Taiwan Lecture Series - Winter Term 2017/18

Date: 16.2.2018
 
Zauberflöten in Ost und West

Konzert mit dem taiwanesischen Flötisten Chun-Sheng Chen und dem deutsch-taiwanesischen Trio Piazzolla.

Lecture video

Information:

Worum geht es? Die europäische Tradition kennt viele Geschichten von der Zauberkraft der Musik: Mit seinem Gesang und seinem Spiel auf der Lyra bezaubert Orpheus Menschen, Tiere, Steine und Bäume. Er singt so schön, dass er nicht nur das wütende Meer und seine Feinde, ja sogar die Götter der Unterwelt bezwingen kann. Der Rattenfänger von Hameln fängt mit seiner Flöte zunächst die Mäuse und Ratten und schließlich die Kinder der Stadt ein. Auch in China ist der Glaube an die unbezwingbare Macht und Zauberkraft der Musik (und der verrückten Flöten aus Zheng und Wei) weit verbreitet. War die “Gelbe Glocke” verstimmt, so konnte das zum Untergang des Reiches führen. Kein Wunder also, dass jeder chinesische Herrscher nicht nur peinlich darum bemüht war, den Kammerton auf die rechte Höhe zu bringen…. Musik hat also Macht, im Guten und im Schlechten, wobei gerade die bezaubernde, aber auch verzaubernde, verzauberte Flöte in Ost wie West eine nicht immer eindeutige Rolle spielt. Die Klänge der Flöte, geschaffen aus der Natur, die aus der Kraft der Luft, des Windes sich speisen und Vogelstimmen imitieren können, sind einerseits Sinnbild für Harmonie und Ruhe (nicht nur das idyllische Arkadien), sie stehen aber auch für (staats- und lebens-) gefährdende Sinnen- und Wolllust, den bacchantischen Rausch, der bis zur Hybris reicht und damit verbunden, für Leid und Melancholie. All dies wird in unserem Konzert zum Klingen kommen. Das Konzert ist Teil eines Projekts am Institut für Sinologie in Heidelberg—“Taiwan lesen, Taiwan leben, Taiwan verstehen”—und bildet den 2. Teil einer Reihe, die mit “Taiwan trifft Tango” vor vier Jahren begonnen hat. Damals hatte das Trio Piazzolla mit dem Chin Yuan Orchester aus Taiwan einen ersten Versuch gemacht, in einer solchen musikalischen Begegnung—bei gemeinsamen Proben und Konzerten in Taiwan und in Deutschland—diese Ideen, Taiwan zu lesen, zu leben und zu verstehen kreativ umzusetzen, indem sie einen transkulturellen musikalischen Dialog eröffneten zwischen ganz unterschiedlichen musikalischen Materialien, Praktiken, Instrumentarien, die einander mal fern und unbegreiflich, mal Spiegel und Echo sein können und in deren oft auch durchaus dissonantem, agonistischem kreativem Zusammenspiel ganz neue Klänge und Ideen entstehen können. Klaus Hinrich Stahmer hat nicht ohne Hintergedanken sein für dieses Konzert neu komponiertes Werk 聽音 (Hör auf den Klang) betitelt: Ich verspreche Ihnen bezaubernd(e) neue Klangerlebnisse, die wir einleiten damit, dass die Musiker Ihnen die besonderen Techniken und Effekte der chinesischen und der europäischen Flöten, die Sie hören werden, in einer Einführung vor dem Konzert erläutern werden. Lassen Sie sich verzaubern!

Zuletzt bearbeitet von: SV
Letzte Änderung: 05.10.2018
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