Deutsche Sinologen auf der Insel Formosa

In den fünfziger Jahren reisten westdeutsche Diplomaten, Geschäftsleute und Journalisten – trotz fehlender diplomatischer Beziehungen und Kriegsrecht auf die Pazifikinsel, bald darauf folgten die Sinologen. Zu den frühen Besuchern gehörte Hermann Kogelschatz, von Amerika reiste auch der Potsdamer Wolfram Eberhard an.  
 
Über Eberhard steht in einem Nachruf:
„1958 war er in Burma, 1960 in Afghanistan, Korea und Taiwan, wo er das Erziehungswesen, bzw. die Familienplanung (Taiwan) untersuchte. Zu Taiwan unterhielt er enge Beziehungen, und er lehrte regelmäßig an der National Taiwan University. “
(H. Walravens, in: Oriens Extremus, 1990, Heft 2, S. 7)
 
Wolfram Eberhard, der schon in den dreißiger Jahren China besucht hate, galt damals als Vorbild und war mit dem damaligen Heidelberger Professor Wolfgang Bauer befreundet, bei dem L. Ledderose und R.G. Wagner studierten.
Auf einer Tübinger Seite ist über Hermann Kogelschatz zu lesen:
 
„1963 – 1965 reguläres Studium der chinesischen Geschichte, Literatur und Philosophie an der National Taiwan University in Taipei (Stipendium des Kultusministeriums der R.O.C.). Deutschlehrer am Deutsch-chinesischen Kulturinstitut, am Zentrum für europäische Sprachen des Kultusministeriums sowie im Erziehungsprogramm des staatlichen Fernsehens.“
 
Kogelschatz hat auch in Heidelberg studiert und kannte Helmut Martin, der bald auf die Insel flog:
 
„wurde 1966 Assistent am Sinologischen Seminar in Heidelberg und ging mittels eines Stipendiums für weitere Forschungsarbeiten zu Li Yu für drei Jahre nach Taiwan.“
 
Helmut Martin war der Nachfolger von Alfred Hoffmann in Bochum, bei dem Wilfried Spaar studiert hatte:
 
„Wie lange waren Sie dann in Taipei?
WS: Fünf Jahre. Nach einem Jahr hab ich dort dann einen Job bekommen, an der Shida [Guoli Taiwan Shifan Daxue 國立臺灣師範大學], die haben mich dort zum Prof. gemacht. Zwar nicht für Chinesisch, aber für Sprachwissenschaft. Und das Schöne war dann, ich war dort zuständig für Deutsch, für die Ausbildung der Musiker, denn die Studierenden der Musikwissenschaften mussten dort Deutsch lernen sowie die Juristen, diese mussten ebenfalls Deutsch lernen. Das war ganz lustig. Nebenher war ich noch zuständig für Latein. Ich habe also auf Chinesisch Latein unterrichtet.
An der Shida bin ich auch erstmal geblieben, ich hatte meinen Job an der Shida was ganz schön war und hatte dadurch sozusagen ein ökonomisches Standbein wodurch ich nebenbei machen konnte was mir Spaß machte. Meistens mit dem Motorrad durchs Gebirge fahren oder irgendwelche Berge besteigen. Das war damals etwas schwierig, zu der Zeit als das Land ja offiziell noch unter Militärregierung stand, waren topographische Karten noch verboten.“
(Ausschnitt aus Interview mit Dr. Wilfried Spaar am 12. Juli 2018, Teil 2)
 

BIld 154 Formosa
 
Im Jahr 1895 wurde das Konsulat des Deutschen Kaiserreichs in Taipeh in Twatutia (大稻埕) errichtet. An Stelle des Konsulatsgebäudes befindet sich heute die Municipal Zhongxiao Junior High School, an der das Deutsche Institut Taipei nun eine Gedenktafel anbringen ließ.

 
Dr. Thomas Kampen
 

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Letzte Änderung: 24.02.2021
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