Herr Ai in Deutschland – vor 40 Jahren

Im Frühjahr 1979 besuchte der Dichter Ai Qing 艾青 (1910-1996) die Bundesrepublik und schrieb hier einige Gedichte, die im August des Jahres in der Renmin Ribao 人民日报 (Volkszeitung) veröffentlicht wurden. In der Überschrift der Gedichte in der Zeitung taucht der Rhein auf, allerdings behandeln die Texte Berlin, Dachau, München und Trier; immerhin besuchte Ai auch Bonn. Die Erwähnung der Berliner Mauer, des KZs und des Geburtshauses von Marx zeigt den politischen Charakter der Reise; im gleichen Jahr besuchte auch Parteichef Hua Guofeng die BRD, der erste seit der Gründung der Volksrepublik.

Ai hieß ursprünglich gar nicht Ai sondern Jiang Zhenghan 蒋正涵 bzw. Jiang Haicheng 蒋海澄. Es war allerdings für einen linken Schriftsteller in der Volksrepublik ungünstig den gleichen Familiennamen wie KMT-Führer Jiang Jieshi 蔣介石 (Chiang Kaishek) zu tragen und dann noch aus der gleichen Provinz (Zhejiang 浙江) zu stammen. Ai war 1957 kritisiert und erst nach zwanzig Jahren rehabilitiert worden. Im gleichen Frühjahr (April 1979) erschien auch die erste Ausgabe der Zeitschrift DUSHU 读书 mit einem Text von ihm.

Zu Ais Delegation gehörte auch der Diplomat Wang Bingnan 王炳南, der in den dreißiger Jahren in Berlin studiert hatte und mit der Deutschen Anna Wang verheiratet gewesen war.

Wie Ba Jin 巴金 und Deng Xiaoping 邓小平 war Ai Qing in den zwanziger Jahren nach Frankreich gereist und wurde dorthin auch in den achtziger Jahren noch einmal eingeladen. (Während der Kulturrevolution war er – wie der Schriftsteller Wang Meng 王蒙 – für einige Jahre nach Xinjiang 新疆 geschickt worden.)

Der Dichter war der Vater des 1957 geborenen Künstlers Weiwei 未未. 

[Der Deutschlandbesuch des chinesischen Lyrikers Ai Qing wurde in China aktuell von Brunhild Staiger behandelt (August 1979); die Zeitschrift Das neue China brachte im gleichen Jahr Berichte und Fotos.]

Dr. Thomas Kampen

Aiqingaiweiwei

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Letzte Änderung: 25.10.2019
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