Home >

110 Jahre Dietrich Seckel

Dietrich Seckel, Mein Haus in Urawa, April 1939
Dietrich Seckel, Mein Haus in Urawa, April 1939, © Dietrich Seckel Archiv, Signatur: ds_fa_0913

Gründer der akademischen Disziplin "Kunstgeschichte Ostasiens" in Heidelberg

Am 6. August 2020 wäre der Gründer der Ostasiatischen Kunstgeschichte in Heidelberg, Prof. Dr. Dietrich Seckel, 110 Jahre alt geworden.

Nach seinem Studium der Germanistik und der Europäischen Kunstgeschichte an der Friedrich-Wilhelms-Universität (heute: Humboldt-Universität) zu Berlin ging Seckel 1936 als junger Mann und frisch gebackener Doktor der Germanistik nach Japan, um dort als Deutschlektor und Dozent für deutsche Literatur zu lehren. Er unterrichtete an mehreren japanischen Schulen sowie der Kaiserlichen Universität in Tokyo. Seine Reisen, Beobachtungen und Erfahrungen mit dem japanischen Bildungssystem sowie seine alltäglichen Erlebnisse in dieser für ihn fremden Kultur und Umgebung hält er in langen Briefen an seine Mutter fest. Diese Sammlung persönlicher Eindrücke wurde von Historiker Hans-Joachim Bieber transkribiert, kommentiert und und jüngst in dem von ihm herausgegebenen Band, Dietrich Seckel: Berichte aus Japan: Briefe an seine Mutter: Hiroshima 1936 bis Tokyo/Urawa 1941 (München: Iudicium, 2020) veröffentlicht.
Seckel entdeckt seine Leidenschaft für die japanische Kunst und beginnt erste Artikel über Besonderheiten der japanischen Architektur und deren kulturelle Hintergründe zu verfassen. Auf seinen Ausflügen und Reisen ist dabei seine Kamera stets ein treuer Begleiter. Es entstehen zahlreiche Schwarzweiß-Aufnahmen, die sein Leben vor Ort, seine Begegnungen und architektonische Umwelt dokumentieren. Das Institut für Kunstgeschichte Ostasiens hat diese Aufnahmen 2015 in einem Digitalisierungsprojekt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In ihrer Masterarbeit, Japan durch die Augen eines deutschen Kunsthistorikers gesehen: Die Fotografien von Dietrich Seckel, 1936-1942 (Heidelberg: arthistoricum, 2016), analysiert Anne-Laure Bodin die Fotos im Kontext ihrer Entstehung und erklärt ihre kunsthistorische Einordnung.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1946 habilitierte sich Seckel zwei Jahre später in der Kunstgeschichte Ostasiens, ein Fach, das als solches in Deutschland noch nicht etabliert war. Unmittelbar danach wird er Privatdozent am Kunsthistorischen Institut der Universität Heidelberg. Seine dort beginnende Lehrtätigkeit legt den Grundstein für die institutionelle Etablierung der Kunstgeschichte Ostasiens als eigenständiges Fach. 1957 gründet Seckel die Abteilung Ostasiatische Kunstgeschichte im Kunsthistorischen Institut der Universität Heidelberg und leitet diese bis zu seiner Emeritierung 1976. Neun Jahre später, 1965, wird er zum Ordinarius berufen. Zu diesem Zeitpunkt ist Heidelberg die einzige spezialisierte Forschungs- und Ausbildungsstätte für Kunstgeschichte Ostasiens in Deutschland. Seine zahlreichen SchülerInnen, darunter Doris Croissant, Lothar Ledderose und Helmut Brinker sorgten durch ihre zahlreichen Publikationen und Ausstellungsaktivitäten für eine internationale Anerkennung der Kunstgeschichte Ostasiens.

Dietrich Seckel
Dietrich Seckel, © Ingeborg L. Klinger

Mit seinen Veröffentlichungen zu Buddhistische Kunst Ostasiens (Stuttgart, 1957) sowie den Standardwerken Einführung in die Kunst Ostasiens (München, 1960) und Das Porträt in Ostasien (3 Bände, Heidelberg, 1997–1999) prägte Seckel maßgeblich das Fach. Stets seinen Interessen und seiner Neugier folgend erarbeitete er sich mit Ehrgeiz und Gewissenhaftigkeit neue Themenbereiche und genoss nach kürzester Zeit einen Ruf als renommierter Wissenschaftler und fördernder Lehrer.
Das Institut für Kunstgeschichte Ostasiens ist stolz, eine solch einzigartige Persönlichkeit seinen Gründungsvater zu nennen und blickt mit Dankbarkeit und Wertschätzung auf das Lebenswerk eines ganz besonderen Forschers und Menschen. Noch heute wacht der Geist Seckels, auch im CATS, in physischer Form seines ehemaligen Reisekoffers über das Institut und inspiriert MitarbeiterInnen sowie Studierende zu ihrem Einsatz für die Zukunft wegweisender Forschung und Lehre.

Text: Susann Henker, Melanie Trede

Erinnerungen

先生の愛用されていた机などのこと 思い出します。まだ図書室にあるのでしょうか。
だいぶ昔に 先生の 朝鮮絵画の特質 というご論文を日本語に訳したことが
ありました。一部 わからないことろあったので お手紙をさしあげました。
丁寧な返信をいただいたこと 思い出します。当時は手紙を送受信していたの です。
Das lässt mich an seinen geliebten Schreibtisch u.a.m. denken. Ob dieser wohl noch in der Bibliothek ist?
Vor geraumer Zeit habe ich einen Aufsatz von ihm über Besonderheiten der koreanischen Malerei ins Japanische übersetzt. Dabei verstand ich eine Stelle nicht und schrieb ihm einen Brief. Ich erinnere mich, dass er sehr freundlich und genau geantwortet hat. Damals haben wir noch Briefe geschrieben.

Michio Yonekura (Sophia University, Tokyo)
2. Ishibashi Foundation Gastprofessor am IKO (Wintersemester 2005/06)

 

I think of my days in Heidelberg, especially a brief friendship I enjoyed with Professor Seckel. He had earlier a connection with the school I had attended in Tokyo. My German teacher at the Seikei University in Kichijoji, was Professor Seckel’s first student at Tōdai (University of Tokyo).

Yoshiaki Shimizu (Princeton University)
ehemaliger Gastprofessor am IKO (Sommersemester 1992)

 

Auch ich werde ihn immer in sehr guter Erinnerung behalten. Ich habe ja damals drei Oral-History Termine losgetreten, an denen Studenten ihn über seine Zeit in Japan interviewt haben, was sehr beeindruckend war. Und am Tag der Abgabe meiner M.A.-Arbeit im Jahr 2006 war ich natürlich mal wieder viel zu spät dran und stand schwitzend im Copy-Shop in der Sandgasse in der Schlange und vor mir war Herr Seckel. Er flirtete unverblümt im zarten Alter von 96 mit den auch schon nicht ganz unbetagten Damen am Counter, die ihn wohl schon seit Dekaden kannten, und antwortete auf die initiale Frage hin, wie es ihm gehe: "unverschämt gut". Haha. Toll, dass seine Fotos digitalisiert wurden und dass dieser Band mit seinen Briefen nun erschienen ist.

Jan Schmidt (Katholieke Universiteit Leuven)

 

 

Verantwortlich: SH
Letzte Änderung: 04.09.2020
zum Seitenanfang/up