Newsletter Februar 2008 Nr. 19

INHALT

„Wir als Sinologen haben die Verpflichtung, chinesische Literatur erst einmal bekannt zu machen!“

Volker Klöpsch studierte in Freiburg Germanistik, Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaft. Chinesisch lernte er am Studium Generale und ging von 1975 bis 1977 als einer der ersten DAAD Stipendiaten nach Peking und Shanghai. Nach seiner Promotion bei Prof. Debon in Heidelberg auf dem Gebiet Literaturwissenschaft war er als wissenschaftlicher Assistent in Bochum, als Lektor für deutsche Sprache in Taiwan und als Übersetzer tätig. Heute unterrichtet er an der Universität Köln Chinesisch. Als Übersetzer veröffentlichte er u.a. Der seidene Faden. 300 Gedichte der Tang, Lao Shes Teehaus und Stadt der Katzen; außerdem gab er das Lexikon der chinesischen Literatur (München 2004) mit herau

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Absolventenfeier

Am 8. Februar wurden bereits zum dritten Mal die AbsolventInnen des Instituts für Sinologie im Rahmen eines von SHAN organisierten Sektempfangs verabschiedet. Erstmals waren alle vergebenen Abschlüsse dabei: Bachelor, Magister und Promotion. Neben vielen guten Wünschen von Frau Prof. Mittler und Frau Prof Müller-Saini bekamen die AbsolventInnen auch eine Urkunde und den obligatorischen Heidelberger Studentenkuss.

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Workshop Berufsfelder

Im Rahmen der Alumni-Arbeit veranstaltete SHAN am 9. Februar einen Workshop zum Thema Berufsfelder für Sinologen. Während des Workshops stellten drei Absolventen des Instituts für Sinologie ihren Werdegang nach dem Studium und ihren aktuellen Tätigkeitsbereich vor.

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Asien an der Alster: Fünfzig Jahre Asienkunde in Hamburg

Vor einem halben Jahrhundert wurde - 1956 - in Hamburg das Institut für Asienkunde (IfA) gegründet und entwickelte sich schnell zur bekanntesten deutschen außeruniversitären Einrichtung der Asienforschung; fünfzig Jahre später verlor es seinen Namen und ist nun als Institut für Asienstudien (IAS) Teil des neuen German Institute of Global and Area Studies (GIGA). Im letzten Jahr des alten Instituts veröffentlichte Hans-Wilm Schütte, der viele Jahre am IfA tätig war, einen Überblick über die Geschichte des Hauses.

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Veranstaltungskalender

Ausstellung: Ursprünge der Seidenstraße

09.02.08 - 01.06.08, Museum Weltkulturen D5, Mannheim: Erstmalig außerhalb Chinas präsentiert die Ausstellung sensationelle archäologische Neufunde aus der chinesischen autonomen Region Xinjiang. Ungewöhnliche Trockenheit und ein geradezu lebensfeindliches Kontinentalklima bewahrten eine Vielzahl an Kulturgütern, die heute unschätzbaren Erkenntnisgewinn für die Forschung haben.

Vortrag: Leben mit den Buddhas

17.02.08, 15:30 Uhr, Forum 37, Heidelberg: Vortrag von Zen-Mönch und Bildhauer Gregor Rinko Stehle.

Show: Shen Yun – Chinese Spectacular

In ihrer Bühnenshow präsentieren über 100 Künstler ein kulturelles Programm mit spektakulären Bühnenbildern, chinesischen Tänzen und Gesang sowie klassischer und traditioneller Live-Orchester-Musik. Am 17.02.08 können Interessierte um 14:00 und 19:00 Uhr am Hbf Heidelberg jeweils 2 Stunden vor Beginn der Show in einen Bustransfer in die Frankfurter Jahrhunderthalle zusteigen. Anmeldung unter der Telnr. 07253-92800.


„Wir als Sinologen haben die Verpflichtung chinesische Literatur erst einmal bekannt zu machen!“

Volker Klöpsch studierte in Freiburg Germanistik, Anglistik und Vergleichende Literaturwissenschaft. Chinesisch lernte er am Studium Generale und ging von 1975 bis 1977 als einer der ersten DAAD-Stipendiaten in die Volksrepublik. Nach seiner Promotion bei Prof. Debon in Heidelberg auf dem Gebiet Literaturwissenschaft war er als Lektor für chinesische Sprache und Übersetzer tätig. Heute unterrichtet er an der Universität Köln. Zu seinen übersetzten Werken gehören unter anderem „300 Tang Gedichte“, „Teehaus“ und „Stadt der Katzen“ von Lao She, sowie das „Lexikon der chinesischen Literatur“.

 

Sie waren einer der ersten DAAD-Stipendiaten in China. Wo haben Sie damals in China studiert?

Ich war zunächst ein Jahr am ehemaligen Spracheninstitut in Peking, wo sich alle ausländischen Studierenden die notwendigen Sprachkenntnisse aneignen mussten, bevor sie anschließend auf die Universitäten verteilt wurden. Damals waren nur vier Universitäten für Ausländer geöffnet. Ich kam an die Fudan Universität in Shanghai, weil man dort am besten Literatur studieren konnte.

Es war eine aufregende Zeit, die mein Leben völlig verändert hat. Ich wusste sofort: Das lässt mich nicht wieder los! Auch wenn das erst 30 Jahre her ist, so hat man heute doch ein ganz anderes Chinabild im Hinterkopf. Meine Studenten schauen immer ein bisschen ungläubig, wenn ich Anekdoten von damals erzähle.

 

Fällt Ihnen eine ein?

Wenn man vom Spracheninstitut zur deutschen Botschaft eine Stunde über den Ring radelte, sah man in dieser Zeit vielleicht drei LKWs. Sonst waren nur Pferdefuhrwerke auf der Straße, die unter anderem die Jauche der Stadtbevölkerung auf die umliegenden Felder fuhren.

Alles war streng reglementiert, auch die Kontakte zwischen Ausländern und Chinesen. Wir mussten darum kämpfen, im Wohnheim mit Chinesen zusammen wohnen zu dürfen, und diese waren dann natürlich handverlesen. In Shanghai habe ich erlebt, dass sich im Restaurant niemand traute, sich zu einem Ausländer an den Tisch zu setzen. Einmal setzte sich ein Bauer zu mir. Nachdem ich gezahlt hatte und mich noch einmal zu ihm umdrehte wurde er schon von der Polizei abgeführt. Es war eine andere Zeit damals, zum Ende Kulturrevolution 1976.

 

Wie viel haben Sie noch von der Kulturrevolution mitbekommen?

Man bekam viel mit, vor allem die Repression und den Hass auf die Intellektuellen. Der Mann, der dort, wo ich mein heißes Wasser holte, die Kohlen schaufelte, war eigentlich Englischprofessor an der Peking Universität. Ich habe die Kampagnen miterlebt, als Zhou Enlai starb, die Demonstrationen am Tiananmen-Platz zum Qingming-Fest. Ich war dabei, als die ersten Zettel „Nieder mit der 'Viererbande'“ auslagen. Natürlich wusste kein Mensch wer die „Viererbande“ war und welche Rolle sie gespielt hatte. Meine chinesischen Freunde und Bekannte trauten sich nicht, über Politik zu sprechen.

Als wir nach China kamen, freuten wir uns auf diese Kultur und dieses Land, liefen aber ständig gegen Wände und fühlten uns immer draußen gelassen. Umso mehr freue ich mich, wenn meine Studenten heute in  China ganz andere Erfahrungen machen. Andererseits stört mich jetzt der vorherrschende Materialismus. Wir sind damals mit ganz anderen Idealen nach China gefahren. Wir wollten dieses Land auch kennen lernen, weil uns viele Dinge in unserer Gesellschaft nicht behagten. Wir wollten schauen, ob es anderswo nicht andere Lebensentwürfe gab. Insofern gab es natürlich viele Enttäuschungen.

 

Haben Sie von Anfang an Ihren Schwerpunkt auf Literatur gesetzt?

Ich persönlich habe mich immer für Literatur interessiert und auch Germanistik studiert. Das kam mir im Sinologiestudium sehr zu Gute, weil in der Sinologie meist ein großes Methodendefizit herrscht. Die Studenten lernen nie so richtig, wie wissenschaftlich gearbeitet wird, wie eine Arbeit erstellt wird und welche Methoden verwendet werden können. Insofern habe ich das Zweitstudium relativ schnell durchziehen können. Das ging aber nur, weil ich diese Zeit in China hatte, in der ich meine Texte bearbeiten konnte. Das Rüstzeuge hatte ich schon und konnte damit die Arbeit relativ schnell fertig stellen. Ich geriet dann nach Heidelberg zu Günter Debon, der unter anderem über Literaturkritik gearbeitet hat. 

 

Im Moment verdienen Sie ihr Geld mit Sprachenausbildung, aber auch mit Übersetzen. Was übersetzen Sie?

Ich habe Texte aus der Republik-Zeit übersetzt, aber auch ältere Texte wie die „300 Tang Gedichte“. Mit ein paar Freunden und Kollegen gebe ich außerdem die Literaturzeitschrift, „Hefte für ostasiatische Literatur“ heraus. Jedes halbe Jahr sind darin ein paar sowohl ältere als auch neuere literarische Texte übersetzt.

 

Nach welchen Kriterien suchen Sie aus, ob ein Text für den deutschen Leser geeignet ist oder nicht?

Das Hauptkriterium ist die literarische Qualität. Ich bin der Meinung, dass die wenigen Leute, die in Deutschland chinesischsprachige Literatur vermitteln, viel über Literatur reden, diese Literatur aber noch kaum bekannt ist. Solange noch zu wenige Leute chinesische Literatur im Original lesen können haben wir als Sinologen die Verpflichtung, diese Literatur erst einmal bekannt zu machen, bevor man Sekundärliteratur darüber schreibt. Das ist sonst nur akademisches Gerede und die Außenwirkung ist gleich Null. Meiner Meinung nach muss erst die Literatur kommen und dann die Beschäftigung mit der Literatur und nicht umgekehrt.

 

Wie interessant ist die chinesische Literatur für den deutschen Markt?

Bis in die späten 1960er Jahre wurde die moderne Literatur Chinas überhaupt nicht wahrgenommen, sondern als kommunistisch und negativ angesehen. Mao Dun wurde nur in der DDR gelesen. Erst als die erste Generation von Studenten aus China zurückkam, gab es Leute wie Wolfgang Kubin, Roderich Ptak oder Rudolf Wagner, die sich für die neuere Literatur einsetzten. Die Klassiker der Moderne wie Mao Dun, Lao She und Lu Xun sind auch für den deutschen Leser wertvoll. Vieles ist natürlich auch weniger interessant, aber ich teile nicht die Skepsis vieler Leute, die sagen, diese Texte könnten die deutschen Leser nicht rezipieren. Es gibt noch viele Schätze zu heben, beispielsweise Biographien. Das ist eine Literaturgattung, die weitgehend unerschlossen ist.

Texte aus dem älteren China übersetzt heute kaum noch jemand. Die Übersetzer können heute zum Teil kein klassisches Chinesisch mehr, weil es kaum noch gelehrt wird. In Köln schaffen wir jetzt gerade die klassische Sinologie ab. Außerdem ist Übersetzen sowieso nur eine Randerscheinung in der Sinologie. Man kann sich damit kaum seine Meriten verdienen.

 

Sie haben auch Lao She übersetzt. Was begeistert Sie an ihm?

Er zeigt ein unverstelltes Bild der damaligen Wirklichkeit, ohne aufgesetzte Propaganda. Er ist ein sehr volksnaher Schriftsteller. In „Teehaus“ zum Beispiel sieht man  die Probleme der chinesischen Gesellschaft mit ihren Widersprüche und Entwicklungen vom Kaiserreich über die Republik bis hin zum kommunistischen China. Außerdem benutzt Lao She eine sehr lebendige Sprache.

 

Welche Probleme sehen Sie beim Übersetzen?

Gerade bei jungen Übersetzern gibt es häufig das Problem, dass sie sich nicht genug vom Text lösen. Wenn man die Übersetzungen liest, wirken sie oft holprig. Bei Gedichten muss man sich immer fragen, was man darstellen möchte. Welche Form soll die Übersetzung haben, soll das Gedicht 'nur' übersetzt werden, soll es in der Übersetzung auch wieder ein Gedicht sein, oder soll die Form des Originals eingehalten werden. Übersetzen ist ein sehr empfindliches Thema, da die Leute bei Kritik oft schnell beleidigt sind.

 

Zum Abschluss möchten wir von Ihnen wissen, was Sie als scheidender Vorsitzender der DVCS einem jungen Verein wie SHAN mit auf den Weg geben möchten?

Ich war im Sommer auf dem Ehemaligentreffen in Heidelberg und hatte einen sehr guten Eindruck von SHAN. Der Verein arbeitet schon sehr professionell, beispielsweise mit dem Newsletter. Außerdem ist der Verein in das Institut integriert, was sehr wichtig ist. Problematisch ist es nur immer, entsprechende Nachfolger zu finden.

 

Herr Klöpsch, vielen Dank für das  Gespräch.

 

Das Interview führten Eva Krumbiegel und Sebastian Heindl.

 

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SHAN-Absolventenfeier am 08. Februar 2008

Bereits zum dritten Mal fand in diesem Semester die Verabschiedung der AbsolventInnen des Instituts für Sinologie im Rahmen eines von SHAN organisierten Sektempfangs statt.
Ein Novum war die Tatsache, dass zum ersten Mal alle Abschlüsse, die am Institut abgelegt werden können, vertreten waren: Bachelor, Magister und Promotion.

Bei einem Glas Sekt verabschiedeten Frau Prof. Mittler und Frau Prof. Müller-Saini die (fast alle) frisch gebackenen Alumnae und Alumni  der Sinologie und gaben Ihnen eine Vielzahl guter Wünsche mit auf den weiteren Lebens- und Berufsweg. Diese hielten sie auch auf einer individualisierten Urkunde fest, die sie den Absolventen überreichten.

SHAN schloss sich den Glückwünschen an und fügte den schon fast traditionellen Heidelberger Studentenkuss hinzu, um an die (hoffentlich) schöne Studentenzeit in Heidelberg zu erinnern. Da die Kontaktpflege zu den Alumni ein wichtiger Teil der Arbeit von SHAN ist, stellt deren Verabschiedung in Form einer kleinen Feier eine wichtige Möglichkeit dar, SHAN unseren AsbolventInnen vorzustellen und ihr Interesse an unserer Arbeit zu gewinnen.

In diesem Semester hatten insgesamt 5 von 11 AbsolventInnen hatten  ihre Teilnahme zugesagt, während die übrigen aus beruflichen (und zum Teil geografischen) Gründen leider nicht kommen konnten. Letztere werden selbstverständlich zur nächsten Feier wieder eingeladen.

 

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SHAN Workshop Berufsfelder am 09. Februar 2008

Im Rahmen der Alumni-Arbeit organisierte SHAN am vergangenen Samstag einen Workshop zum Thema Berufsfelder für Sinologen. Während des Workshops stellten drei Absolventen des Instituts für Sinologie der Universität Heidelberg  ihren Werdegang nach dem Studium und ihren aktuellen Tätigkeitsbereich vor.

Daniela Dietz hatte bis 2003 (?) in Heidelberg Moderne Sinologie und Philosophie studiert und nebenberuflich noch einen Diplom in Betriebwirtschaftslehre  darauf gesetzt. Nach ihrer Tätigkeit bei dem Wirtschaftsfachmagazin Asia Bridge nahm sie eine Stelle als Referentin beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).

Patrick Hess schloss seinen Magisterstudiengang mit Klassischer Sinologie im Hauptfach, Moderne Sinologie und Volkswirtschaftslehre als Nebenfächer 1996 ab. Seinen Berufseinstieg vollzog er über ein Trainee-Programm bei der Deutschen Bank in Heidelberg. Heute arbeitet er als Senior Expert bei der europäischen Zentralbank in Frankfurt.

Andreas van Leeuwen absolvierte nach Abschluss seines Studiums der Modernen Sinologie und Musikwissenschaft 2005 (?) zunächst ebenfalls ein Trainee-Programm im Bereich Unternehmenskommunikation, entschied sich dann aber für den Einstieg bei Direkt Sprachreisen in Heidelberg, wo er mittlerweile einer der beiden Geschäftsführer ist.

Der Austausch zwischen Absolventen und Studierenden erfolgte während des Workshops in drei Kleingruppen, in denen jeweils ein Absolvent referierte. Die Fragen, die SHAN hierbei in den Mittelpunkt gestellt hatte, lauteten: Was bringt das Studium für den Beruf mit? Was nicht? Wie schafft ein Sinologe den Einstieg in das jeweilige Berufsfeld?

Auf Grund der geringen Teilnehmeranzahl (3-6 pro Personen Gruppe) konnte sich in einer sehr entspannten, lockeren Atmosphäre eine viel intensivere und persönlichere Diskussion entwickeln als dies bei Einzelvorträgen oftmals der Fall ist. Im Anschluss daran stellte jede Gruppe die Ergebnisse vor, die sie zu den drei Fragen erarbeitet hatte (s. Abb. 1-3).

Problematisiert wurde vor allem,  dass das Sinologiestudium kaum so genannte „Hard Skills“ mit sich bringe im Gegensatz zu BWL oder Jura. Gerade deutsche mittelständische Unternehmen stellen aus diesem Grund lieber Wirtschaftswissenschaftler ein. Daniela Dietz betonte außerdem, dass mangelnde Sprachkenntnisse viele Sinologen in Augen potentieller Arbeitgeber diskreditierten. Denn es gehe doch nicht an, dass ein Absolvent der Sinologie nicht in der Lage sei, einem Personaler den Inhalt eines ihm vorgelegten chinesischsprachigen Zeitungsartikels zu erklären.  Auch Andreas van Leeuwen betonte die Wichtigkeit von Sprachkenntnissen in seiner Branche, wenn es darum gehe, vor Ort mit den Sprachschulen Verträge und Bedingungen auszuhandeln. Diese Aufgabe könne niemand durchführen, der von Land und Leuten keine Ahnung habe.

Allgemeiner Konsens war die Tatsache, dass Sinologen es am Arbeitsmarkt zwar nicht einfach haben, dass sie aber viele Qualifikationen aus dem Studium mitbringen, wie etwa Ausdauer und Analysevermögen durch das Studium selbst oder  interkulturelle Kompetenz und Einfühlungs-vermögen durch Auslandsaufenthalte. Patrick Hess kam sogar zu dem Schluss, dass Absolventen der Sinologie Heidelberg allen Grund hätten, dieses Institut mit einem gewissen stolz und Selbstbewusstsein zu verlassen.  Schließlich gehöre seines Erachtens  das Sinologiestudium in Heidelberg zu den schwersten in ganz Deutschland.

Einig waren sich die drei Absolventen auch darüber, dass über die vielfältigen wissenschaftliche Projekte am Institut oftmals die vielen anderen Studenten, die beruflich in eine andere Richtung strebten, vergessen würden. Daher sei SHAN eine gute Initiative, um in dieser Hinsicht eine gewisse Balance zu gewährleisten.

 

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Asien an der Alster: Fünfzig Jahre Asienkunde in Hamburg

Vor einem halben Jahrhundert wurde – 1956 – in Hamburg das Institut für Asienkunde (IfA) gegründet und entwickelte sich schnell zur bekanntesten deutschen außeruniversitären Einrichtung der Asienforschung; fünfzig Jahre später verlor es seinen Namen und ist nun als Institut für Asienstudien (IAS) Teil des neuen German Institute of Global and Area Studies (GIGA). Die bekannte Zeitschrift China aktuell erscheint weiterhin, allerdings nicht mehr monatlich, sondern nur noch alle zwei Monate und in kleinerem Format.

Im letzten Jahr des alten Instituts veröffentlichte Hans-Wilm Schütte, der viele Jahre am IfA tätig war, einen Überblick über die Geschichte des Hauses. Kurz davor hatte er Die Asienwissenschaften in Deutschland – Geschichte, Stand und Perspektiven (http://www.sino.uni-heidelberg.de/fachschaft/rezensionen.html) veröffentlicht, kennt sich also mit der Thematik gut aus. 

Auf etwa hundert Seiten wird eine Darstellung der Geschichte des Instituts geliefert, dazu kommen Photos der Direktoren, Listen von Angestellten und Publikationen, sowie Auszüge aus Dokumenten und Statistiken.
Die Blütezeit erlebte das IfA in den sechziger und siebziger Jahren, als die sinologischen Institute der Universitäten noch stärker klassisch ausgerichtet waren und sich die späteren Konkurrenten -  SWP in Bayern und BIOST in Köln – noch mehr auf Europa konzentrierten. Der Umzug von Bundesregierung, SWP und BIOST nach Berlin und die sich verschlechternde finanzielle Situation haben die Hamburger Institutionen sehr belastet; weitere Probleme entstanden durch den Internetboom, der den kostspieligen Druck und Vertrieb wissenschaftlicher Publikationen in Frage stellte.

Das Institut hat nicht nur mehrere Zeitschriften und Jahrbücher veröffentlicht, sondern auch etwa 400 Bände der Mitteilungen des Instituts für Asienkunde; viele dieser Werke waren überarbeitete Magisterarbeiten und Dissertationen, also Produkte der Universitäten. Es ist bedauerlich, daß diese Reihe nun auch eingestellt wurde.

Am Institut für Asienkunde haben viele Wissenschaftler gearbeitet, die später Universitätsprofessuren wurden, wie die Sinologen Tilemann Grimm (Tübingen) und Helmut Martin (Bochum). Gleichzeitig gingen Sinologieabsolventen vieler Unis – wie die Heidelberger Stefan Friedrich und Heike Holbig – zum IfA. Die frühere stellvertretende Direktorin Brunhild Staiger, die in Hamburg sowohl an der Herausgabe des alten China-Handbuchs und des neuen China-Lexikons beteiligt war, ist heute Präsidentin der EUROPEAN ASSOCIATION OF CHINESE STUDIES (http://www.soas.ac.uk/eacs/).

Insgesamt wird die Entwicklung des Instituts in diesem Buch knapp und informativ dargestellt. Obwohl der Band von einem Insider stammt, gibt es nichts brisantes, geheimes oder spannendes; die Darstellung ist auch nicht analytisch oder kritisch, sondern rein deskriptiv. Von einem Autor, der sowohl das IfA als auch die deutschen Universitäten gut kennt, hätte man mehr Informationen über die Rolle außeruniversitärer Einrichtungen und ihr Verhältnis zu den Universitätsinstituten erwartet. Auch über die „Politikberatung“, die Beziehungen zu Ministerien und Parteien und die Konkurrenz mit der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) hätte man gern mehr erfahren. (Siehe Interview mit Sebastian Bersick: http://www.sino.uni-heidelberg.de/alumni/newsletter/07-12/interview_bersick.htm)

Hans-Wilm Schütte: Fünfzig Jahre Institut für Asienkunde in Hamburg (Hamburg: Mitteilungen des Instituts für Asienkunde 398, 2006) 180 pp. ISBN 3-88910-330-8. 20 Euro


Dr. Thomas Kampen

 

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Zuletzt bearbeitet von: AF
Letzte Änderung: 04.12.2014
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