Newsletter Oktober 2013 Nr. 73

INHALT

SHAN Schulteam - Von der Theorie in die Praxis

Gefördert durch die Bosch Stiftung floriert das SHAN Schulteam. Nun gibt es in Heidelberg und Mannheim fünf neue China AGs an zwei Grundschulen und drei Gymnasien. Was alles zur Mitarbeit im Schulteam gehört und wie die ersten Stunden an einer Grundschule verlaufen berichtet Kira Hülshoff.

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Sozialer Abstieg und Aufstieg - Bo Xilai, Xi Jinping und ihre Väter

Wer waren eigentlich die Väter der beiden hohen Karder, die nun ein so unterschiedliches Schicksal erleben? Wie wächst man als Kind hoher Parteikarder auf und welche Parallelen tun sich in der Wahl der Frauen auf? Thomas Kampen schreibt die Biographien vierer Kader aus Perspektive deren Vater-Sohn Beziehung.

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Sprachkolumne - Liebesgeständnisse zum Abitur

Ein Abiturient gesteht einer Mitschülerin seine Liebe und sie fordert ihn auf die Aktion zu wiederholen, sobald er es auf die Tsinghua geschafft hat. Das Chatprotokoll zweier Mitschüler erweist sich als kryptischer Dialog.

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SHAN Schulteam - Von der Theorie in die Praxis

„Warum haben die Chinesen Mandelaugen?“, „Wieso sprechen die so komisch?“, „Essen die alle mit Stäbchen?“, so oder ähnlich wurden die AG Leiter des SHAN Schulteams zu Beginn dieses Schuljahres von ihren Klassen begrüßt. Große Kulleraugen starrten gespannt an die Tafel und wollten Neues über die chinesische Kultur und vor allem die chinesische Sprache „mit den vielen lustigen Zeichen“ lernen.

Seit der Gründung von SHAN im Jahr 2006 ist die Schulinitiative fester Bestandteil des Vereins. Nun wird die Initiative "China an die Schulen", die in Kooperation mit dem Konfuzius-Institut Heidelberg durchgeführt wird, wieder von der Robert Bosch Stiftung gefördert und gewinnt an Fahrt. Nachdem im letzten Semester einige Projekttage stattgefunden haben, unterrichten in diesem Schuljahr didaktisch geschulte Studenten der höheren Semester an zwei Grundschulen und drei weiterführenden Schulen im Rhein-Neckar-Kreis.

Da China global an Bedeutung gewinnt, soll den Kindern und Jugendlichen im Alter von ca. 8 bis 18 Jahren nicht nur die chinesische Sprache näher gebracht werden, sondern auch landeskundliche Elemente, die zum Verständnis des ostasiatischen Raums notwendig sind. Daher erarbeiten die Mitglieder des SHAN Schulteams eigenhändig Module und stimmen diese direkt auf ihre AGs und Projekttage ab, um so dem Lernverhalten der Grundschüler, sowie auch dem der Jugendlichen aus der Oberstufe gerecht zu werden. Diese Module werden, sobald sie ausführlich erprobt sind, auf der Website des Schulteams veröffentlicht und können so von anderen Lehrern eingesehen und im Unterricht genutzt werden: http://wiki.sino.uni-heidelberg.de/

Neben den China AGs, die langfristige Kooperationen mit den lokalen Schulen aufbauen, bietet das Schulteam in Kooperation mit dem Konfuzius Institut weiter Projekttage an. Diese werden auf Anfrage von Schulen veranstaltet. Während in den China AGs die Sprache im Vordergrund steht, werden in den Projekttagen in Abstimmung mit den Lehrern und dem spezifischen Lehrplan der Klassenstufe chinesische Geschichte, Wirtschaft, Politik, und Diverses mehr behandelt. Auch diese Module werden veröffentlicht.

Damit die AG und Projekttagsleiter auch didaktisch weiter geschult werden, finden Fortbildungen statt. So besuchten z.B. drei Mitglieder des SHAN Schulteams im September 2013 die Jahrestagung des Fachverbandes Chinesisch e.V. in Berlin. Dort wurden in Workshops alternative Lernformen, wie kooperatives Lernen oder Elearning, erarbeitet. Und in Berlin trafen sie Lehrer, die Inhalte der obigen Website in ihrem Unterricht nutzen.

Der Weg von der Theorie in die Praxis ist für die AG Leiter des Schulteams eine neue Herausforderung und wertvolle Erfahrung. Einige Grundschüler überraschen die SHAN-Mitglieder mit ihrem Erinnerungsvermögen. Simple Piktogramme können sie sich in Windeseile merken und eigenständig aufzeichnen. In anderen Klassen sind die Schüler so begeistert von ihren neuen chinesischen Namen, dass diese sich in kürzester Zeit etablierten und im Unterricht verwendet werden. Die Mitglieder des SHAN Schulteam freuen sich über solch positive Reaktionen und sind so motiviert den Schülern immer wieder die Frage „中国是什么?“ zu beantworten.

加油! 

 

Kira Hülshoff

 

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Sozialer Abstieg und Aufstieg

Bo Xilai 薄熙来  und Xi Jinping 习近平  –  die Söhne von Bo Yibo 薄一波 und Xi Zhongxun 习仲勋

Im Oktober 2013 erlebte die Familie Xi einen Höhepunkt ihrer Geschichte, die Familie Bo einen Tiefpunkt:

Der 100. Geburtstag von Xi Jinpings Vater Xi Zhongxun (1913-2002) wurde Mitte des Monats bombastisch gefeiert – das Urteil gegen Bo Xilai wurde von einem Gericht am 25.10. bestätigt.

Gleichzeitig eskalierte der Kult um die Frau des neuen Parteichefs Peng Liyuan 彭丽媛, während Bos Gattin Gu Kailai 谷开来 in letzter Zeit in den Medien als „nicht zurechnungsfähig“ dargestellt wird – manches erinnert hier an den „Viererbanden-Prozeß“ vor über dreißig Jahren. Xi Jinping erwähnt Mao Zedong öfter als seine Vorgänger dies in den letzten zwei Jahrzehnten taten, auch der etwas altmodische – von Hu Jintao nicht geschätzte – Kampagnenstil ist wiederbelebt worden.

Bemerkenswert ist, dass die beiden Väter Bo Yibo (1908-2007) und Xi Zhongxun der gleichen Generation angehören, auch der Altersunterschied zwischen Bo Xilai (*1949) und Xi Jinping (*1953) ist gering. Eine weitere Ähnlichkeit besteht darin, daß beide Familien aus den nördlichen Provinzen stammen und alle keine nennenswerte Auslandserfahrung besaßen. Während die beiden Väter die dramatischen Kriegs- und Bürgerkriegszeiten  erlebten, kennen die Söhne nur die Volksrepublik China. Da die Väter nach 1949 meist in Beijing arbeiteten, wuchsen die Söhne auch in der Hauptstadt auf.

Die beiden Väter waren mehr als zwanzig Jahre jünger als die Gründer der KP und spielten in der frühen Parteigeschichte keine Rolle – 1921 waren beide noch Kinder. Da die frühen Kommunisten meist aus Ost- und Südchina stammten, waren die Nordchinesen bis zum Langen Marsch nur Randfiguren; für Bo Yibo war auch ein – etwa fünfjähriger  – Gefängnisaufenthalt in den dreißiger Jahren karrierehemmend. Daher gehörten beide 1949 noch nicht zur Parteiführung, waren jedoch schon einflußreiche Funktionäre. Die Nordchinesen profitierten auch davon, daß Beijing zur Hauptstadt der VR erklärt wurde; die Südchinesen kannten sich hier wenig aus und hatten auch Sprachprobleme; außerdem wurden sie in den Gründungsjahren in den südlichen Provinzen gebraucht.

 

 

Die Generation der Kinder wuchs oft – unabhängig von der Familienherkunft – in Beijing auf und sprach in der Regel besser Hochchinesisch als die Eltern. Da in der Hauptstadt nur wenige Schulen und Universitäten zur Auswahl standen, trafen sich die Kaderkinder schon frühzeitig. Unterschiedliche Herkunft und Dialekte trennte die Elterngeneration, während gemeinsame Schul- und Universitätsbesuche die jüngere Generation verband. Allerdings wirkten sich Status- und Fraktionskonflikte auch auf die Jüngeren aus; in verschiedenen Kampagnen – und vor allem während der Kulturrevolution – bekämpften sich die Kinder verfeindeter Funktionäre. In manchen Fällen gab es jedoch auch überraschende Freundschaften und Ehen. Die Väter wurden beide in den sechziger Jahren kritisiert und abgesetzt, Xi Zhongxun traf es früher, aber er wurde auch früher rehabilitiert und stieg dann ins Politbüro auf.  (Xi Zhongxun profitierte vielleicht von guten Beziehungen zu Mao Zedong; Bo Yibo wurde seine Nähe zum Staatpräsidenten Liu Shaoqi übel genommen. Bo Xilai und eine Tochter Liu Shaoqis gingen in die gleiche Schule.)

Bo Xilais erste und zweite Frau stammen beide – wie er – aus der Provinz Shanxi und beide sind Töchter bekannter Parteifunktionäre. Xis erste Frau soll eine Diplomatentochter aus Guangdong gewesen sein. Die Sängerin Peng Liyuan, die Tochter einer Schauspielerin, stammt aus Shandong; da ihre Familie Verwandte in Taiwan hat, bekam sie in der Kulturrevolution Probleme. Xi Jinping arbeitete in den achtziger Jahren in der Provinz Fujian und hat seine zweite Frau offenbar in Xiamen geheiratet. (Es wird manchen Chinesen nicht entgangen sein, daß Maos letzte Frau Jiang Qing auch eine Schaupielerin aus Shandong war.)

Xi wurde schon 1974 Parteimitglied, der ältere Bo Xilai erst 1980. (Der Status von Xi Zhongxun war in dieser Zeit immer besser als der von Bo Yibo.) Auf dem 16. Parteitag (2002) wurden beide Söhne in das Zentralkomitee gewählt. Kurz zuvor war Xi Zhongxun gestorben, Bo Yibo starb fünf Jahre nach ihm.

 

Literatur:

Bo Yibo wenxuan, Beijing, 1992.

Jia Juchuan: Xi Zhongxun zhuan (shang), Beijing, 2008.

Nan Fanglong: Taizidang meng zhu zhi zhan, Honkong, 2009.

Wu Ming: Xi Jinping zhuan, Hongkong, 2008.

 

Dr. Thomas Kampen

 

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Sprachkolumne - Liebesgeständnisse zum Abitur

Die gaokao, das chinesische Abitur, ist nun vorüber – sogar in Deutschland hat das Semester nun wieder begonnen. Aber für einen mutigen chinesischen Jungen wird sein gaokao Ergebnis noch mehr bedeutet haben als für andere: Er gestand ein paar Wochen vor der gaokao einer Mitschülerin seine Liebe und erntete eine Postkarte – die er ins Internet postete. Dort kann nun jeder lesen, wie seine Angebetete ihm antwortete: „In ein paar Tagen ist gaokao, ich werde es bestimmt auf die Tsinghua schaffen. Warten wir, ob du es geschafft hast – dann sehen wir weiter!“ Ich habe aus allerlei Gepflogenheiten und ungehobelten Ausdrucksweisen einen fiktiven Chat-Dialog zweier weiterer Mitschüler geschrieben. Die Tabelle darunter lässt euch die Bedeutung langsam erschließen. Viel Spaß beim raten! 886!


A: 7456
B: 神馬
A: 有TX向恐龍表白!

B: 真雷人! PF

A: BC, 甭 PF

B:為毛

A: 說:520320179 ……

B: 太肉麻了!

A: 她發明星片說:等你考上清華吧!

B: = =

A: 9494

B: 太TNND不給力!

A: 有木有!!!!

B:靠

A:但網民 - 32個讚

B: 醬紫……

A:哎……886

B: 貝貝

 

Den Schlüssel zu den vielen Zahlen und Andeutungen findet ihr hier: http://baike.baidu.com/view/47549.htm

 

Übersetzung:

 

A: Ich sterbe vor Wut!

B: Wasn los?

A: Ein Mitschüler hat dem viel zu gutaussehenden Mädchen in unserer Klasse ein Liebesgeständnis gemacht! 

B: Wow, bewundernswert!

A: Dummkopf, brauchste nicht bewundern

B: Warum?

A: Er meinte: Ich liebe dich, liebe dich so – möchte mit dir gehen… 

B: Da kriegt man ja ne Gänsehaut! 

A: Sie hat ihm eine Postkarte geschrieben: Warte bis du es auf die Tsinghua geschafft hast, dann schauen wir weiter! 

B: *da kann man nix machen* 

A: Genau!

B: Das ist fucking unmotivierend! 

A: Aber echt!

B: Fuck 

A: Aber die netizens liken es voll. 

B: So siehts aus… 

A: Tja, Byebye 

B: Byebye

 

 

Odila Schröder

 

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Zuletzt bearbeitet von: AF
Letzte Änderung: 04.12.2014
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