Ein neues Buch über G. Flatow, der 1934 nach China ging

Zwei Auszüge aus einer Neuerscheinung des letzten Sommers zeigen interessante Zusammenhänge von Geschichte, Politik und individueller Biographie: 

 

"Als besonders nützlich erweist sich schon bald ein alter Bekannter, dem seit der ersten Begegnung 1939 in Chongqing seine politische Abneigung gilt, aber eben auch seine Bewunderung: der Ex-Nazi Wolf Schenke. Noch 1957 erneuert Flatow seinen Kontakt zu dem ehemaligen Agenten der deutschen Abwehr und China-Korrespondenten des Völkischen Beobachters. Schenke spielt in dn fünfziger Jahren eine zentrale Rolle beim Aufbau eines national-neutralistischen Netzwerks in der frühen Bundesrepublik; eine Querfront aus ganz Rechten und ein paar Linken, die Adenauers Kurs einer Westintegration bis aufs Messer bekämpfen und sich für ein wiedervereinigtes pazifistisches Deutschland zwischen den beiden Blöcken einsetzen. China soll dabei als Verbündeter helfen." (S.102) 

 

Der 1910 in Berlin geborene Flatow war 1934 nach China gegangen, sein Bruder Dieter folgte ihm. Wegen der Angriffe der Japaner gingen sie von Shanghai nach Sichuan. Beide heirateten Chinesinnen und kehrten nach dem Krieg nach Deutschland zurück. Flatow und Schenke engagierten sich für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Volksrepubik China. 

 

Die letzten Jahre des Lebens von Flatow stellt Bernd Ziesemer in seinem Buch "Maos deutscher Topagent" (Frankfurt, 2023) folgendermassen dar: 

 

"Ein sehr langes, später jedoch niemals veröffentlichtes Interview mit seinem alten Weggefährten Fritz van Briessen, einem früheren deutschen China-Korrespondenten und Diplomaten, bringt die Erinnerung an das Shanghaí und Chongqing der frühen Jahre zurück. [...] 

Gleichzeitig sieht Flatow in diesen Monaten auch das Buchmanuskript seines alten Freundes Otto Hamburger durch, der in seinem kleinen Privatdruck Hai Tung die Geschichte seines Unternehmens in Shanghai zwischen 1945 und 1950 und danach in London dokumentiert. 

Und schließlich trifft er am 14. November auf einer Düsseldorfer Veranstaltung mit Rudi Dutschke und dem DDR-Dissidenten Rudolf Bahro sogar einen Mann aus seinen fernen roten Studententagen 1932 in Frankfurt wieder: den inzwischen weltberühmten Sinologen Karl August Wittfogel." (S.182) 

 

Flatow hat mehr als eines seiner sieben Jahrzehnte in China verbracht und sich in den folgenden Jahren weiterhin mit dem Land beschäftigt. Er starb 1980 auf dem Weg nach China. 

 

Dr. Thomas Kampen

Zuletzt bearbeite von:: Joost Brokke
Letzte Änderung: 27.02.2024
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