Krott, Martin, Lutz Berners, Miriam Fritz 2018. Mit leichter Hand das Schaf wegführen: Chancen im chinesischen Markt strategisch meistern. Drachenhaus Verlag. (Buchrezension)

Am Anfang steht das Vertrauen – es sei eine wichtige Grundvoraussetzung für eine stabile Partnerschaft. Doch gegenseitiges Vertrauen mit gegenseitigem Verständnis gleichzusetzen, sei unheilvoll. Vielleicht gewinnt man in einer angestrebten Unternehmenskooperation nicht immer den Partner fürs Leben, jedoch bleibt man aber gut bekannt – und so befinde man sich im „gleichen Bett mit verschiedenen Träumen“ (S.82-86).

Die Erfolgsstrategie chinesischer Unternehmen wird in ihrer Flexibilität ausgemacht. Das Sinnbild dafür ist die im Titel verarbeitete Fähigkeit, bei der einen oder anderen Gelegenheit „das Schaf mit leichter Hand weggeführt“ (shùn shǒu qiān yáng 順手牽羊) zu haben (S.7). Der Titel rekurriert nach eigener Auskunft auf eines der 36 Strategeme, die dem chinesischen General Tan Daoji (檀道济) zugesprochen werden und eine Anleitung der chinesischen Kriegskunst aus der vorchristlichen Zeit der Streitenden Reiche darstellt. Im Feld der interkulturellen Vermittlung wurden sie schon häufig in Wirtschaftsstrategien übersetzt. Obgleich Beiträge wie „Einer, der auszog, seine Position zu sichern“, „Das Glück belohnt den Tüchtigen“, oder „Was ist schon ein einzelnes Schaf gegen eine ganze Herde“, einen erneuten Aufguss vermuten ließen, verrät ein Blick in das Inhaltsverzeichnis schnell das Gegenteil.

Mit Leichter Hand Das Schaf Wegfuehren

Die drei Autorinnen Miriam Fritz, Christina Lee und Lutz Berner schildern erfahrungsreiche Einblicke aus ihrer Arbeit bei der Berners Consulting GmbH. Grundlage einer jeden gelingenden Kooperation sei eine offene Kommunikation, wie z.B. über die anvisierten Ziele. Lutz Berners und Christina Lee unterstreichen in „Buy and Build: Das Schmieden eines globalen Marktführers“, dass es keine verdeckten Karten geben dürfe. Es folgt ein lehrreiches Beispiel aus dem Automotive-Sektor: Zum Trotz solider Konzepte und vielleicht gerade aufgrund eines 72-seitigen Vertragsentwurfes entstand jedoch „ein erster Riss in der Beziehung“ (S.75). Was auf deutscher Seite als positive Verhandlung gewertet wurde, führte bei dem chinesischen Partner, vertreten durch einen Herrn Peng, zu wachsendem Unbehagen. Ob nun aufgrund von verdecktem Spiel oder weil in letzter Konsequenz gar kein Joint Venture eingegangen werden wollte, bleibe auch den Autorinnen gegenüber unklar. In jeden Falle seien die atmosphärischen Spannungen für das Scheitern der Kooperation auf der Zielgeraden ursächlich. Für das Consulting-Team ist die wichtige Lehre aus dieser Erfahrung, verstärkt auf die vorbereitende Kommunikation zu achten, denn „Nur, wenn die Beziehung auch auf persönlicher Ebene funktioniert, lassen sich auch alternative Lösungen vertrauensvoll diskutieren“ (S.81).

Der Sinologe Martin Krott beschreibt aus seiner Erfahrung im Abschnitt „Wie man Eulen in Athen verkauft“ das denkbar Unmögliche: Er schildert die Erfolgsgeschichte des österreichischen Weltmarktführers für Bürostempel, die durch Anpassung und Marktanalyse der Wertschöpfungskette Stempelmacher als Kunden gewinnen konnten. Nahezu unmöglich erscheint der Marktzugang für Bürostempel, da ein beachtlicher Anteil der Wertschöpfungskette direkt zur Polizei fließt.

Stets sei Umsicht geboten, wenn „mit Vertretern eines chinesischen Staatsunternehmens kommuniziert“ wird (S.102). Daher mahnen die Autorinnen Lutz Berners und Christiane Lee im Abschnitt über die „Black Box Staatsunternehmen“ vor Alleingängen. Jegliche Kommunikation sollte im Vorfeld abgestimmt sein, so lautet ihre Empfehlung, auch wenn das für deutsche Unternehmen gewöhnungsbedürftig sei. In der Fallgeschichte geht es um einen Anbieter für Mobilfunkmasten, eine außerplanmäßige Entscheidung, die auf die individuelle Qualität einzelner erfahrener Akteure zurückgeführt wird, und wie eben dieser „dem Projekt unbeabsichtigt den Todesstoß“ versetzte.

Mit leichter Hand das Schaf wegführen ist eine anekdotische Sammlung neun einzelner Fallgeschichten zum Gelingen und Scheitern Wirtschaftskooperation mit chinesischen Firmen. Auf ca. 100 Seiten berichten vier fachkundige Autor:innen unverblümt und pointiert von ihren Erfahrungen der Unternehmensberatung. Der Stil der einzelnen Beiträge ist strukturell einheitlich aufgebaut. Jede Fallgeschichte schließt mit einer zusammenfassenden Bewertung in wiederkehrenden Kategorien zu u.a. der Gelegenheit, der Vorbereitung, dem Unvorhergesehenen und zu der daraus gezogenen Lehre. Die Sammlung ist bereits 2018 in der Reihe „Der Rote Faden durchs Reich der Mitte“ im Drachenhaus-Verlag erschienen. 

 

Dr. Josie-Marie Perkuhn

 

Zuletzt bearbeitet von: Stanley Setiawan
Letzte Änderung: 25.05.2021
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