Newsletter-Archiv: Juli 2016

Aufruhr um Pema Tseden
 

Seit Ende letzter Woche ist die chinesische und tibetische Filmcommunity außer sich: Der tibetische Regisseur Pema Tseden (Wanma Caidan 万玛才旦) wurde - wohl wegen einer Auseinandersetzung um Gepäck - am Xining-Flughafen  ind er Provinz Qinghai festgenommen und am folgenden Montag ins Krankenhaus gebracht. Der preisgekrönte Regisseur, bekannt durch neuere Filme wie Old Dog (Khyi rgan, 2011) oder Tharlo (2015), gilt als der Gründer des tibetischen Kinos. Mit filmischen Kommentaren zu seiner Heimat und der tibetischen Gesellschaft  erlangte der Filmemacher auf internationalen Filmfestivalbühnen wie in Hongkong, Venedig und Sydney hohen Bekanntheitsgrad. Eine Besonderheit des in China lebenden und arbeitenden Tseden (er studierte auch an der Beijing Film Academy): Seine Geschichten individueller Schicksale bringt er in tibetischer Sprache auf die internationalen Leinwände.
Nachdem bis jetzt noch keine Aussage der Polizei über den Vorfall vorliegt, werden die öffentlichen Stimmen im diesem Zusammenhang um die politiche Lage Tibets wieder lauter. Pema Tseden scheint ersten Berichten zufolge wohlauf im Krankenhaus.

Im Juni kam das tibetische Kino auf seine Kosten: Während des 19. Shanghai International Film Festivals (SIFF) gewann der Film De Lan (德蘭，2015) des chinesischen Regisseurs Liu Jie 劉杰 den Golden Goblet Award. Der Arthouse-Film spielt in der tibetischen Region im Norden Yunnans in den 1980er Jahren und handelt von Xiao Wang, einem jungen Han-Chinesen, und seiner Bekanntschaft mit De Lan, einem tibetischen Mädchen des Dorfes. Zwischen ethnischen und politischen Spannungen spinnt  Liu die Liebesgeschichte des unwahrscheinlichen Paares vor dem Hintergrund der einfachen Verhältnisse des Bergdorfs. 
Das SIFF brachte auch dieses Jahr eine stetig wachsende Zahl an internationalem Talent in die Kulturmetropole, so zum Beispiel  Regisseur Ang Lee, britische Schauspielerlegende Sir Ian McKellen und auch den oben thematisierten Pema Tseden als Jurymitglied. Nicht zuletzt wurden auch zukünftige Unternehmungen in Richtung E-commerce und Internetfilme in verschiedenen Foren heiß diskutiert, u.a. auch durch Vertreter des Wanda-Unternehmens und des chinesischen Filmverleihs.

Nachrichten +++ Das diesjährige chinesische Filmfestival in England, nun das China-Britain Film Festival, ist gerade in London zuende gegangen. Es strebt vor allem eine engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern an +++ Das erste Canada China International Film Festival (CCIFF) soll im September in Montreal, der Partnerstadt von Shanghai, stattfinden +++ Das Studio Babelsberg wird nun eng mit der Shanghai Film group zusammenarbeiten und nach China expandieren. Es geht vor allem um die Ausbildung und Modernisierung der chinesischen Studios und ein zusätzliches, reichhaltiges Netzwerk für das traditionsreiche deutsche Studio aufzubauen. +++ 

 
Heute möchte ich zu guter Letzt mal ein Update zu neuen Anschaffungen in der Filmbibliothek an die LeserInnen tragen. Zum Beispiel haben wir endlich den Berlinale-Gewinner Feuerwerk am hellichten Tage (白日焰火, 2014) von Diao Yinan 刁亦男, der als dunkler, konfus inszenierter Thriller das Publikum perplex und erschaudert zurücklässt. Oder wie wäre es sonst mit Zhang Yimous lang ersehnten Klassiker A Woman, a Gun and a Noodle Shop (三枪拍案惊奇, 2011), bei dem auf groteske und humorvolle Weise ein Mordplan nach dem anderen schiefläuft. 

Die neusten Katalogeinträge könnt ihr auch gerne auf unserem Filmportal nachschauen!