Newsletter Oktober 2015 Nr. 84

INHALT

Ein Autounfall in der chinesischen Hauptstadt und die Folgen für Ling Jihua und Hu Jintao

Die Fahrt mit seinem Ferrari endete für einen jungen Chinesen tödlich. Nach einer überraschend langsamen Aufklärung des Unfallhergangs entwickelte sich der Vorfall zu einem politischen Skandal.

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Buchrezension: Japan Inc. (2011) von Karl Pilny

Biowaffen, die an Menschen getestet werden, Yakuzas, Korruption und Fukushima: Mit diesen brisanten Themen beschäftigt sich der Politthriller Japan Inc. von Karl Pilny, einem deutschen Juristen und Unternehmensberater, der lange Zeit in Japan lebte.

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TCM: Hokuspokus oder ernstzunehmende Heilmethode?

Eine Podiumsdiskussion, die von der Global China Connection organisiert wurde, befasste sich mit der wachsenden Popularität der Traditionellen Chinesischen Medizin bei deutschen Patienten. Im Fokus der Veranstaltung stand auch die Frage nach der wissenschaftlichen Legitimität der chinesischen Heilmethoden.

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Something different: Buck Clayton in Shanghai

Wer einmal einen Abend im House of Blues and Jazz in Shanghai verbracht hat, weiß um die gute Qualität der dortigen Musikszene. Auch Jazzlegende Buck Clayton spielte schon in der Stadt am Huangpu.

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Ein Autounfall in der chinesischen Hauptstadt und die Folgen für Ling Jihua und Hu Jintao

Als im Frühjahr 2012 in Beijing der junge Fahrer eines Ferrari ums Leben kam, wurde wochenlang über dessen Identität gerätselt. Da die Zahl der in Frage kommenden  Ferraribesitzer überschaubar war, überraschte die Langsamkeit der Aufklärung. Wie zu erwarten, war eine prominente Familie involviert. Schließlich wurde bekannt gegeben, dass der Fahrer Ling Gu hieß und er der Sohn von Ling Jihua und Gu Liping war.

Ling Jihua war Mitglied des Zentralkomitees und gehörte damals zu den wichtigsten Vertrauten von Staats- und Parteichef Hu Jintao; als noch nicht 60-jähriger besaß er noch Aufstiegschancen. Im Herbst 2012 fand ein Parteitag statt, Hu gab erwartungsgemäß seine Ämter ab; Lings Aufstieg erfolgte jedoch nicht. Der Verkehrsunfall hatte viele Fragen bezüglich der Einkommensverhältnisse der Familie Ling provoziert. Es war Pech für die Familie, dass Parteichef Xi Jinping zu dieser Zeit die Korruptionsbekämpfung zu eine seiner Hauptaufgaben gemacht hatte.

Am 20. Juli 2015 meldeten die chinesischen Medien schließlich den Parteiausschluß und die Festnahme von Ling Jihua.

 

Eine ungewöhnliche Familie

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Ling Jihua
Im Zusammenhang mit der Aufklärung seines Falls wurden auch zahlreiche andere Familienmitglieder untersucht und zum Teil verhaftet. Verwirrend war die große Zahl von Namen und Personen. Die Familie besaß ursprünglich den seltenen Namen Linghu: einige Personen benutzen diesen noch, andere – vor allem die KP-Mitglieder – nennen sich einfach Ling. Der Vater Linghu Ye, der zur Zeit des Autounfalls schon über hundert Jahre alt war und in diesem Jahr gestorben ist, hatte viele Kinder, darunter die Söhne Ling Fangzhen, Ling Zhengce, Ling Jihua und Ling Wancheng; eine Tochter nennt sich Linghu Luxian. Auch die Mutter Wang Liming starb im Frühjahr 2015. Der Vater und die meisten Kinder traten der KP bei. Der um die Jahrhundertwende höchstrangige Politiker namens Linghu war Linghu An; er war zehn Jahre älter als Ling Jihua, schon 1965 KP-Mitglied und später ZK-Mitglied. Die Verwandschaftsverhältnisse sind jedoch unklar. Ein Sohn des früh verstorbenen Ling Fangzhen soll von Ling Jihua adoptiert worden sein und lebt offenbar in den Vereinigten Staaten. Frau Gu Liping soll bei einem Fluchtversuch (nach Japan) in Shandong festgenommen worden sein.

 

Eine erstaunliche Provinz

Politisch und geographisch ist die Angelegenheit auch dadurch interessant, dass die Familie Ling aus der nordchinesischen Provinz Shanxi stammt. An sich nichts besonderes, aber auch die prominente Familie Bo stammt auch aus Shanxi. Politbüromitglied Bo Xilai, der Sohn des Spitzenpolitikers Bo Yibo, ist vor einigen Jahren zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, ebenso seine Frau Gu Kailai, die Tochter eines Shanxi-Politikers. Eventuell sind durch die langwierigen Untersuchungen der Familie Bo auch Informationen über die Familie Ling bekannt geworden.

Der Autounfall war nicht nur für die Familie Ling peinlich, sondern auch für Hu Jintao. Gerüchte besagten, dass die Kritik an Ling vor allem von Jiang Zemin und seinen Anhängern kam. Jiang war der Vorgänger von Hu und besitzt immer noch großen Einfluss. Komplizierter wurde die Situation dadurch, dass Jiang den Aufstieg des – inzwischen gestürzten – Sicherheitschefs Zhou Yongkang ermöglicht hatte – Jiang und Zhou stammen beide aus Ostchina. Der Skandal hat Hu Jintaos Ansehen geschadet und er wirkt jetzt schon schwächer als Ex-Präsident Jiang.

Im August wurde bekannt, dass Ling Wancheng auch in die USA geflohen ist. Xi Jinping, Jiang Zemin und Hu Jintao nahmen an der großen Septemberparade teil.

 

Literatur:

BBC: China charges former president's top aide Ling Jihua, 20. 7. 2015.

New York Times (Dan Levin): Top Chinese Official Is Ousted From Communist Party, 20. 7. 2015.

 

Dr. Thomas Kampen

 

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Buchrezension: Japan Inc. (2011) von Karl Pilny

Für Ostasienwissenschaftler kann es manchmal ganz erfrischend sein, zeitgenössische Populärliteratur zu Ostasien lesen. Wenn man bedenkt, dass solche Werke die deutschen China- und Japan-Bilder vermutlich viel stärker prägen als der wissenschaftliche Betrieb an den universitären Ostasien-Zentren, kann man dieser Literatur ruhig auch als Sinologie-Student mal seine Zeit opfern. Das man dabei auch wunderbar prokrastinieren kann, durfte ich letztens bei der Lektüre des Buches Japan Inc. von Karl Pilny erfahren (2011 im Heyne-Verlag erschienen).

Pilny, ein deutscher Jurist, Sachbuchautor und Unternehmensberater, der lange Zeit in Japan gelebt und gelehrt hat, hat mit Japan Inc. einen Politthriller vorgelegt, um das Thema der Vergangenheitsbewältigung in Japan und China für breitere Kreise zugänglich zu machen (so Pilny in einem Interview 2011). Die Story entspinnt sich an dem gescheiterten Prozess gegen einen skrupellosen, japanischen Pharmakonzern, den der Protagonist – ein britischer Anwalt, dessen Biografie zahlreiche Ähnlichkeiten mit der von Pilny aufweist (außer, dass er Brite ist) – nach Jahren wieder aufrollt. Weil er dabei zahlreiche Kontinuitäten zwischen der Gegenwart und den düsteren Zeit des Zweiten Weltkriegs aufdeckt, gerät er ins Visier der „Japan Inc.“, einem ultrarechten Zusammenschluss von Yakuzas, Militärs und Konzernokraten.

Die Geschichte kreist dabei besonders um die Menschenversuche der Einheit 731, die der Pharmakonzern insgeheim für die Entwicklung seines Biowaffenprogramms weiter fortsetzt. Pilny fügt seine Erzählung kontinuierlich an historische Begebenheiten an und vermischt dabei Fakt und Fiktion. So wird der fiktive Pharmakonzern Kuroi von den fiktiven Nachfahren Shirō Ishiis geleitet, dem historischen Kommandanten der Einheit 731, der in historischen Rückblicken auch selbst im Roman auftaucht. Ähnlich wie die Narrativen von Verschwörungstheorien gewinnt Pilnys Erzählung dadurch eine größere Plausibilität, befeuert jedoch auch die um das Thema tobenden, historischen Kontroversen. Die Sympathien liegen dabei eindeutig und relativ unreflektiert auf Seiten Chinas. Bei aller moralischen Entrüstung bleibt beispielsweise das Kalkül des chinesischen Regimes unbeleuchtet, das die japanischen Kriegsverbrechen seit der 1991/92 gestarteten Kampagne zur patriotischen Erziehung propagandistisch ausgeschlachtet hat. Dessen ungeachtet gelingt Pilny jedoch in Bezug auf Japan, wo eindeutig seine kulturellen Kompetenzen liegen, eine eindrückliche Skizze der nationalen Identität. Während es durch Erinnerungen und Tagebucheinträge immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit gibt, ist die Haupthandlung des Buches in der nahen Zukunft (nach 2011) angesiedelt. Dabei ist besonders Pilnys Versuch spannend, die Auswirkungen des Fukushima-Schocks zu antizipieren. Sein Japanbild scheint dabei allerdings stark der Schwert-und-Chrysantheme-Lesart und der Unterscheidung zwischen Scham- und Schuldkultur verpflichtet zu sein. Vielleicht übertreibt er es etwas mit der Psychologisierung, wenn er den „Scham-Komplex“ als Triebkraft für einen Terroranschlag unter falscher Flagge auf das Shanghai World Financial Center durch japanische Ultra-Rechte und einen Putschversuch des japanischen Militärs herhalten lässt. Aber dadurch wird es natürlich auch nicht langweilig.

Was den Lesespaß von Japan Inc. hingegen etwas verdirbt, sind Pilnys holzschnittartige Romanfiguren und ihre klischeehaften Liebesbeziehungen. Prinzipiell sprechen und handeln alle Charaktere von Anfang bis Ende so, wie es das Drehbuch eines Hollywood-Blockbusters vorgeben würde (und vielleicht wird ja aus dem Roman mal eins). Pilny reproduziert die kulturellen Stereotypen, die bei der Skizzierung von abstrakten Phänomenen wie Mentalitäten oder Nationalcharakteren unumgänglich sind, leider auch in seinen Figuren, anstatt diese in ihnen wieder aufzubrechen und ihre Gültigkeit in der Lebenswelt zu relativieren. Andererseits sind aber auch viele der Figuren farblose Expats mit kosmopolitischer/konsumistischer Identität, darunter der Protagonist. Und bei diesem handelt es sich keineswegs um den straighten Siegertyp. Immer wieder hat er mit Selbstzweifeln und Depressionen zu kämpfen, die er mit Südsee-Kreuzfahrten mit seiner Privatyacht bewältigen muss. Und letztendlich entdeckt man dann natürlich doch bei allen Figuren einen authentischen, kulturellen Kern – ob es sich dabei um den britischen Anwalt, den amerikanischen Colonel oder den koreanischen Filmproduzenten handelt – an den Stellen, in denen sie psychologisch wirklich überzeugen, scheinen sie alle so wie der Autor Deutsche zu sein.

Mit dem Schreibstil wurde ich bis zum Ende nicht wirklich warm. Besonders die Dialoge befremden, weil die Personen in nahezu jedem Satz den Vornamen ihres Gesprächspartners aussprechen und fast allesamt offen rassistisch sind (sexistisch sowieso). Statt von „Japanern“ oder „Chinesen“ ist die Rede überwiegend von „Japsen“ und „Chinaken“ (?), „Walfressern“ und „Reisfressern“, oder einfach „Schlitzaugen“. Hier stellt sich wieder die Frage, wie es um die von Pilny geäußerten, pädagogischen Absichten bestellt ist. Es wäre schon sehr deprimierend, wenn diese Bezeichnungen wirklich notwendig wären, um das Thema „breiteren Kreisen“ zu erschließen.

Nach dem Lesen von Japan Inc. bleibt bei mir der Gesamteindruck zurück, dass das Buch zwar an einigen Stellen interessant und unterhaltsam war (insb. wenn es um die Japan Inc. geht), aber dass ich auf den Durststrecken dazwischen fast verendet wäre und mich besser um meine Hausarbeiten hätte kümmern sollen. Bleibenden Eindruck hat nur das kontrafaktische Szenario eines Putschversuchs durch ultra-rechte Kräfte in Japan hinterlassen, das Pilny durch dessen historische und regionalpolitische Einbettung doch unheimlich überzeugend gelungen ist.

 

Jason Franz

 

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TCM: Hokuspokus oder ernstzunehmende Heilmethode?

Außerhalb Chinas greifen bereits 800 Millionen Patienten auf traditionelle chinesische Heilmethoden zurück und schon jetzt wird in Deutschland jährlich mehr Geld für fernöstliche Arzneien und Anwendungen ausgegeben als auf dem Gebiet der Gynäkologie oder der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde.

Diese erstaunlichen Daten eröffneten eine von der Global China Connection (GCC) organisierte Podiumsdiskussion zum Thema „Tradition in der Moderne: Welche Rolle spielt die chinesische Medizin im Zeitalter der Globalisierung?“. Die Heidelberger Hochschulgruppe GCC hat sich den interkulturellen Austausch zwischen China, Deutschland und der Welt auf ihre Fahnen geschrieben. In einer Podiumsdiskussion widmete sich die studentisch organisierte Gruppe nun dem Thema der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), ihrem heutigen Stellenwert in China und in Deutschland sowie ihrem Verhältnis zur „modernen“ westlichen Medizin. An der Diskussion nahmen Prof. Henry Johannes Greten, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin, Prof. Michael Wink, Direktor der Abteilung Biologie des Instituts für Pharmazie und Molekulare Biotechnologie an der Universität Heidelberg und Prof. Wolfgang Eich, Spezialist für integrierte Psychosomatik am Zentrum für psychosoziale Medizin des Universitätsklinikums Heidelberg, teil.

„Der Anfang der traditionellen chinesischen Medizin liegt im geschichtlichen Dunkel“, erläuterte Professor Greten zu Beginn des Abends. So lägen die Ursprünge der chinesischen Medizin bereits 6000 bis 7000 Jahre zurück. Er zeigte außerdem, dass sich hinter dem bekannten Symbol der Theorie von Yin und Yang ein komplexes mathematisches System verberge und chinesische Medizin auf mehr beruhe als reinen Placeboeffekten, wie von vielen Kritikern behauptet. Außerdem bestünden zwischen der chinesischen und der griechischen Medizinform, auf der die westliche Idee von Medizin beruht, mehr Gemeinsamkeiten als man erwarten möge. So teilen beispielsweise beide Modelle ihre Patienten in vier Menschentypen ein. „Beide sind Gleichgewichtsmodelle und wollen eine bestimmte Form von Harmonie wieder herstellen“, hob Professor Eich hervor. Professor Wink stellte zudem Ähnlichkeiten auf dem Gebiet der Pflanzenheilkunde fest. So stimmten die verwendeten Heilpflanzen zu 90 Prozent miteinander überein. Allerdings verbinde die chinesische Medizin Stoffe in fixen Kombinationen, während in der westlichen Medizin noch heute hauptsächlich sogenannte Monopräparte mit nur einem Wirkstoff verwendet würden.

Angesichts dieser Ähnlichkeiten plädierte Professor Greten dafür, die strenge Trennung zwischen westlichen und östlichen Heilmethoden, wie sie momentan noch in Deutschland besteht, abzubauen: „Auch in China werden westliche und östliche Medizin kombiniert. Jede Medizinform hat ihre Grenzen. Wenn wir aber beide miteinander verbinden, haben wir weniger Grenzen. In China geht man mit diesem Thema wesentlich unverkrampfter um; da macht man einfach, was wirkt.“ Von einer willkürlichen Kombination der beiden Medizinformen riet Professor Eich jedoch vehement ab. „Ich warne davor, die traditionelle chinesische Medizin zu idealisieren. Sie ist nicht ausreichend evident nachgewiesen. Es ist nicht trivial, diese Mittel alle miteinander zu kombinieren“, gab der Internist besonders in Bezug auf chinesische Medikamente zu bedenken.

Kritische Stimmen konfrontieren die westliche Medizin nicht selten mit einer Art Imperialismus-Vorwurf. So hinterfragte auch Moderator Eric Lindberg kritisch, ob die westliche Medizin nicht manchmal von sich selbst behaupte, den höheren Wahrheitsanspruch zu haben. „Wissenschaft ist ein Wettbewerb der Ideen. Leider blockieren manchmal wirtschaftliche Interessen und Ideenkriege den Blick auf das Ganze“, entschärfte Professor Gretel den Vorwurf an die westliche Medizin. Nicht wissenschaftliche Überheblichkeit, sondern das ökonomische Interesse der Krankenkassen bestimme, welche Behandlungen akzeptiert würden.

In Deutschland und China sind es heute besonders die Eliten, die sich traditionellere Heilmethoden zurückwünschen. Auch Professor Eich räumte ein, dass immer mehr Patienten vermeintlichen „Chemie-Medikamenten“ der westlichen Medizin kritisch gegenüberstehen. „Viele Patienten suchen dort Hilfe. Die westliche Medizin ist aber ein Akt der Ehrlichkeit. Wir sind eine systematische Wissenschaft, die ihre Nebenwirkungen offen legt und jeden Stoff erforscht. Da hat es der chinesische Mediziner einfacher: Er legt die Hand auf, kann sich Zeit nehmen und ist nicht rechtlich gebunden“, so der Heidelberger Experte für Psychosomatik. Auch Professor Wink betonte, dass einige Probleme auf dem Gebiet der Qualitätskontrolle noch ungelöst seien. „Viele Patienten glauben, chinesische Medikamente hätten mit Chemie nichts zu tun. Aber wenn sie nicht als Placebo wirken, dann ist es auch nur eine normale Wirkstoffkette“, klärte der Fachmann für Arzneipflanzen auf.

Er blickt jedoch optimistisch in die Zukunft der chinesischen Medizin. In China werde die traditionelle chinesische Medizin bereits mit naturwissenschaftlichen Methoden erforscht. Basis hierfür seien die zahlreichen chinesischen Medizinstudenten, die mit ihren im Ausland erworbenen Kenntnissen in ihre Heimat zurückkehren. „Hier sehe ich große Chancen. In China wird bereits an vielen Stellen besonders von jungen Medizinern Forschung auf diesem Gebiet betreiben“, so der Professor für Pharmazeutische Biologie. Auch Professor Gretel ist überzeugt davon, dass sich die chinesische Medizin dauerhaft in unserem Gesundheitssystem etablieren wird: „Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr umkehren; die traditionelle chinesische Medizin ist schon da.“

 

Anna Schiller

 

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Something different: Buck Clayton in Shanghai

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Clayton mit Band
Kürzlich sah ich eine Jazz CD, die mit dem Titel „One O’Clock Jump“ beginnt. Zu den Musikern gehörten neben Count Basie (1904-1984) auch Lester Young (1909-1959) und Buck Clayton. Bemerkenswert ist das Aufnahmedatum: 7. Juli 1937 – der Tag, der als Beginn des (2.) Chinesisch-Japanischen Krieges angesehen wird. Der nahende Krieg war ein Grund für die Rückkehr Buck Claytons nach Amerika, er hatte nämlich vorher in Shanghai gespielt.

Der – im chinesischen Revolutionsjahr – 1911 in Kansas geborene Wilbur „Buck“ Clayton war der bekannteste amerikanische Jazztrompeter, der in den dreißiger Jahren in Shanghai spielte. Da beide Eltern Musiker waren (und auch sangen) waren die Voraussetzungen für eine Musikerkarriere günstig; ungewöhnlich war, daß sein Vater auch als Journalist tätig war und seine Mutter als Lehrerin arbeitete. Dies war vielleicht ein Grund dafür, daß Clayton zu den wenigen Jazzmusikern gehörte, die Memoiren schrieben.  

Abreise

In den frühen dreißiger Jahren traf Clayton in Kalifornien Duke Ellington (1899-1974). Dort suchte gerade ein anderer Musiker namens Teddy Weatherford (1903-1945), der aus China kam, neue Bandmitglieder für Shanghai. Da dies die Zeit der großen amerikanischen Wirtschaftskrise war, gewannen plötzlich ausländische Auftritte an Attraktivität; so sagten Clayton und einige Kollegen zu. Dazu gehörte auch eine Sängerin, die Clayton vor der Abreise noch heiratete - Duke Ellington ist auf dem Hochzeitsphoto zu sehen. (Die Ehe überstand das Shanghai-Abenteuer nicht.)

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Schon vor den Amerikanern hatten philippinische und russische Jazzmusiker in Shanghai gespielt, waren aber nicht so hoch angesehen.

In Shanghai spielten  Buck Clayton und die „Harlem Gentlemen” zunächst im Canidrome Ballroom: „On our opening night Madame Chiang Kai-shek was there. […] She was with her sister, who insisted on learning tap-dancing.“ (Dies waren offenbar Song Meiling und Song Ailing.)

Später wechselten sie zum Casa Nova Ballroom, hier begannen sie auch, aktuelle chinesische Lieder zu spielen. Nach einigen Monaten löste sich die Gruppe langsam auf, einzelne Musiker kehrten in die USA zurück.

Rückkehr

Nach Claytons Ankunft in Kalifornien reiste er bald nach New York; nun folgten seine ersten Radio- und Schallplattenaufnahmen mit Count Basie, Lester Young und Billie Holiday (1915-1959). Nach dem Krieg spielte er auch in Europa.

1986 wurde das Buch Buck Clayton’s Jazz World veröffentlicht; der Musiker starb 1991.

In diesem Jahr wurde Billie Holidays hundertster Geburtstag gefeiert, in diesem Zusammenhang wurde Clayton auch häufig erwähnt. Auf den DVDs „The Story of Jazz“ (2011) und “Lady Day – The many faces of Billie Holiday” (2011) gibt es auch Aufnahmen von Buck Clayton, Count Basie, Lester Young und Billie Holiday.

 

Literatur:

Buck Clayton: Buck Clayton’s Jazz World, Houndmills, 1986.

Lester Young: Lester’s Be-Bop Boogie (CD).

 

Dr. Thomas Kampen

 

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Zuletzt bearbeitet von:
Letzte Änderung: 07.10.2015
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