenberg, 2010.

 

 

Dr. Thomas Kampen

 

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SinoJobs Career Day

 

Im Oktober fand zum ersten Mal deutschlandweit eine Karriere- und Weiterbildungsmesse mit Chinafokus statt: die SinoJobs Career Days. SHAN war bei der Veranstaltung in Düsseldorf. Hier berichten wir von unseren Eindrücken.

 

Johann Platt:  Obwohl die ausstellenden Firmen auf den Sinojobs Career Days in Düsseldorf nicht so sehr an Sinologen als Anwärter auf freie Stellen in ihren Unternehmen interessiert waren, war der Tag trotzdem sehr erlebnisreich und auch eine gute Erfahrung.  Ich bin froh diese gesammelt zu haben, da ich jetzt weiß wie eine Jobmesse abläuft, wie man sich darauf vorbereitet und wie man ein Gespräch mit einem Personaler führt.

 

Helen Hübner: Ich war zum ersten Mal auf einer Jobmesse. Ich wollte mich ganz unverbindlich informieren und hatte nicht viele Erwartungen an die Veranstaltung. Viele andere Teilnehmer hatten Bewerbungsunterlagen dabei und haben sich direkt bei den Personalern informiert bzw. vorgestellt. Also weiß ich jetzt, wie ich mich das nächste Mal vorbereiten werde! Ansonsten hat sich wieder einmal bewahrheitet, was oft gesagt wird: die meisten Unternehmen suchen weniger Sinologen, als vielmehr chinesische Studierende der Wirtschaftswissenschaften oder technischer Fächer, die langfristig zurück nach China entsandt werden.

 

Max aus der Fünten: Ich habe einige Anregungen für meine spätere Berufswahl und insbesondere für die Wahl meines Masterstudiengangs gefunden, da die meisten Aussteller im Prinzip nur Wirtschaftswissenschaftler und Ingenieure gesucht haben.

 

Esther Berg: Auch ich war zum ersten Mal auf einer Jobmesse und bin froh nun mit ruhigem Gewissen sagen zu können, dass auch dort nichts so heiß gegessen wie gekocht wird. Es war eine gute Erfahrung die Jobmesse "Ernst zu nehmen", Bewerbungsunterlagen vorzubereiten, sich Fragen für die Personaler zu überlegen und über dress codes nachzudenken; Erfahrungen die Sicherheit und Selbstvertrauen für Vorstellungsgespräche und Bewerbungen geben. Inhaltlich war die Jobmesse aber, wie schon berichtet worden ist, weniger für Geistes- und Sozialwissenschaftler gedacht, dass für mich deshalb "nichts dabei war", war für mich keine große Überraschung - um so mehr dafür das Essen in der japanischen Nudelbar danach!

 

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Sinology goes Public – Vorträge zur chinesischen Wirtschaft im Konfuzius-Institut Heidelberg

Im Oktober und November bot die Vortragsreihe des Konfuzius Instituts Heidelberg „Sinology goes Public“ zwei Vorträge zu wirtschaftlichen Themen. Zum einen sprach Benjamin Kemmler (M.A.) über die Reaktion der chinesischen Regierung auf die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise, während Cora Jungbluth (M.A.) über die Diskrepanz zwischen den Wünschen chinesischer Investoren, die in Deutschland investieren, und der tatsächlich von ihnen erlebten Wirklichkeit sprach.

Für beide Referenten war es eine Rückkehr an ihren Studienort. Beide sind Absolventen der Sinologie in Heidelberg und auch Mitglieder von SHAN e.V. Die Vorträge waren sehr gut besucht und boten nicht nur interessante und kurzweilige Einblicke in komplexe Themen, es folgte jeweils auch eine angeregte Diskussion zwischen den Referenten und dem anwesenden Publikum zum Thema des Abends.

Die Themen der beiden Vorträge bilden jeweils den Schwerpunkt der Abschlussarbeiten von Herrn Kemmler und Frau Jungbluth. Derzeit arbeitet Benjamin Kemmler bei der Deutschen Bank. Seine Magisterarbeit befasste sich mit der Reaktion der chinesischen Regierung auf die internationale Finanzkrise und insbesondere mit dem von der Regierung im November 2008 geschnürten Konjunkturpaket. Während seines Vortrags ging er zunächst auf den geschichtlichen Hintergrund der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas ein und beleuchtete die wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Akteure, welche die Geschicke der chinesischen Wirtschaft massgeblich beeinflussen. Darauffolgend erklärte er in gut nachvollziehbarer Weise die Auswirkung der Finanzkrise auf China, und mit welchen Maßnahmen und politischen Begründungen die chinesische Regierung auf diese Ausnahmensituation reagierte.

Cora Jungbluth beschäftigte sich in ihrer Dissertation, die sie im Sommer 2011 abschloss, mit dem Internationalisierungsprozess chinesischer Unternhemen. Seit März 2011 ist sie am Institut für Sinologie der Universität Freiburg als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig, wo sie zur Entwicklung von Umwelttechnologien und erneuerbaren Energien forscht. Ihr „Sinology goes Public“ Vortrag ging auf die Wünsche und erlebten Realitäten chinesicher Investoren in Deutschland ein, insbesondere vor dem Hintergrund der 走出去 (zouchuqu – Going Global – Strategy) Strategie der chinesischen Regierung. Diese förderte seit Ende der 1990er Jahre und besonders ab 2000 die Foreign Direct Investments (FDI) chinesischer Unternehmen und Investoren außerhalb von China. Wie auch Benjamin Kemmler, begann Frau Jungbluth mit dem historischen Hintergrund von FDI in China und widmete sich danach den Zielen der Going Global-Strategy sowie einigen Fallbeispielen von Erfolgen und Misserfolgen solcher Unternhmungen vor allem in Deutschland. Danach zeigte sie noch die Berichterstattung von chinesischen Investitionen im Ausland in den deutschen Printmedien und bot einen Ausblick auf die Zukunft für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland.

Beide Vorträge waren interessant und kurzweilig, was nicht zuletzt in den regen Diskussionen im Anschluss Ausdruck fand. Die Veranstaltungsreihe „Sinology goes Public“ macht Lust auf mehr, und lässt hoffen, dass die nächsten Vorträge bald folgen werden.

 

Johann Platt

 

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Zuletzt bearbeitet von: AF
Letzte Änderung: 04.12.2014
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