Fernostflüge mit Brigitte, Eva und Margarete

Eva

Die 1911 geborene Photographin Eva Sandberg, die später als Eva Siao berühmt wurde, bekam im Sommer 1940 die Gelegenheit, nach China zu fliegen.  Ihr Geburtsort war Breslau, ihre Ausbildung erhielt sie in München, später lebte sie in Moskau. Sie hatte den chinesischen Dichter Emi Siao (Xiao San) kennen gerlernt, der bald darauf in seine Heimat zurückkehrte. Mit einem Sohn lebte die Mutter vorübergehend bei ihrem Bruder in Schweden.

Ihre Reise begann mit Visaformalitäten. Sie musste beim chinesischen Botschafter (KMT) eine Erlaubnis zum Besuch des kommunstischen Zentrums Yan'an erlangen, wo Emi Siao - ein Jugendfreund Mao Zedongs - lebte. Da KMT und KP zu der Zeit - im Krieg gegen Japan - zusammenarbeiteten, kam die Reise zu Stande. Von Stockholm ging es mit dem Schiff nach Leningrad, von dort dann nach Moskau. Der nächste Schritt war eine Bahnreise nach Alma Ata in Kasachstan, die knapp ein Woche - im September 1940 - dauerte.

Dort hörte sie "ich könne mit einem Diplomaten-Flugzeug nach Lanzhou fliegen, wofür ich nichts zu zahlen bräuchte." Hierbei landeten sie auch in Urumqi und Hami, wo übernachtet wurde.

In Lanzhou traf sie den chinesisch-sowjetischen Verbindungsmann Wu Xiuquan, der in Moskau studiert und am Langen Marsch teilgenommen hatte.

Dann ging es auf einem offenen Lastwagen nach Xi'an. Dort trafen Mutter und Sohn den Vater.

"Am 20. Oktober brachen wir nach Yan'an auf [...] wo wir am 22. Oktober 1940 nachmittag ankamen."

(Eva Siao: China, mein Traum, mein Leben, Düsseldorf, 1994, 106-111)

Margarete

TK 187Die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky war schon 1897 in Wien geboren worden und hatte China zuerst 1934 besucht - dies war eine Bahn- und Schiffsreise (über Japan).

1956 konnte sie dann auch fliegen - ins "Neue China". Wieder ging es zunächst nach Moskau - über Budapest und Kiew.

"Weiter nach Kasan, Swerdlowsk, Omsk, Nowosibirsk, Krasnojarsk, Irkutsk, über die Wüste Gobi" und dann nach 32 Stunden Ankunft in Peking. Nach einer Woche in der Hauptstadt folgen noch Nanjing, Shanghai, Hangzhou und Hankou, wo sie auch vorher schon war. In Hankou wurde gerade die erst große Brücke über den Changjiang gebaut, die Nanjing-Brücke kam erst in den sechziger Jahren. Da die Gruppenreise in Wien im September begonnen hatte, erlebten die Teilnehmer auch den Nationalfeiertag im Oktober.

Das Buch über diesen Aufenthalt hat sie selbst nicht zu Lebzeiten veröffentlicht.

(Margarete Schütte-Lihotzky: Millionenstädte Chinas, Wien, 2007, 20-25)

Brigitte

Als die Architektin ihre erste Chinareise unternahm, war die spätere Schriftstellerin Brigitte Reimann noch ein Baby - in diesem Jahr wäre ihr neunzigster Geburtstag.

Anfang Juli 1964 erhielt die junge Nachwuchsautorin in Hoyerswerda einen Anruf: "Wir fahren Montag mittag nach Sibirien. Ich war überrumpelt. Eine halbe Stunde Bedenkzeit - aber Ausreden gab's nicht, nach der Reise soll ich drüber schreiben."

"Heute morgen in Zelenograd angekommen, eine Stadt im Neuland, in Kasachstan. nachts um 2 flogen wir von Moskau ab."

"Ein unglaubliches Völkergemisch, man sieht viele mongolische Gesichter. und die Steppe - nein, das war nicht vorstellbar, auch nach all den Büchern nicht."

In Nowosibirsk stellt sie fest: "Sascha hat ausgerechnet, daß wir schon 20.000 km zurückgelegt haben."

Am 15.7. waren sie in Irkutsk, dann ging es nach Bratsk. Am 19.7. Rückflug nach Moskau.

Auf dem Flug nach Berlin, 21.7.: "ich hatte einen herrlichen Geburtstagsanfang. Davon schreibe aich aber erst zuhaus. [...] Wir sind über den Wolken, ich finde Fliegen jetzt schön und aufregend."

(Brigitte Reimann: Alles schmeckt nach Abschied, Rheda-Wiedenbrück, 1998, 50-75)

 

Dr. Thomas Kampen

Zuletzt bearbeite von:: Joost Brokke
Letzte Änderung: 02.08.2023
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