Viele Frauen und ein Mann: Agnes, Eta, Isabel und Lily in China und Japan

Eta Harich-Schneider (*1894) und Isabel Kreitz (*1967) gehören zu den Künstlerinnen, die in manchen Kreisen weltberühmt und in anderen vollkommen unbekannt sind.
Ähnlich verhält es sich mit den Journalistinnen Lily Abegg (*1901) und Agnes Smedley (*1892). 
Zu den bekanntesten Werken von Kreitz gehört DIE SACHE MIT SORGE, das vor 15 Jahren erschien (Hamburg, 2008); so hieß ein Kapitel in den Memoiren - CHARAKTERE UND KATASTROPHEN - von Harich-Schneider. (Berlin, 1978)
Kreitz war als jüngste von diesen die einzige, die Sorge (*1895) nicht persönlich kennenlernen konnte. Erstaunlicherweise beginnt ihr Buch allerdings mit einer anderen Frau namens Ruth (*1907), die wiederum Erinnerungen unter dem Titel SONJAS RAPPORT veröffentlich hatte in denen am Anfang mitgeteilt wurde, dass sie in China Ursula Hamburger hiess. (Berlin, 1977) Diese wiederum war im Sommer 1930 mit ihrem Mann von Berlin über Sibirien nach Shanghai gereist, wo Smedley und Sorge schon vor ihnen eingetroffen waren. (Harich-Schneider, Smedley und Sorge hatten vorher länger in Berlin gelebt; Ruth war eine echte Berlinerin.)
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Berlinerin oft mit der Göttinger Irene verwechselt wurde, da beide vorübergehend im gleichen Buchladen arbeiteten - auch ihre beiden Gatten kannten Sorge. Eine gemeinsame Bekannte war auch Sun Yatsens Witwe Song Qingling (*1893), die nach ihrem Deutschlandaufenthalt wieder in Shanghai lebte. Eine weitere Chinesin aus diesem Kreis war die Photographin Gu Shuxing (*1897), die auch mit ihrem Mann (Chen) in Berlin gelebt hatte.
Sorge wurde nach etwa drei Jahren (1930-1932) nach Japan versetzt, wo ihn auch Smedley noch besuchte. In der japanischen Hauptstadt traf er dann die Musikerin Eta und die Journalistin Lily, die zwar in Hamburg geboren worden war, allerdings einen Schweizer Pass besaß mit dem sie sich frei bewegen konnte. (Abegg, Sorge und Smedley schrieben alle - zu verschiedenen Zeiten - für die Frankfurter Zeitung, die später zur FAZ wurde.) 
Während Sorge im Krieg verhaftet und dann wegen Spionage hingerichtet wurde, verhielten sich Eta und Lily neutral und unterhielten Kontakt mit den Botschaften.
Agnes hatte Asien verlassen und kehrte in ihre amerikanische Heimat zurück; sie war krank und starb bald darauf.
So konnten Sorge und Smedley keine Memoiren veröffentlichen; auch von Irene kam nichts.
Die Bücher von Eta und Ruth wurden daher zur Hauptquelle für Isabel und viele Historiker. (Da sie etwa gleichzeitig erschienen, eins China und das andere Japan betraf, gibt es keine Überschneidungen.)

 
(Es gibt viele andere Bücher über die Aktivitäten von Richard Sorge in Asien - z.B. von Frederick Deakin, Gordon Prange, Richard Storry und Robert Whymant; hier ist keine Frau dabei.)
 
 
Dr. Thomas Kampen
Zuletzt bearbeite von:: Joost Brokke
Letzte Änderung: 27.02.2024
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