Dr. Luo aus Lemberg – Jakob Rosenfeld in China

„Der ranghöchste Militärarzt der berühmtesten Einheit der Volksbefreiungsarmee, der Achten Armee unter Lin Biao, war kein Chinese, sondern ein österreichischer Kommunist, ein Jude, Facharzt für Urologie. Nach der Besetzung Österreichs durch die Hitlertruppen floh er nach Shanghai, was verständlich war, aber er wollte mehr tun, als dort nur den Krieg zu überleben. Mit Hilfe der chinesischen Kommunisten gelangte er nach Qufu in Shandong, landete getarnt als hoher Nazioffizier, im japanisch besetzten Gebiet und schlich sich durch die Linien. Ich lernte ihn zufällig kennen als ich in meiner Droschke über das Kopfsteinpflaster von Harbin ratterte […]

Der Mann trug die Uniform eines chinesischen Generals, und sein Leibwächter war ein hoher Offizier. Wir waren alle verblüfft.

Das war Dr. Jack Rosenfeld, und er wurde mir ein echter Freund. Er kannte jedermann, sprach Englisch und Chinesisch, besaß, wie General Lin Biao behauptete, eine außerordentliche Begabung, die Militärmedizin zu organisieren.“ (S.109-110)

Auf der gleichen Seite heisst es:

Hin und wieder gelang es dem Dr. „ganze Eisenbahnladungen von Medikamenten und Verbandsmaterial durch die Linien zu schmuggeln; auf Grund von Informationen, die er erhalten hatte, konnte er die Beschlagnahme von Lieferungen durch die Streitkräfte durch die Volksbefreiungsarmee organisieren.“

Im gleichen Buch steht auch noch:

„Jack Rosenfeld wußte, daß seine Tage gezählt waren, er fürchtete, er werde vielleicht die Eroberung Beijings nicht mehr erleben. Damals, im Sommer 1948, wurde allgemein angenommen, daß es noch fünf Jahre dauern würde, bis der Krieg zu Ende sei. (S.112)

Der Autor, der Journalist Alan Winnington, arbeitete für die gleiche Partei und seine Memoiren wurden vom Ostberliner VERLAG DAS NEUE BERLIN veröffentlicht, so ist der Tonfall nicht überraschend.

Vor 120 Jahren wurde Jakob Rosenfeld in Lemberg in Galizien geboren; er wurde in China als Luo Shengte bekannter als in seiner Heimat. Er studierte in Wien Medizin, promovierte 1928 und eröffnete dort dann eine eigene Praxis. Nach einer Verhaftung 1938 floh er über Triest nach Shanghai. Auch ein Bruder lebte in Shanghai, eine Schwester ging nach England.

Der (herzkranke) Arzt kehrte 1949 nach Europa zurück und starb 1952.

In China wurden viele Photos des Arztes mit General Chen Yi, Liu Shaoqi (später Staatspräsident) und Luo Ronghuan veröffentlicht. Chen Yis Sohn, Chen Haosu, nahm als Präsident der Chinesischen Freundschaftsgesellschaft an einer Gedenkfeier in Österreich teil.

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Über den Arzt wurde ein schönes Buch mit langem Titel veröffentlicht:

Ich kannte sie alle

Das Tagebuch des chinesischen Generals Jakob Rosenfeld

Aufgefunden und ausgewählt von

Ann Margaret Frija-Rosenfeld

(Diese Frau scheint die Nichte des Arztes gewesen zu sein.)

 

Literatur:

G. Kaminski (Hg.):

Ich kannte sie alle, Wien, 2002.

T. Kampen:

London – Peking – Ostberlin:  Der Journalist Alan Winnington  (1910-1983)

SHAN Newsletter Januar 2018 Nr. 93.

A. Winnington:

Von London nach Peking. Erinnerungen 1914-1960. Verlag Das Neue Berlin, Berlin 1989.

 

 

Dr. Thomas Kampen

Zuletzt bearbeitet von: Mariana Münning
Letzte Änderung: 24.05.2022
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