Im ersten Jahrzehnt der VR China geborene Intellektuelle und ihre Bücher: Bei Dao, Liu Sola und Ai Weiwei

Zhao Zhenkai wurde im August 1949 in der Stadt geboren, die zwei Monate später Hauptstadt der Volksrepublik China wurde; als Dichter nannte er sich später Bei Dao. Liu Suola - auch als Sola bekannt - wurde 1955 in der nördlichen Hauptstadt geboren. Ai Weiwei, der  eigentlich aus der Familie Jiang stammte, folgte 1957. Kurz vor Liu wurde auch der spätere Parteichef Xi Jinping geboren. Diese gehörten also alle zur gleichen Generation. Alle vier Familien kamen nicht aus der Hauptstadt und den Nachbarprovinzen, sondern aus der Ferne. Die Jungen lernten Hochchinesisch auf den Hauptstadtschulen, die Eltern sprachen südliche (Jiang, Zhao) oder nordwestliche (Liu, Xi) Dialekte. In den frühen Jahren war Ai Qing wohl der bekannteste Vater, Xi Zhongxun war der höchstrangige Politiker, Familie Liu war bekannt und umstritten; beide Familien kamen aus Shaanxi und kannten sich wohl. Einige Väter waren mehrfach verheiratet, die älteren Kinder lebten meist in der Provinz, die Jüngeren in Beijing. Daher gab es in all diesen Familien ähnliche Konflikte und vergleichbare Biographien.

 

Vater Zhao war der unwichtigste, hatte jedoch einen guten Job, viele Kontakte und besaß eine umfangreiche Buchsammlung. Die Mutter von Zhao kam aus einer prominenteren Familie als der Vater. In Lius Familie spielte die Mutter eine besonders wichtige Rolle.

Alle Kinder profitierten vom guten Zugang zu Büchern, Zeitschriften und Filmen in der Hauptstadt.

 

Bei Daos Buch Das Stadttor geht auf ist von Wolfgang Kubin aus dem Chinesischen übersetzt. München, 2021.

Lius Buch Du hast keine andere Wahl ist eine Übersetzung von Ni bie wu xuanzeMünchen, 2019.

Weiweis Buch 1000 Jahre Freud und Leid (München, 2021) ist eine Übersetzung der englischen Ausgabe 1000 years of Joys and Sorrows.

 

Nur das letztgenannte Werk ist eine echte Autobiographie und ist außerdem gut illustriert. (Von Ai und seiner Kunstwelt hatte ich wenig Ahnung, immerhin sah ich ihn mal in Heidelberg. Sein Leben in Xinjiang und New York war besonders dramatisch.)

Bei Dao beschränkte sich - vermutlich wegen politischer Probleme und der Zensur - auf die Darstellung der Kindheit und Jugend. Über die Zeit nach Erreichen der Volljährigkeit gibt es wenig - vielleicht kommt ja später mal was. (Eine Besonderheit hierbei ist, dass Übersetzer Kubin sowohl den Autor als auch die beschriebene Stadt sehr gut kennt. Da ich selbst Autor, Übersetzer und Stadt kenne, war das Buch für mich besonders reizvoll.) 

Bei Lius Buch handelt es sich um die Übersetzung ihrer bekanntesten Geschichte mit einer Vorbemerkung des Übersetzers Johannes Grosz; Frau Liu hat noch ein Nachwort für die deutsche Ausgabe geschrieben. (Da die behandelte Zeit vor allem die Jahre um 1980 waren, waren mir Atmosphäre und Zeitgeist sehr vertraut.)  

 

Das Ai Buch ist natürlich für Kunstfreunde, Bei Dao für Literaturliebhaber und Liu für Musikfans geeignet. Obwohl die drei Hauptpersonen eigenwillige Individualisten sind, fällt auf, das alle sich auch immer in Gruppen aufhielten - Ai vor allem in der Kunstszene; Bei Dao kannte nicht nur Dichter und Übersetzer sondern auch viele Künstler aus der Gruppe Xingxing/Sterne. Liu studierte Musik und kannte Komponisten, wurde jedoch als Schriftstellerin berühmt. Alle drei hielten sich länger in Europa und Nordamerika auf, diese Zeiten werden allerdings nur im Ai Buch behandelt. 

 

Wer nun auch über Xi Jinping etwas erfahren will, findet hier einen einfachen kurzen Einstieg:

Kerry Brown: Die Welt des Xi Jinping (The World according to Xi). Frankfurt, 2018.

Dr Thomas Kampen

Zuletzt bearbeite von:: Joost Brokke
Letzte Änderung: 22.12.2023
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