Corona, Fledermäuse, Labore und Verschwörungstheorien

Mit den ersten offiziellen Nachrichten von der neuen Viruskrankheit hieß es, Ausgangspunkt der Infektionen sei der Nanhua Fischmarkt. Dieser Markt liegt im Zentrum von Hankou, der größten der drei Städte, welche zusammen die Metropole Wuhan bilden. Schon bald darauf kursierten Bilder von Fledermaussuppe, die angeblich auf dem Markt verkauft wurde.

Inzwischen, vier Monate nach Bekanntwerden der ersten Krankheitsfälle, wurde wissenschaftlich belegt, dass das Virus auf ein unter Fledermäusen verbreitetes Coronavirus zurückgeht, aber wir wissen nicht, wie die Übertragung auf den Menschen stattfand und wieso es auf einem Fischmarkt im Zentrum einer Großstadt zum Ausbruch kam.

Dies ist an sich keine Nachricht wert, da die Rückverfolgung schwierig ist, und sie darüber hinaus kaum einen Beitrag zur Bekämpfung der Epidemie leisten kann - wenn es nicht exakt in Wuhan ein großes, international renommiertes Virenforschungsinstitut gäbe, das Wuhan Virology Institute, das Teil der Chinese Academy of Science 中科院武汉病毒研究所 ist. Man möchte meinen, dass ein Ausbruch vor ihrer Haustür die Virologen unmittelbar auf den Plan gerufen hätte. Im Verlauf der Ereignisse kamen aber die ersten Expertenmeinungen von anderen chinesischen Instituten hinzu und die erste Stellungnahme des Wuhan Instituts datiert auf den 20. Januar. Zudem besitzt dieses Institut seit 2018 ein Labor der höchsten Sicherheitsstufe für die Erforschung hochgefährlicher Krankheitserreger.1 Shi Zhengli 石正丽 ist die bekannteste Virologin des Instituts und sie arbeitet seit 2003 zum SARS-Virus. Die auffällige Inaktivität und die Tatsache, dass genau hier SARS-Forschung betrieben wird, gaben Anlass zu massiven Gerüchten.

Zweifelsfreier Stand der Dinge ist, dass ein hochinfektiöses Coronavirus in Wuhan ausbrach, das mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Mutation eines auf Fledermäuse spezialisierten Virus ist - und damit ein naher Verwandter von SARS -, und dessen Veränderung zu einem Krankheitserreger für Menschen nicht geklärt ist. Gleichzeitig gibt es in derselben Stadt ein Institut, an dem zu SARS und anderen gefährlichen Krankheitserregern geforscht wird.

Fragen zur Rolle des Instituts drängen sich auf. Die folgende Analyse der belegbaren Umstände und Zusammenhänge besteht aus einem chronologischen Überblick über die Sachlage. Wilde Verschwörungstheorien werden nicht berücksichtigt (z.B. genmanipulierte Viren, die für rassisch definierte Gruppen gefährlich sind - merke: Viren kennen keine Unterschiede, die auf extrapolierten phänotypischen Unterschieden beruhen und kulturell definiert sind). Für Leser, die ebenso wenig Vorwissen über Coronaviren mitbringen, wie die Autorin, ist eine Kurzinfo vorangestellt.

Zweck dieser Zusammenstellung ist es, einen Überblick über die Vorgänge in China darzustellen, der auch für Leser ohne Landes- und Sprachkenntnisse zugänglich ist. Aus diesem Grund verzichte ich darauf, Fakten zu nennen, die in deutscher oder englische Sprache leicht auffindbar sind, und konzentriere mich auf eine detaillierte Analyse zentraler chinesischer Quellen.

Kurzinfo zu Coronaviren

Coronaviren kennt unser Immunsystem gut, viele der gewöhnlichen Schnupfen werden von ihnen ausgelöst. Es gibt aber auch gefährliche, wie SARS und MERS. SARS (Severe Acute Resiratory Syndrome) brach 2003 in Foshan nicht weit von Guangzhou und Hong Kong aus. Ein Zusammenhang mit Wildtiermärkten ließ sich relativ schnell herstellen, insbesondere in Bezug auf Personen, die mit Civets, einem katzenartigen Tier tun hatten. Die Krankheit wurde mit rigoroser Isolation ausgerottet. Im Nachhinein verfolgten Wissenschaftler die Genese des Virus, wobei sie auf Proben zurückgreifen konnten, die Hongkonger Wissenschaftler genommen hatten, bevor die Märkte geschlossen und die Civets gekeult wurden. Man konnte keinen verbreiteten Coronabefall unter Civets in Farmen und unter wildlebenden Exemplaren feststellen. Damit war klar, dass das Virus von einer anderen Art auf die Civets übergesprungen war und dass es sich in einer unter künstlichen Bedingungen auf einer Farm gehaltenen Population so mutierte, dass es schließlich auf den Menschen übergehen konnte. Shi Zhengli, die oben erwähnte Virologin, wies 2005 den Zusammenhang mit Coronaviren in Fledermäusen nach und fand 2008 eine Fledermauskolonie in Yunnan, die verschiedene, SARS stark ähnelnde Coronavieren aufwies. Shi Zhenglis Forschung ist in zahlreichen Aufsätzen publiziert, von denen die Mehrzahl Englisch sind.

MERS (Middle Eastern Respiratory Syndrome) Coronaviren springen in seltenen Fällen von Kamelen auf Menschen über, können in gewissem Umfang auch von Mensch-zu-Mensch übertragen werden, und lösen eine schwere Lungenerkrankung aus.

Biologisch sind Coronaviren RNA-Viren, die für Viren auffällig große Genome besitzen. Die meisten Viren, z.B. Grippeviren, haben eine kleine RNA und sind insgesamt nicht sehr stabil, d.h. sie mutieren dauernd, weil in der Kopie ihrer RNA laufend Fehler passieren. Coronaviren haben einen leicht anderen Kopiervorgang. Das erlaubt ihnen eine größere RNA und bedeutet, dass sie vergleichsweise langsam mutieren. Sie sind aber trotzdem Viren und verändern sich ständig.

Chronologie der Ereignisse im Zusammenhang mit der virologischen Forschung in Wuhan

1 Dez 2019 Erste Krankheitsfälle laut Ärzten den Jinyintan-Krankenhauses 金银潭医院 in Wuhan2

12 Dez 2019 Erste nachgewiesene Krankheitsfälle in Wuhan lauf offizieller Chronologie

30 Dez 2019 Interne Eilmitteilung der Gesundheitskommission Wuhan zur „Lungenentzündung unklarer Ursache“. Hauptinhalt ist der Aufruf an Krankenhäuser zu organisierter und abgestimmter Behandlung und zum Berichten aller relevanten Erkenntnisse an vorgesetzte Behörden. Der letzte Satz allerdings lautet:

“未经授权任何单位、个人不得擅自对外发布救治信息。"3

(Nicht autorisierte Institutionen und Einzelpersonen dürfen Informationen zur Behandlung nicht eigenmächtig an Außenstehende weiterleiten. [Übersetzung durch den Verfasser])

30 Dez 2019 Ai Fen 艾芬, Stationsärztin der Infektionsabteilung am Innerstädtischen Krankenhaus Wuhan 武汉市中心医院 behandelt Patienten mit schwerer Lungenentzündung. Als der Untersuchungsbericht zu einem Patienten mit dem Hinweis auf eine SARS-ähnliche Krankheit zurückkommen, erkennt sie ernste Gefahr. Sie leitet ein Foto mit dem relevanten Ausschnitt des Berichts an Kollegen weiter und weist alle Mitarbeiter an, Mundschutz zu tragen (s. 10. März 2020).

Li Wenliang 李文亮, ein Augenarzt am selben Krankenhaus, leitet die Warnung weiter. Er hat einen großen Chatkreis und es ist diese Nachricht, die bald allgemein bekannt wird.

Beide Ärzte wurden von der Disziplinarabteilung und der Polizei unter Druck gesetzt und blieben bis Ende Januar stumm (s. 30 Jan 2020).

31 Dez 2019 Die "Süddeutsche Zeitung" (Quelle dpa) berichtet von einer „mysteriösen Lungenkrankeit“ in Wuhan, einem möglichen Zusammenhang mit den Huanan-Fischmarkt und Gerüchten im Internet, es sei SARS.

1 Jan 2020 Der Huanan Fischmarkt 华南海鲜批发市场 wird geschlossen

2 Jan 2020 Ein Test wird entwickelt

2 Jan 2020 Laut einem am 13 März über Twitter als Foto veröffentlichten Mitteilung der Technischen Hochschule der Marine in Wuhan wurde der Campus am selben Tag geschlossen. Besucher, die Zutritt erhielten, mussten am Tor ihre Temperatur messen lassen. Lag diese über 38°C, wurden sie nicht eingelassen. Die Mitteilung beruft sich auf die Bestätigung der neuartigen Krankheit durch das Militärkrankenhaus „Zentrale Kampfzone“ und die Ankunft von Experten der Hygiene- und Gesundheitskommission in Wuhan.4

Bei dem geleakten Dokument handelt es sich um die Mitteilung, die an Besucher ausgehändigt wurde. Es belegt, dass zentrale Gesundheitsbehörden zu diesem Zeitpunkt involviert waren, und das Militär für seine Einrichtungen Schutzmaßnahmen anordnete. (Siehe 13 Feb 2020)

5 Jan 2020 Laut chinesischer Berichterstattung: 59 bekannte Fälle, davon 7 Patienten in ernstem Zustand.

Die neue Krankheit ist nicht bakteriell und nicht SARS oder MERS.

10 Jan 2020 Erster berichteter Todesfall

10 Jan 2020 Erste Genomsequenzierung publiziert

14 Jan 2020 Publizierte Mitteilung einer Expertengruppe, die SARS mit dem neuen Virus in Verbindung bringt und vor einer Epidemie warnt.5

14 Jan 2020 Laut offiziellen chinesischen Quellen: Shi Zhengli und ihre Gruppe weisen darauf hin, dass das neue Virus mit SARS verwandt ist und an die ACE2 (Angiotensin-konvertierendes Enzym 2) andockt.6

20 Jan 2020 Statement von Xi Jinping: Mensch-zu-Mensch Übertragung erstmals offiziell eingeräumt

21 Jan 2020 Hao Pei 郝沛 (Institut Pasteur, Shanghai), Zhong Wu 钟武 u.a.: pre-print Paper, das eine Verbindung des neuen Virus mit Fledermaus-Coronaviren herstellt und auf die speziellen Spike-Proteine hinweist, mit denen das Virus an menschliche Proteine andockt.7

22 Jan 2020 Pre-print Aufsatz von 29 Autoren unter dem vagen Titel „Discovery of a novel Coronavirus associated with the recent pneumonia outbreak in humans and its potential bat origin”. Shi Zhengli erscheint als "corresponding Author." Der Aufsatz bezeichnet die neue Krankheit als “a series of unidentified pneumonia disease outbreaks in Wuhan, Hubei province." Hauptinhalt ist der Vergleich der Genome des neuen Virus mit anderen Coronaviren, der zu dem Ergebnis kommt, dass es eine Übereinstimmung von 96.2% mit einem bestimmten Fledermausvirus und zu 79.5% mit SARS besteht.

Der Aufsatz schließt vage und akademisch:

"Finally, based on our results, it should be expected and worth to test if ACE2 targeting or SARS-CoV targeting drugs can be used for nCoV-2019 patients. At this stage, we know very little about the virus, including basic biology, animal source or any specific treatment. The almost identical sequences of this virus in different patients imply a probably recent introduction in humans, thus future surveillance on viral mutation and transmission ability and further global research attention are urgently needed.”8

23 Jan 2020 Wuhan wird Seuchensperrgebiet. In den folgenden Tagen wird der öffentliche Verkehr in China stillgelegt und Privatverkehr über größere Distanzen verboten.

24 Jan 2020 Erster Aufsatz zu klinischen Krankheitsverläufen von Medizinern aus Beijing. Laut diesem Aufsatz lässt sich der erste dokumentierte Krankheitsfall auf den 1. Dez datieren. Dieser hatte keinen Bezug zum Fischmarkt. Die Studie stützt sich auf 59 Patienten mit schwerer Lungenentzündung, die zwischen dem 31. Dez und dem 2. Jan in ein namentlich nicht genanntes Krankenhaus [Jinyintan] überführt und bis 22. Jan beobachtet wurden. 41 wurden positiv auf Covid 19 getestet. Bis zum 22. Jan starben 6 Patienten.9

27 Jan 2020 Ein offizieller Pressebericht zur Analyse von Proben, die am Huanan Fischmarkt genommen wurden. Die Proben werden vage als „environmental samples“ bezeichnet und ein Großteil in einem Teil des Areals sei positiv gewesen.10 Dies ist die bislang einzige Nachricht zur Untersuchung des Ausbruchsorts.

30 Jan 2020 Zweiter Aufsatz zu klinischen Krankheitsverläufen. Autoren sind Ärzte des Jinyintan und des Rujin Krankenhaus. Der erste Fall ist auf den 8. Dez datiert. Dokumentiert sind 99 Krankheitsverläufe von Patienten, die vom 1. Bis 25. Jan am Jinyintan Krankenhaus behandelt wurden. Der Aufsatz stellt klar, dass ab dem 1. Jan alle Verdachtsfälle in Wuhan in dieses Krankenhaus gebracht wurden. Bis zum 25. Jan waren 57 Patienten weiterhin in Behandlung, 31 wurden entlassen und 11 sind Patienten gestorben.11

Das Jinyintan Krankenhaus ist auf Infektionskrankheiten spezialisiert und liegt im Norden von Hankou.

31 Jan 2020 - 4 Feb 2020 Li Wenliang entwickelt selbst eine Lungenentzündung und setzt sich über den polizeilich verordneten Maulkorb hinweg. Über Kurznachrichten berichtet er, dass er am 3. Jan zur Polizei beordert wurde und mit ernsten Folgen bedroht wurde, sollte er seine „fabrizierten Gerüchte“ weiter verbreiten.

Ein Foto des Polizeiprotokolls belegt seine Aussage. Am 4. Februar verstarb Li.

In nichtoffiziellen chinesischen Foren wird Li als Märtytrer und Opfer der Repression gefeiert.

2 Feb 2020 Eine Kurznachricht taucht auf, die vermutlich von Shi Zhengli stammt:

欢迎转发:2019新型冠状病毒是大自然给人类不文明生活习惯的惩罚,我石正丽用我的生命担保,与实验室没有关系。奉劝哪些相信并转播不良媒体的谣传的人、相信印度学者不可靠的所谓“学术分析”的人,闭上你们的臭嘴。同时转发这个打脸的消息:印度学者已经决定撤回这篇预印本文章。他本人说: „It was not our Intention to feed into the conspiracy theories ... we appreciate the
criticism ... and will get back with a revised Version.”

Übersetzung:

Bitte gerne weiterleiten: Mit Covid19 strafte die Natur die Menschheit für schlechte Lebensgewohnheiten. Ich bin Shi Zhengli und stehe mit meinem Leben dafür ein, dass kein Zusammenhang mit unserem Institut besteht. Ich möchte diejenigen, die Gerüchten böswilliger Medien glauben und sie weiterleiten oder die unzuverlässigen Studien indischer „wissenschaftlicher Analysen“ Glauben schenken, auffordern, ihre verleumderischen Münder zu halten. Gleichzeitig eine Ohrfeige: Der indische Forscher hat sein pre-print Paper zurückgezogen. Mit den eigenen Worten: [s.o.] (meine Übersetzung)

In dem kursierenden Screenshot ist das Datum der Kurznachricht nicht enthalten. Sie wird auf den 2. Februar datiert.

Shi Zhengli ist eine bekannte Virologin und die fachliche Leiterin einer Forschungsgruppe am Virologischen Institut Wuhan.

Ihre Nachricht löst einen Sturm der Empörung in nichtoffiziellen chinesischen Kanälen aus und festigt die Überzeugung, dass das Virologische Institut etwas zu verbergen hat.

4 Feb 2020 Auf dem Nachrichtendienst Weibo veröffentlicht Xu Bo 徐波, ein bekannter Unternehmer und Spiele-Designer des Duoyi Networks 多益网络 einen langen Text, der das Virologische Institut Wuhan bezichtigt, für den Virusausbruch verantwortlich zu sein. Hauptargument ist das Fehlen des Zwischenwirts und die Funkstille des Instituts.12

5 Feb 2020 Auf einem Regierungstreffen kündigt Xi Jinping an, Biosicherheit solle gesetzlich geregelt werden. Dabei konstatierte er:

针对这次疫情暴露的短板和不足,抓紧补短板、堵漏洞 ” ... “把生物安全纳入国家安全体系,要尽快推动出台生物安全法。"

"Im Hinblick darauf, was in diesem Epidemieausbruch zu kurz griff, müssen wir uns dafür einsetzen, zu verbessern, was unzureichend war und Lücken zu schließen.“ ... „Biosicherheit muss systematisch in die Staatssicherheit aufgenommen werden, Gesetzesregelungen müssen schnellstmöglich vorangebracht werden.“ (Übersetzung durch den Verfasser)

Die Thematik in diesem Moment und die Formulierung überzeugte viele, es müsse „Lücken“ gegeben haben. Der chinesische Ausdruck kann sowohl Informationslecks als auch materielle Lecks bedeuten.

7 Feb 2020 Das Virologische Institut wird unter militärische Kontrolle gestellt. Generalmajorin Chen Wei 陈薇 übernimmt die Leitung. Chen ist eine Virologin der Academy of Military Medical Sciences (AMMS), von der kaum etwas bekannt ist, außer dass sie in der Ebola-Krise in Afrika im Einsatz war.

7 Feb 2020 In Xilu 西陆, einem Forum für Militärs und Militärliebhaber, erscheint ein Beitrag mit dem Titel „武汉病毒被修改,石正丽致命铁证被抓住!“ (Das Wuhan Virus ist künstlich verändert, eisenharte Beweise gegen Shi Zhengli!). Der Autor zitiert aus einem langen Blog und verweist auf eine Studie von 2015. In dieser hatte eine große Autorengruppe, zu denen Shi Zhengli gehörte, die reelle Möglichkeit einer Mutation von Fledermauscoronaviren in Bezug auf das Andocken an menschliche Eiweiße mit der Produktion einer Chimäre belegt, die tatsächlich diese Eigenschaften hat. In der weiteren, recht wirren Analyse kommt der Autor zu dem Schluss, Shi oder die amerikanischen Co-Autoren dieser Studie seien für die Freisetzung des Virus verantwortlich.13

14 Feb 2020 Aufsatz mit Shi Zhengli als Mitautorin zu erfolgsversprechenden antiviralen Medikamenten14

19 Feb 2020 Offener Brief der Leitung des Virologischen Instituts, in dem die Autoren Stellung zu den Gerüchten nehmen, eine ehemalige MA-Studentin des Instituts sei „Patient 0“ und verstorben. Der Brief nennt nicht den Namen der Studentin, stellt aber dar, die Person habe 2014 ein MA-Studium begonnen, habe dann jedoch eine Arbeit „außerhalb von Wuhan“ begonnen und sei seither nicht in die Stadt zurückgekehrt, lebe aber und sei gesund.

Der in nicht-offiziellen Dokumenten kursierende Name ist Huang Yanling 黄燕玲. Weitere Rückmeldungen zu einer Person dieses Namens liegen nicht vor. Die vage Aussage trug wenig dazu bei, die Vorwürfe zu entkräften.

19 Feb 2020 Lancet veröffentlicht ein Statement von 27 Wissenschaftlern, das zur Unterstützung der chinesischen Kollegen in der Covid-10-Bekämpfung und -forschung und gegen Verschwörungstheorien aufruft.15

9 März 2020 Zwei Videos mit Kurzvorträgen von Shi Zhengli erscheinen bei Tengxun ketang 腾讯课堂, eine Plattform zur Popularisierung von Wissenschaft.

Der 1. Vortrag thematisiert künftige Coronaepidemien. Aus ihrer bisherigen Forschung stellt sie dar, dass das direkte Überspringen von Fledermausviren auf den Menschen vorkommt, was sich im Immunsystem von Menschen nachweisen lässt, die in der Nähe von Fledermauspopulationen leben. Nicht wenige haben Infektionen durchgemacht, allerdings in einem Rahmen, in dem das Immunsystem gut mit den Viren fertig wurde. Sie erwartet daher, dass das nächste Coronavirus über einen Zwischenwirt, typischerweise über Haustiere käme. Sie räumt ein, dass sie nicht erwartet habe, dass eine neue Epidemie so bald käme und in ihrer Stadt ausbrechen würde. Der Vortrag schließt mit einer Grafik, die die genetische Variabilität von Coronaviren veranschaulicht.

Der 2. Vortrag beschäftigt sich mit dem Vergleich der Genome von verschiedenen Coronaviren. Kernaussage ist aber, dass die Erforschung der Übertragung sich als äußerst schwierig darstellt, da die Untersuchung von Proben vor Ort am Huanan Fischmarkt mit dessen Schließung nicht mehr möglich ist. Sie schließt damit, man müsse versuchen, verbleibende Tiere bei Händlern ausfindig zu machen.16

Im Vergleich zu einem Vortrag, den Shi vermutlich am 22 Feb 2019 hielt (ebenfalls auf einer Plattform zur Popularisierung von Wissenschaft), wirkt sie äußerst angespannt und angestrengt.

Die Kurzvorträge sind offensichtliche Bemühungen, Normalität vorzugeben. Vortrag 1 ist eine Kurzfassung dessen, was Shi seit spätestens 2015 sagt, das einzige Update ist der merkwürdige Zusatz zum Ausbruch in Wuhan. Vortrag 2 bringt ebenfalls nichts inhaltlich Neues und wirkt zusammenhanglos. Interessant ist allerdings der Umstand, das Shi einräumt, dass jedenfalls ihr Institut keine Proben am Huanan Fischmarkt genommen hat und sie davon ausgeht, dass es keine gibt.

10 März 2020 In der Zeitschrift Renwu 人物 erscheint ein interview mit Ai Fen, betitelt „Die Whilsteblowerin“ 发哨子的人. Der Artikel selbst verschwindet wohl am gleichen Tag, kursiert jedoch in Kopien weiter.

Laut dem Interview wurde am Innerstädtischen Krankenhaus Wuhan der erste Kranke am 14. Dez eingeliefert. Am 30. realisierte Ai Fen die Nähe zu SARS. Sie berichtete ihren Vorgesetzten und wurde massiv unter Druck gesetzt, zu schweigen. Sie macht sich grosse Vorwürfe, v.a. die Infektionen von Kollegen nicht verhindert zu haben. An ihrem Krankenhaus starben 4 Ärzte an der Krankheit.

In den folgenden Tagen hieß es zunächst, Ai solle für ihre Warnung und ihre Leistung in der Epidemie ausgezeichnet werden, allerdings sind weitere Nachrichten hierzu nicht zu finden.

Der Artikel bestätigt die von Li Wenliang auf dem Krankenbett verbreiteten Informationen.

16 März 2020 CCTV (das chinesische Staatsfernsehen) berichtet, die Arbeitsgruppe unter Leitung von Chen Wei stehe vor der Entwicklung eines Impfstoffes. Das abgetötete Viruspräparat sei für die klinische Versuchsphase freigegeben.

Die Entwicklung eines Impfstoffs seit dem 7. Feb erscheint verdächtig schnell. Möglich ist, dass Chen Wei und andere Gruppen, u.a. das von ihr ab 7. Feb übernommene Labor bereits vorher an Impfstoffen arbeiteten, und nun zusammengelegt sind. Möglich ist auch, dass die Erfolgsmeldung eher politisch befohlen als inhaltlich begründet ist, da verschiedene Institute ausserhalb von China in letzter Zeit ebenfalls Fortschritte bei Medikamenten oder Impfstoffen meldeten.

Analyse 1: Ereignisse und Daten

Aus der Chronologie lässt sich - mit Wissen der inzwischen bekannten Daten und Dynamik - Folgendes ableiten:

Patient 1 kam vermutlich am 1. Dez ins Krankenhaus, und bis Ende Dezember waren 59 Patienten mit ungewöhnlichen Lungenentzündungen in Behandlung (davon 41 am 2. Jan positiv getestet). Daraus zurück-extrapolierbar ist, dass das Virus spätestens um den 20. Nov auf den Menschen übersprang, möglicherweise deutlich früher, aber nicht vor Anfang November. Bei einem bekannten schweren Verlauf ist zu vermuten, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere zig, hundert oder mehr Infizierte gab.

Sehr hohe Zahlen sind aus zwei Gründen unwahrscheinlich: 1. waren laut der ersten Studie (24. Jan 2020) 27 der 41 positiv getesteten Fälle auf dem Huanan Fischmarkt gewesen. 2. ist es im urbanen Raum in China üblich, bei Krankheitsgefühl ins Krankenhaus zu gehen. (Es gibt keine Allgemeinärzte mit kleinen Praxen und es ist durchaus normal, mit Schnupfen in die Ambulanz von Krankenhäusern zu gehen. Im ländlichen Raum ist das ganz anders. Dort gehen v.a. Ältere gar nicht in Krankenhaus, um ihre Familien nicht zu belasten. Sie müssen nicht nur über längere Distanzen dorthin fahren, sondern meist auch die Behandlung komplett tragen.) Deshalb ist es nicht wahrscheinlich, dass eine größere Anzahl schwererer Verläufe in der Stadt Wuhan übersehen wurde.

Die Zunahmerate mit dem 1 Fall am 1., 3 am 10. und 24 am 23. Dezember erscheint glaubhaft, der erste Todesfall, der am 10. Januar bestätigt wurde, erscheint auffallend spät.

Die Analytik und die medizinische Reaktion war prompt und kompetent. Das zeigt die an die Öffentlichkeit gekommene Reaktion von Ai Fen und Li Wenliang. An diesem Krankenhaus wurde nur eine relativ kleine Zahl von Patienten behandelt. Die Expertengruppe, die am meisten über die Anfangsphase der Epidemie weiß, sind die Ärzte des Jinyintan-Krankenhauses. Dies ist in den ersten zwei Publikationen belegt. Zeitpunkt und Form der Reaktion der Ärzte dieses Krankenhauses sind nicht bekannt.

Ab Anfang Januar bleibt die analytisch-wissenschaftliche Reaktion schnell und die medizinische ebenfalls. Die Reaktion seitens der Regierung wird aber erst entschlossen, als Todeszahlen zeigen, dass die Krankheit ernst ist. Bis über Mitte Januar waren die (veröffentlichten) Zahlen allerdings nicht alarmierend. Zum Zeitpunkt der zweiten Studie am 25. Jan waren von den erfassten 99 Patienten noch 57 in Behandlung, 31 entlassen, und 11 gestorben.17

Die Zahlen nach dem 23. Jan sind zu nah am Best-Case Szenario, um glaubwürdig zu sein.

Analyse 2: Stammt Covid 19 aus dem Virologischen Institut Wuhan?

Transparenz

Die Chronologie zeigt, dass fehlende Transparenz Verschwörungstheorien fördert. Erste Maßnahmen, wie die Behandlung der Patienten in einem spezialisierten Krankenhaus, die Schließung des als Ursprung vermuteten Markts, und die Analysen des Virus waren rasch und entschlossen. Ab Mitte Januar waren die ersten Toten zu beklagen und die Übertragung von Mensch zu Mensch klar, doch es gab eine Verzögerung von etwa einer Woche, bis die Regierung die Gefährlichkeit kommunizierte. Die drastischen Maßnahmen ab 23 Januar sind bekannt, wurden und werden jedoch recht gut akzeptiert.

Offensichtliche Lücken bestehen in öffentlichen Stellungnahmen aller offiziellen Organe. Bezüglich des Virologischen Instituts sind hier das Schweigen der Institutsleitung, Shi Zhenglis unglücklich formulierte, missverständliche und offensichtlich erboste Kurznachricht vom 2. Februar, sowie die ebenfalls wenig diplomatische Behandlung der Anfrage nach dem Verbleib von Huang Yanling zu nennen.

Sachlich ist festzustellen, dass das Institut, obgleich vor Ort, erst aktiv wurde, als die Materialien direkt und mit Regierungsauftrag angeliefert wurden. Dies geht am deutlichsten aus der Chronologie des Einsatzes während der Krise hervor, wie sie die Institutsleitung im offenen Brief vom 19 Feb 2020 darstellte.

Hier heißt es, dass das Institut am Abend des 31. Dez 2019 Proben von Patienten des Jinyintan Krankenhauses erhielt, aus denen Mitarbeiter innerhalb von 72 Stunden am 2. Jan die Genomsequenzierung abschlossen, am 5. Januar den Virusstamm isolierten und am 9. Januar das Genom in die nationale Virusdatenbank eintrugen und normierten und am 11. Januar an die WHO übermittelten.

Die Forschungsaktivität setzte somit ein, als Anweisung kam. Vor diesem Zeitpunkt scheint das Institut keinen Anteil an Entwicklungen in der Stadt genommen zu haben. Es scheint zudem, dass keine Kommunikation zwischen Krankenhäusern und dem Institut bestand. Dieses Vorgehen spricht nicht für den unabhängigen Forschergeist des Instituts, ist aber bei hoch-dotierten Eliteeinrichtungen der Forschung nicht ungewöhnlich.
Es gibt zwei relativ spezifische Verdachtsmomente: Erstens warum anscheinend nicht ernsthaft versucht wurde, der Frage nachzugehen, wie das Virus von den Fledermäusen auf Menschen überging und wie es auf den Fischmarkt kam. Zweitens die kryptische Ankündigung von Xi Jinping und die Übernahme des Instituts durch das Militär.

Wie kam das Virus auf den Fischmarkt?

Zur ersten Frage sind die Möglichkeiten der Übertragung über den Fischmarkt und einer Panne eins Labors abzuklopfen.

Die zugänglichen Materialien enthalten keinen Hinweis, wie und weshalb der Huanan Fischmarkt als Ursprungsort der Epidemie ausgemacht wurde. Es gibt drei theoretische Möglichkeiten, wie eine „natürliche“ Infektionskette dort beginnen konnte:

  1. Es gab eine in Marktnähe lebende Fledermauspopulation, von der das Virus durch Fledermausausscheidungen oder die notorischen Fledermaussuppen direkt auf den Menschen übersprang.
  2. Es gab eine in Marktnähe lebende Fledermauspopulation, von der das Virus auf eine dauerhaft auf dem Fischmarkt gehaltene Population einer nicht bekannten Tierart (Pangolin?) übertragen wurde. Nachdem das Virus entsprechend mutiert war, sprang es aus diesem Reservoir mehrfach auf Menschen über.
  3. Auf einer Wildtierfarm erfolgte die Übertragung von Fledermäusen auf die dort gezüchteten Tiere (Pangolin?) und mutierte derart, dass es auf Menschen überspringen konnte. Eine Lieferung lebender Tiere brachte es auf den Fischmarkt.

Möglichkeit 1) ist Shi Zhengli zufolge sehr unwahrscheinlich. Es würde voraussetzen, das das Virus „fertig“ mutiert und vermutlich einmalig auf den Menschen übersprang und sogleich von Mensch-zu- Mensch ansteckend war. 2) ist relativ sicher auszuschließen, weil Tiere, die lebend verkauft werden, nicht längerfristig auf einem Markt gehalten und gezüchtet werden. 3) ist die vergleichsweise wahrscheinlichste Möglichkeit. In diesem Fall sollte der Zwischenwirt über Proben aller auf dem Markt vorhandenen lebenden Tiere und ihrer Hinterlassenschaften zu finden sein. Mit der Identifikation der Tierart sollte es vergleichsweise leicht möglich sein, die Zuchtfarm ausfindig zu machen. Hier müsste das Virus in den dort lebenden Tieren ebenfalls nachweisbar sein.

Für einen Ursprung aus dem Labor gibt es ebenfalls drei Möglichkeiten:

  1. Ein Mitarbeiter infizierte sich unbemerkt bei der Arbeit und trug das Virus hinaus. Er/sie steckte u.a. eine auf dem Fischmarkt arbeitende Person an, bei der die Infektion einen schwereren Verlauf nahm, und die daher eine vergleichsweise große Zahl weiterer Personen infizierte.
  2. Ein Mitarbeiter verkaufte infizierte Versuchstiere auf dem Fischmarkt. Das Virus war in den Versuchstieren entsprechend mutiert und sprang auf dem Markt auf Menschen über.
  3. Beim Transport einer Probe mit lebenden Viren aus dem Labor an ein anderes (oder in einem ähnlichen Zusammenhang oder durch einen Wahnsinnigen) versagten alle Schutzmechanismen und die Viren endeten auf dem Boden des Fischmarkts.

Möglichkeiten 5) und 6) setzen unverantwortliche Zustände voraus. Gemessen an der Professionalität der Ärzte in Wuhaner Krankenhäusern, erscheinen solche Zustände an einem hoch-dotierten Flaggschiff chinesischer Forschung sehr weit hergeholt. Da Wahnsinn Menschen befällt, kann man sie hinwiederum nicht vollkommen ausschließen. Möglichkeit 4) erscheint weniger abwegig. Infektionen in Laboren kommen immer wieder vor. Bei einem Virus, das in den weitaus meisten Fällen keine oder nur leichte Symptome hervorruft ist sogar möglich, dass eine solche Panne von allen Beteiligten übersehen wird. Falls sich eine solche Panne ereignet hat, sollte das Virus den im Institut zu Untersuchungszwecken gezüchteten Viren ähneln.

Es ist davon auszugehen, dass Pannen möglich sind, da in Laboren Menschen arbeiten. Da es in China zwei bekannte Fälle gab, in denen hochvirulente Viren aus Laboren austraten, ist das Vertrauen in die Sicherheit bescheiden. Die Vorfälle ereigneten sich in Beijing in 2004 und sind bekannt, da sie zu Todesfällen führten.18 Richard Ebright, Biochemiker an der Rutgers University, meldete sich deshalb mit Zweifeln zum Bau des BSL-4 Labors in Wuhan.19

Weitere Aspekte, die zur Pannenanfälligkeit beitragen könnten, sind die intransparenten Kommandostrukturen, die Mitarbeiter und ganze Institute unter Druck setzen können. Gerade in der Spitzenforschung bzw. in Bereichen, die das Regime für wichtig hält, werden teilweise Ergebnisse verlangt und sogar Termine gesetzt. Überarbeitung und Termindruck können bekanntlich dazu beitragen, dass Sicherheitsmaßnahmen vernachlässigt werden.

Die Abwägung der sechs Möglichkeiten lässt 3) und 4) als vergleichsweise denkbare Ursprünge der Epidemie übrig. Im Fall 3) sollte es möglich sein, die Kette zurückzuverfolgen, wenn auf dem Markt rechtzeitig Proben genommen wurden. Laut dem Bericht vom 27 Januar wurden über 500 Proben genommen. Laut Shi Zhenglis Kurzvortrag vom 9 Februar geht sie davon aus, dass die Spuren mit der Schließung des Marktes verloren gingen, und nur die sehr begrenzten Möglichkeiten einer Untersuchung im Nachhinein bestehen.

Da schon der Nachweis eines Zwischenwirts den Verdacht gegenstandslos machen würde, der derzeit auf dem Virologischen Institut lastet, ist es erstaunlich, dass der Berichterstattung zufolge keine Untersuchungen in diese Richtung unternommen wurden. Aus böswilliger Perspektive kann das Desinteresse dahingehend interpretiert werden, dass das Institut kein Interesse an der Rückverfolgung des Ausbruchs an seinen Ursprungsort haben könnte. Im Hinblick auf die Probennahme ist allerdings einzuräumen, dass das Zeitfenster nur vom 31. Dezember bis 1. Januar bestand, bzw. möglicherweise ab dem 30. Dezember, falls die Nachricht der Krankenhausärzte das Institut erreichte. Da das Institut ab dem 1. Januar in die Analyse involviert war, erscheint nicht unwahrscheinlich zu sein, dass eigenen Mitarbeiter nicht rechtzeitig vor Schließung und Desinfektion auf dem Markt waren. Trotzdem sollte es laut dem Pressebericht Proben geben, die auch untersucht wurden.

Möglichkeit 4) würde das fehlende Interesse des Instituts an der Rückverfolgung des Epidemieursprungs erklären. In diesem Fall ist davon auszugehen, dass sich im Lauf der weiterer Untersuchungen Indizien finden. Im Fall eines im Labor durch natürliche Mutation entstandenen Virus dürfte das Genom von Covid 19 sehr nah an einem der im Labor untersuchten Viren liegen. Im Fall eines genmanipulierten Virus werden Sequenzanalysen zeigen, dass das Genom großenteils sehr nah an einem der im Labor untersuchten Viren liegt, in bestimmten Abschnitten aber stark abweicht. Entsprechen die abweichenden Abschnitte keiner bekannten Wildform von Coronaviren, ist Genmanipulation wahrscheinlich.

Warum übernahm das Militär die Kontrolle über das Institut?

Xi Jinpings Statement belegt, dass die militärische Übernahme des Instituts von höchster Stelle angeordnet wurde. Es zeigt darüber hinaus, dass es aus Sicht des Regimes Probleme gab, entweder in Form der oben beschriebenen Pannen oder Lecks, durch die Informationen nach außen drangen, die die Regierung geheimhalten wollte.

Die Erfolgsmeldung vom 9. März zur Entwicklung des Impfstoffs dokumentiert, dass Generalmajorin Chen Wei die Leitung übernommen hat und Forschungsergebnisse nun als ihre Erfolge gelten.

Die Vorgänge sind alarmierend. Entweder geht es darum, den GAU von Beweisen einer Pandemie aus einem chinesischen Labor abzuwenden oder darum, sicherzustellen, dass alle Wissenschaftler in der Entwicklung von Covid 19 Impfstoffen zusammen arbeiten und die Erfolge für die Armee verbucht werden - oder beides.

Es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass alle Wissenschaftler und Institute, die in irgendeiner Form beitragen können, dies jetzt nach Anweisung von Chen Wei auch tun müssen. Gleichzeitig machen die Erfolgsmeldung in einem sehr frühen Stadium der Impfstoffentwicklung deutlich, wie sehr Chen unter Erfolgszwang steht. Weitere Schlüsse sind derzeit nicht möglich, aber der Vorgang selbst ist Anlass für gesundes Misstrauen.

Fazit

Eine belastbare Indizienkette, die entweder den natürlichen Ursprung oder eine Laborpanne (mit oder ohne Genmanipulation) belegt, ist derzeit nicht möglich. Er scheint aber sehr wahrscheinlich, dass weitere Analysen und Daten früher oder später Klarheit bringen.

Kritische Beobachtung ist angebracht, aber eine Vorverurteilung der Wissenschaftler des Virologischen Instituts Wuhan ist wenig hilfreich. Es mag uns nicht gefallen, aber Covid 19 ist unser Problem und eine Gruppe der Leute, die es am besten kennen und unter hohem Druck stehen, zu seiner Bekämpfung beizutragen, sitzt am Virologischen Institut Wuhan. Es ist nicht auszuschließen, dass wir das Virus ebendiesen Leuten zu verdanken haben, aber das ist jedenfalls momentan zweitrangig im Wettlauf mit der Zeit um wirksame Medikamente oder Impfstoffe.

L.S.

Stand: 24.3.2020

Fußnoten

1 BSL-4, Kürzel für Biosafety Level 4, d.h. Unterdruck-räume, Sicherheitsschleusen und Duschen, das volle Programm um hochgefährliche Erreger gefangen zu halten. Das Labor in Wuhan ist das einzige in China, die Technik stammt aus Lyon.

2 "No link with seafood market in first case of China coronavirus, Chinese scientists revealed", South China Moming Post (Hong Kong), 25 Jan 2020, https://www.scmp.com/news/china/society/article/3047646/no-link-seafood-market-first-case-china-coronavirus-chinese

3 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:关于做好不明原因肺炎救治工作的紧急通知.pdf

4 twitter.com/leon_wu50/status/1228136379625955328

5 Hui, David S. und andere: "The continuing 2019-nCoV epidemic threat of novel coronaviruses to global health — The latest 2019 novel Coronavirus outbreak in Wuhan, China," in International Journal of Infectious Diseases, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31953166/

6 Kein Paper/Statement/Nachrichtenartikel mit vollem Inhalt auffindbar. Mglw. Eine interne Kommunikation.

7 “Evolution of the novel Coronavirus from the ongoing Wuhan outbreak and modeling o f its spike protein for risk of human transmission,” in SCIENCE CHINA Life Sciences on 21 Jan 2020. Autoren: PEI Hao (IPS, CAS), ZHONG Wu 钟武 (Beijing Institute o f Pharmacology and Toxicology, ein militärisches Forschungsinstitut), Li Xuan 李轩 (CAS Center for Excellence in Molecular Plant Sciences, CAS) are correspondence authors of this paper. XU Xintian, CHEN Ping, and WANG Jingfang are the co-first authors.

8 https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2020.01.22.914952v1 Einziger nicht-chinesischer Mitautor ist Edward Holmes (University of Sydney).

9 WANG Jianwei, CAO Bin (corresponding authors), Huang C, Wang Y, Li X, et al. “Clinical features of patients infected with 2019 novel Coronavirus in Wuhan, China,” Lancet, published online Jan 24. https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)30183-5/fulltext.

10 http://www.xinhuanet.com/english/2020-01/27/c_l 38735677.htm

11 CHEN Nanshan, ZHOU Min, DONG Xuan, QU Jieming, GONG Fengyun, HAN Yang, QIU Yang, WANG Jingli, LIU Ying, WEI Yuan, XIA Jia’an, YU Ting, ZHANG Xinxin, ZHANG Li: "Epidemiological and clinical characteristics of 99 cases of 2019 novel Coronavirus pneumonia in Wuhan, China: a descriptive study," Lancet, published Online January 24, 2020, https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30183-5

12 Gelöscht, aber im Netz auffindbar, z.B. https://www.ntdN.com/gb/2020/02/04/al02769247.html

13 Auf Xilu gelöscht, aber im Netz auffindbar, z.B. http://bbs.creaders.net/life/bbsviewer. php?trd_id=1453806&blog_id=365499

14 https://www.nature.com/articles/s41422-020-0282-0

15 Charles Calisher, Dennis Carroll, Rita Colwell, Ronald B Corley, Peter Daszak, Christian Drosten et al. “Statement in support of the scientists, public health Professionals, and medical Professionals of China combatting COVID-19”, Lancet, https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736%2820%2930418-9/fulltext

16 https://www.thepaper.cn/newsDetail_forward_6422569; https://www.youtube.com/watch?v=Sv96NlNxvQM

17 CHEN Nanshan, ZHOU Min, DONG Xuan, QU Jieming, GONG Fengyun, HAN Yang, QIU Yang, WANG Jingli, LIU Ying, WEI Yuan, XIA Jia’an, YU Ting, ZHANG Xinxin, ZHANG Li: "Epidemiological and clinical characteristics of 99 cases of 2019 novel Coronavirus pneumonia in Wuhan, China: a descriptive study," Lancet, published Online January 24, 2020, https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30183-5

18 https://www.the-scientist.com/news-analysis/sars-escaped-beijing-lab-twice-50137

19 https://www.nature.com/news/inside-the-chinese-lab-poised-to-study-world-s-most-dangerous-pathogens-1.21487

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Letzte Änderung: 07.04.2020
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