Newsletter Oktober 2009 Nr. 36

INHALT

Interview mit Professor Joachim Kurtz

"Machen Sie sich nicht von Moden abhängig!"
Seit Juli ist Joachim Kurtz Professor of Intellectual History am Exzellenzcluster "Asia and Europe in a Global Context". Mit SHAN sprach er über seine Laufbahn, seine Aufgaben am Cluster, und die Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Universitäten.

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Praktika bei Lifetime Trading Ltd. und Deutschland und China - Gemeinsam in Bewegung

Katja Modis wollte sich bei einem Praktikum in China einen Einblick in die Arbeitswelt verschaffen - und wurde zunächst enttäuscht. Glücklicherweise war ihre Zeit bei Deutschland und China - Gemeinsam in Bewegung (DuC) fruchtbarer. Unter anderem hat sie gelernt, dass man ein unbefriedigendes Praktikum nicht unbedingt bis zum bitteren Ende durchziehen muss, und dass der Weg zum Traumjob manchmal über Umwege führt...

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Chinesische Trotzkisten in Europa: Liu Renjing, Wang Fanxi und Zheng Chaolin

Vor achtzig Jahren gab es in der KP Chinas - wie in anderen Kommunistischen Parteien - heftige Konflikte zwischen den Anhängern Stalins und Trotzkis. Viele Jahre nach diesen dramatischen Ereignissen sind die Erinnerungen einiger Überlebender in chinesischer, englischer und deutscher Sprache erschienen. Dr. Thomas Kampen hat in den Büchern nicht nur Informationen über die frühe Geschichte der KP Chinas und Interpretationen, die sowohl von westlichen als auch von offiziellen VR-chinesischen stark abweichen, gefunden, sondern lobt auch die gute Lesbarkeit der Bücher.

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Der besondere Gang in Heidelberg

Im Juli kamen Professoren, Mitarbeiter und Studenten des Instituts für Sinologie zur öffentlichen Direktoriumssitzung zusammen. Für alle, die nicht dabei waren, hat SHAN die wichtigsten Themen zusammengefasst.

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Interview mit Professor Joachim Kurtz: "Machen Sie sich nicht von Moden abhängig!"

Joachim Kurtz interessierte sich während seines Studiums in Hamburg, Berlin und Peking neben der Sinologie vor allem auch für die Philosophie. Nach seinem Magisterabschluss arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Göttingen und im Forschungsprojekt „Wissenschaftssprache Chinesisch“ in Erlangen. Nach einer Postdoc-Stelle in Princeton lehrte Kurtz sechs Jahre lang an der Emory University in Atlanta. Seit Juli 2009 ist er „Professor of Intellectual History“ am Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“.


Shan: Wann haben Sie sich dafür entschieden in der Wissenschaft zu bleiben?

JK: Darauf gibt es zwei Antworten. Die eine ist, dass ich immer schon Lust hatte, mein Leben mit Lesen und Schreiben zu verbringen. Die andere, dass ich mir beim Studium relativ viel Zeit gelassen und vielleicht den Moment verpasst habe, etwas „Vernünftiges“ zu lernen. Für mich kam nie etwas anderes als ein Gelehrtendasein in Frage. Ich habe auch einfach viel zu viel Freude daran, zu unterrichten und mit Studenten zusammenzuarbeiten.

Warum sind Sie nicht in die Philosophie gewechselt?

Auch darauf gibt es zwei Antworten: Die offizielle Version wäre, dass ich schon immer eine ausschließliche Affinität zur Sinologie hatte. Die ebenso wahre Antwort lautet: Einer meiner ersten philosophischen Lehrer, Ernst Tugendhat, hat seinen Studenten im Grundstudium einen Test anempfohlen. Er sagte: “Stehen Sie jeden Morgen um sieben auf und setzen sich mit einem weißen Blatt an den Schreibtisch. Und dann fangen Sie an zu schreiben. Wenn Sie nach einem Monat keine philosophisch interessanten Ergebnisse vorlegen können, sind Sie in diesem Studium falsch.” Ich habe nach drei Tagen aufgegeben. Ich habe gemerkt, dass ich als systematischer Philosoph nicht phantasievoll genug bin, dass ich mich aber leidenschaftlich dafür interessiere, wie Menschen zu anderen Zeiten und in anderen Kulturen gedacht haben, warum bestimmte philosophische Richtungen entstanden sind, etc. Daher habe ich mich der Ideengeschichte zugewandt, sozusagen, um verstehen zu lernen, wie andere ihre weißen Blätter gefüllt haben.

Warum, würden Sie sagen, passen Sie so gut in den Cluster?

Das müssen Sie besser die Berufungskommission fragen! Ich habe schon gedacht, dass ich relativ gut auf die Ausschreibung passe. Ich habe mich in meinem Studium fast nur mit transnationalen Fragen beschäftigt. Von Anfang an haben mich Ideen interessiert, die auf Wanderschaft waren, die von Europa über Japan nach China gegangen sind, oder umgekehrt. In Heidelberg beworben habe ich mich, weil ich mir von dem Umfeld hier sehr viel verspreche. Der Cluster und das ZO bilden zusammen eine einmalige Umgebung für Forschende und Studierende. Unsere besondere Situation bietet eine außergewöhnliche Chance, die die Regionalwissenschaften in Deutschland nicht verspielen dürfen. Dieser Druck ist ein Ansporn, noch mehr dafür zu tun, das Beste aus unseren jetzt schon sehr guten Möglichkeiten zu machen.

Sie haben ja lange in den USA gearbeitet. Ist der Cluster eine Annäherung an die amerikanische Forschungslandschaft oder etwas ganz Neues?

Ich glaube, der Cluster ist etwas ganz Neues und Besonderes. Er ist sicherlich genauso international wie vieles in Amerika. Aber in Amerika ist man meistens auf sich allein gestellt. Es gibt nicht diese großen Forschungsverbünde wie man sie durch DFG-Projekte, Sonderforschungsbereiche oder eben den Cluster aufbauen kann. Das ist etwas, was die deutsche Forschungslandschaft auszeichnet.

Ist Ihre Professur eine reine Forschungsstelle oder werden Sie auch lehren?

Ich werde auch lehren. Zwar mit reduziertem Deputat für die ersten drei Jahre, aber ich hoffe, dass ich mich dennoch auch in der Lehre einbringen kann.

Haben sie bestimmte Vorstellungen, was Sie in der Lehre erreichen wollen?

Vielleicht, die Perspektive der Ideen- oder Geistesgeschichte, die für eine Weile etwas aus der Mode gekommen schien, wieder etwas stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Und sicherlich auch über den Cluster dazu beizutragen, dass transnationale Ansätze stärker berücksichtigt werden. Das heißt nicht, dass ich die Sinologie oder Japanologie als Fach „überwinden“ oder gar abschaffen will, ganz im Gegenteil: Eine starke Verwurzelung in unseren Fächern ist unverzichtbar. Aber die Geschichte Chinas nicht erst während der letzten 150 Jahre ist schlichtweg nicht zu verstehen, wenn man die Verflechtungen mit Japanern, Europäern, Amerikanern und anderen außer Acht lässt.

Was werden Sie im kommenden Semester konkret anbieten?

Zum einen ein Doktorandenkolloquium, das ich gemeinsam mit Frau Henningsen abhalten werde. Ich freue mich schon, von ihr zu lernen bzw. wieder zu lernen, wie man in Deutschland unterrichtet. Am Cluster mache ich ein Oberseminar, das “The Present of the Past in East Asia” heißt. Dabei geht es darum, wie Vergangenheit in China, Japan und Korea im 19. und 20. Jahrhundert neu erfunden worden ist. In diesem Zusammenhang kann man sich ganz verschiedene Themen vorstellen. Ich habe in Amerika einmal eine ähnlich gelagerte Lehrveranstaltung abgehalten und dabei z.B. Projekte unterstützt, die untersucht haben, wie die Tang-Dynastie im chinesischen Hip Hop repräsentiert wird oder wie das, was wir als „traditionelle chinesische Medizin“ kennen, im 20. Jahrhundert erfunden wurde.

Sie haben gesagt, Sie müssen neu lernen, wie man in Deutschland unterrichtet. Würden Sie sagen, dass sich das stark von Amerika unterscheidet?

Es unterscheidet sich sehr stark. Viele der Haupt- und Oberseminare, die ich selber besucht habe, bestanden darin, sich gemeinsam mit den Professoren vor einen Text zu setzen, diesen Satz für Satz durchzugehen, und, wenn Zeit blieb, kurz über die wesentlichen Inhalte zu reden. Obwohl man auch dabei viel lernen konnte, darf es nicht der einzige Ansatz sein. In Amerika habe ich gelernt, dass das, was hierzulande gelegentlich immer noch als “edutainment” verunglimpft wird – also ein interaktiver Unterrichtsstil – durchaus produktiv sein kann.

Und wollen Sie auch hier in Deutschland so unterrichten?

Ich möchte ausprobieren, wovon die Studierenden hier am meisten profitieren können. Daher bitte ich um Verständnis, wenn manche Vorstellungen, die ich jetzt mitbringe, vielleicht nicht ganz angemessen sind. Ich bin sehr dankbar für Hinweise und Anregungen der Studierenden.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass der Cluster und damit auch Ihre Position in der Zukunft so weiter bestehen wird?

Ich bin da sehr zuversichtlich. Vor allem, nachdem ich jetzt viele meiner Kollegen kennen gelernt habe. Alle scheinen sehr offen zu sein und sehr interessiert daran, kulturelle und disziplinäre Grenzen zu überwinden und voneinander zu lernen. Es herrscht hier ein enorm produktives Arbeitsklima, das sicher sehr gute Ergebnisse zeitigen wird. Auch für die Studierenden kann es sehr interessant sein, in so einem Zusammenhang “aufzuwachsen”. Gemeinsame Lehrveranstaltungen von Leuten, die aus ganz verschiedenen Sachgebieten kommen, können z.B. sehr anregend sein.

Fanden Sie es schwierig, die vielen Ortswechsel in Ihrer Karriere mit Ihrer Familie unter einen Hut zu bringen?

Das “akademische Nomadentum” fordert sicher seinen Preis. Insofern bin ich sehr froh, dass ich mich jetzt hier niederlassen und auf lange Sicht einrichten kann.

Glauben sie, man könnte diesen Zustand verbessern?

Die Bewerbungslandschaft in Deutschland ist ja leider immer noch so, dass viele junge Leute nach der Promotion Schwierigkeiten haben, eine geeignete Stelle zu finden. Deshalb sind relativ viele gezwungen, sich anderswo umzuschauen. In den USA gibt es zur Zeit 15-20 deutsche Sinologinnen und Sinologen. Kaum jemand davon wollte Deutschland verlassen, aber es gab eben keine adäquaten Angebote. Und das kann nicht an ihrer Qualität gelegen haben, denn viele haben jetzt Positionen an Topuniversitäten. Initiativen wie der Cluster, der ja einige Stellen geschaffen hat, werden hoffentlich dazu beitragen, dass mehr Nachwuchswissenschaftler hier bleiben können.

Sehen Sie hier nicht trotzdem eine Schwierigkeit, weil der Cluster ja vorerst nur befristet existiert?

Selbstverständlich. Wir müssen eben alles daransetzen, die Verlängerung des Clusters zu bewirken. Das ist auch eine Chance, langfristig etwas am System der Nachwuchsförderung in Deutschland zu verändern. Eine Sache, die ich sehr zu schätzen gelernt habe, ist das amerikanische System des Tenure Track: während der 6-7 Jahre einer Assistenzprofessur wird man zwar ständig in jedweder Hinsicht evaluiert, hat dann aber die reale Aussicht, in ein festes Anstellungsverhältnis übernommen zu werden. Das ist anstrengend und nervenaufreibend, aber mir scheint es fairer als das System hier mit seinen in der Regel immer noch prinzipiell befristeten Mittelbau-Stellen.

Das Tenure Track System klingt ja schon ähnlich wie das klassische deutsche System, in dem man sich von einer Assistentenstelle aus auf Lehrstühle bewirbt.

Einerseits ja. Andererseits sagten mir meine amerikanische Kollegen nicht ganz zu Unrecht: “In Germany you were the professor’s assistant, here you are an assistant professor”. Richtig an diesem despektierlichen Ausspruch ist, dass man in den USA z.B. sofort antragsfähig ist. Man ist früher sein eigener Herr und wird eher als eigenverantwortlicher Forscher ernst genommen.

Eine letzte Frage: Was würden Sie jungen Studierenden und Absolventen mit auf den Weg geben, die über eine Karriere in der Wissenschaft nachdenken?

Machen Sie sich nicht von Moden abhängig. Versuchen Sie nicht, auf Bedarf hin zu studieren, sondern stürzen Sie sich in das, was Ihnen Freude macht und woran Sie wirklich glauben. Meine Erfahrung ist, dass sich Möglichkeiten auftun, wenn man sich rückhaltlos engagiert. Zweifellos gehört dazu auch Flexibilität, etwa die Bereitschaft, sich räumlich zu verändern und auch mal einen Job anzunehmen, der auf den ersten Blick nicht so lukrativ erscheint. Aber allen, die das nicht abschreckt, würde ich immer dazu raten, in der Wissenschaft zu bleiben, weil es doch einer der interessantesten und schönsten Berufe ist.

Vielen Dank Prof. Dr. Joachim Kurtz!

Das SHAN-Interview führte Laura Jehl

 

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Praktika bei Lifetime Trading Ltd. und bei „Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung“ (Veranstaltungsreihe des Auswärtigen Amts)

Wie wahrscheinlich fast jeder andere Sinologe höre ich ständig die Fragen: „Du studierst Chinesisch? Und was willst du später mal damit machen?“ Unter anderem, weil ich diese Frage nicht klar beantworten konnte, wollte ich vor meinem Abschluss noch das eine oder andere Praktikum machen, um die Arbeitswelt und meine eigenen jobtechnischen Interessen besser kennen zu lernen. Das Praktikum sollte natürlich, wenn möglich, in China sein, soviel war mir klar, alles andere würde sich schon irgendwie ergeben.

Beworben habe ich mich übers Internet. Die Webseiten www.kopra.org und http://china.ahk.de/en/home/ sind meiner Meinung nach die besten Adressen. Anfangs hab ich mich ein bisschen von Vorgaben, wie ´BWL Studenten bevorzugt´ und ähnlichem, einschüchtern lassen, aber nach einer Weile hab ich mich einfach überall beworben, wo ich die Stellenbeschreibungen ansprechend fand. Bis ich aber bei meinem Traumpraktikum gelandet bin, war es ein langer Weg. Der erste Versuch war ein totaler Flop, aber ohne diesen hätte ich mich nie bei Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung (DuC) beworben und hätte die Chance verpasst, bei diesem tollen Projekt mitzuwirken.

Lifetime Trading Ltd.

Ein österreichisch-chinesisches Handels- und Consultingunternehmen in Guangzhou bot mir ein Praktikum im Produktmanagement an. Die Rahmenbedingungen bei dieser Firma waren wirklich sehr ansprechend: bezahlte Unterkunft, 250 Euro im Monat, Firmenhandy und bei Erfüllung des Vertrages Erstattung der Flugkosten bis 700 Euro.

Mit Produktmanagement hatte mein Praktikum dort allerdings nicht das Geringste zu tun. In der ersten Woche bestanden meine Aufgaben hauptsächlich darin, Order mit Vorschriften zu lesen und meine Mitpraktikanten bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Dann durfte ich die Urlaubsvertretung für eine der anderen Praktikanten übernehmen, dies beinhaltete vor allem das Übersetzen von Offerten vom Chinesischen ins Deutsche und das Weiterleiten von Kundenanfragen an die Einkäufer und fertiger Offerten an die zuständigen internen Stellen. Außerdem musste jeder Praktikant täglich durch Internetrecherche 25 Adressen potentieller Neukunden für die Kundendatenbank vorweisen. Hatte man 25 neue Adressen gefunden und mit der Datenbank abgeglichen, wurde der Newsletter und eine Firmenvorstellung verschickt.

Nach zwei Wochen bekamen alle Praktikanten die Aufgabe, die Kundendatenbank zu überprüfen und zu korrigieren. Es hatte sich heraus gestellt, dass viele Adressen doppelt vorhanden oder fehlerhaft waren. Also wurde die Liste unter uns aufgeteilt und jeder musste die Adressen in seinem Teil überprüfen. Doppelte und veraltete Adressen wurden gelöscht, falsche und unvollständige Adressen wurden korrigiert und ergänzt. Anschließend haben wir die Liste noch einmal neu aufgeteilt um und gegenseitig zu kontrollieren. Alles in allem, hat diese Arbeit zwei Wochen in Anspruch genommen.

Über Lifetime kann ich sagen, dass ich mein Praktikum dort als nicht sehr produktiv empfunden habe. Meine Hoffnung, einen Einblick hinter die Kulissen eines internationalen Handelsunternehmens zu bekommen blieben im Großen und Ganzen unerfüllt. Ich hatte keinen wirklichen Ansprechpartner, der mich in meine Aufgaben eingearbeitet hätte. Und nach 4 Wochen stand immer noch nicht fest, in welchem Bereich der Firma ich nun hauptsächlich tätig sein sollte. Es schien auch nicht wirklich eine Rolle zu spielen, ob die Praktikanten etwas lernen, solange sie Leistung bringen. Da ich ja aber etwas lernen und neue Erfahrungen sammeln wollte, beschloss ich, zu kündigen und mir ein neues Praktikum zu suchen. Diese Entscheidung führte mich zu DuC nach Peking.

„Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung“

Auch wenn das Praktikum bei Lifetime nicht das war, was ich mir erhofft hatte, wollte ich nicht einfach die Flinte ins Korn werfen und heim fliegen, deshalb habe ich mich erneut auf die Suche gemacht. Und zu genau dieser Zeit hat Oliver Radtke für die Onlineredaktion von DuC (http://www.deutschland-und-china.com/index_de.shtml) einen neuen Praktikanten gesucht. „Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung“ ist eine Veranstaltungsreihe des Auswärtigen Amts in China mit dem Ziel, die bilaterale Zusammenarbeit der beiden Länder zu fördern. Partner sind unter anderem das Goethe-Institut und die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“.

Am 1. Juni hatte ich meinen ersten Tag, am 11. sind wir nach Shenyang zur vierten Station der Veranstaltungsreihe. Ich hatte also 10 Tage Zeit, mich in die Basics einzuarbeiten. Anfangs war ich für die Verwaltung und Organisation des deutschsprachigen Veranstaltungskalenders der Station in Shenyang verantwortlich. Es war das erste Mal, dass ich mit einem Content Management System gearbeitet habe, und dann war es auch noch vollständig auf Chinesisch. Trotz meiner Chinesischkenntnisse war das eine echte Herausforderung. Ich musste die Maßnahmenbeschreibungen der Veranstaltungen online stellen und den Kalender regelmäßig updaten. Dafür musste ich mich mit dem Programm und dem verwendeten Quellcode vertraut machen und nebenbei noch die wichtigsten Vokabeln, die Veranstaltungsreihe betreffend, lernen.

Vom 12. bis 20. Juni fand die vierte Station der Veranstaltungsreihe in Shenyang statt. Hier kamen neue Aufgaben für mich hinzu. Eine davon war das Übersetzten der Artikel, die meine chinesischen Kollegen zu den Veranstaltungen geschrieben haben. Später durfte ich auch kleinere Artikel selber schreiben, so habe ich zum Beispiel eine Besucherumfrage gemacht, Bildunterschriften zu Fotostrecken verfasst und das eine oder andere kleinere Interview geführt. Da ich keine Erfahrungen hatte, was Interviews führen und Artikel schreiben angeht, habe ich immer alles ausführlich mit Oliver besprochen, mir von ihm Tipps geben lassen und im Anschluss Kritik abgeholt.

Zurück in Beijing ging es an die Aufbereitung der in Shenyang zusammengetragenen Materialien. Dazu gehörte weiterhin das Übersetzen der chinesischen Artikel, aber auch das Suchen nach Medienberichten über die Station im Internet und das Zusammentragen und Weiterverteilen aller Bilder. Und dann begannen auch schon die Vorbereitungen für die nächste Station in Wuhan. Inzwischen hatten wir auch noch zwei neue Praktikanten bekommen, die ich teilweise auch einarbeiten durfte.  Wenn man anderen seine Aufgaben erklären muss, merkt man erst, wie viel man tatsächlich gelernt hat.

Die Arbeit bei DuC hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich habe viel Neues gelernt. Die Zusammenarbeit im Team war sehr produktiv und aktiv, gleichzeitig wurde von mir erwartet selbstständig zu arbeiten, zu fragen, wenn ich etwas nicht verstanden hatte, aber auch meine eigene Meinung zu sagen, und bei Problemfragen meine eigenen Vorschläge mit einzubringen.

Beide Praktika gaben mir die Gelegenheit, China aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen und mit vielen interessanten Menschen zusammen zu arbeiten. Und ich habe gelernt, dass man manchmal Umwege gehen muss, um zu seinem Traumjob zu gelangen.

 

Katja Modis

 

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Chinesische Trotzkisten in Europa: Liu Renjing, Wang Fanxi und Zheng Chaolin

Vor achtzig Jahren gab es in der KP Chinas – wie in anderen Kommunistischen Parteien – heftige Konflikte zwischen den Anhängern Stalins und Trotzkis. Vor allem die chinesischen Studenten der Moskauer Sun Yatsen Universität waren von Trotzki, der dort 1925 die Eröffnungsrede hielt, sehr beeindruckt. Mit der Absetzung des Trotzki nahestehenden ersten Rektors (Karl Radek) begann auch die Ausschaltung der chinesischen Trotzkisten und der Aufstieg der von den „Achtundzwanzig Bolschewiken“ angeführten chinesischen Stalinisten. Für die Trotzkisten endete die Auseinandersetzung meist mit Parteiausschluß, Gefängnisaufenthalt oder Exekution.

Viele Jahre nach diesen dramatischen Ereignissen sind die Erinnerungen einiger Überlebender in chinesischer, englischer und deutscher Sprache erschienen. Die Autoren Zheng Chaolin (1901-1998) und Wang Fanxi (1907-2002) beschreiben ausführlich ihre frühen Aktivitäten in der Partei, ihre Aufenthalte in Europa, die Auseinandersetzungen mit den Stalinisten, die Spaltung der Trotzkisten, sowie langjährige Gefängnisaufenthalte. Ähnlich wie Deng Xiaoping und Zhou Enlai war auch Zheng Chaolin schon 1919 zum Studium nach Frankreich gereist und 1922 der KP beigetreten. Danach lebte er in Moskau, wo er „den toten Lenin“ sah und „den lebenden Trotzki“ sprechen hörte. Wang Fanxi trat 1925 als Student der Universität Beijing der KP bei, ging zwei Jahre später nach Moskau und schloss sich dort den Trotzkisten an.

Für die trotzkistische Bewegung in China war vor allem die Beteiligung von Chen Duxiu, dem ersten Generalsekretär der KP Chinas, von großer Bedeutung. Eine wichtige Rolle spielte auch Liu Renjing (Gründungsmitglied der KP), der 1929 Trotzki in der Türkei besuchte und danach Briefkontakt mit diesem unterhielt; in der 1990 erschienenen deutschsprachigen Sammlung von Trotzkis Schriften über China sind auch Briefe an Chen und Liu enthalten. (In den frühen achtziger Jahren veröffentlichte Liu in China mehrere Aufsätze, die aber größtenteils nicht übersetzt wurden; er starb 1987.)

1929 wurden Chen Duxiu und andere Trotzkisten aus der KP Chinas ausgeschlossen und sie bildeten daraufhin eigene Organisationen. Schon bald zerstritten sich die verschiedenen trotzkistischen Gruppen; sie wurden sowohl von Kuomintang (KMT) als auch von der KP bekämpft und verloren an Einfluss. Chen Duxiu, Liu Renjing, Wang Fanxi und Zheng Chaolin verbrachten viele Jahre im Gefängnis. Nach dem Tod Trotzkis (1940) und Chen Duxius (1942) gelang den chinesischen Trotzkisten kein Comeback. Doch dies war auch für die stalinistische Gruppe kein Anlass zum Triumph; in Yan’an wurden Wang Ming und einige andere “Bolschewiken“ etwa zur gleichen Zeit aus der Parteiführung entfernt.

Liu Renjing, Zheng Chaolin und Wang Fanxi, die in den zwanziger Jahren für die gleichen Ziele gekämpft hatten, wählten 1949 unterschiedliche Wege: während Liu und Zheng Bürger der Volksrepublik China wurden, ging Wang zunächst nach Hongkong und später nach Europa.

Die in den letzten Jahren erschienenen Erinnerungen sind teilweise schon vor einem halben Jahrhundert geschrieben worden, konnten jedoch damals – meist aus politischen Gründen – nicht veröffentlicht werden. Es ist ein besonderer Glücksfall, daß die Texte von Wang und Zheng inzwischen in mehr als drei Sprachen erhältlich sind und neben dem Haupttext jeweils noch Einleitungen, Nachworte und Anhänge haben. Die chinesischen Fassungen sind nur intern (neibu) gedruckt worden, aber in vielen Bibliotheken zugänglich. Die deutschen und englischen Übersetzungen sind in linken europäischen und amerikanischen Verlagen erschienen, die politisch den Autoren nahe stehen.

Die vor langer Zeit verfassten Texte bieten viele Informationen über die frühe Geschichte der KP Chinas und Interpretationen, die sowohl von westlichen als auch von offiziellen VR-chinesischen stark abweichen. Außerdem spielen persönliche Erfahrungen und Ansichten eine große Rolle. Daher sind die Erinnerungen nicht nur informativ sondern – im Gegensatz zu offiziellen Geschichtsdarstellungen – auch gut lesbar. Für europäische Leser(innen) sind gerade die Europaaufenthalte der Autoren interessant. Die chinesischen Stalinisten und Trotzkisten wurden ja stark von ihren europäischen Erfahrungen geprägt. Gerade darum ist ein Vergleich dieser Erinnerungen mit Biographien „offizieller“ Kommunisten wie Deng Xiaoping und Zhou Enlai, die etwa zur gleichen Zeit in Europa waren, sehr aufschlussreich.

Wang Fanxi: Erinnerungen eines chinesischen Revolutionärs, Frankfurt, 1983.
Wang Fanxi: Memoirs of a Chinese Revolutionary, New York, 1991.
Wang Fanxi: Shuangshan huiyilu, Beijing, 2004.
Zheng Chaolin: Siebzig Jahre Rebell, Frankfurt, 1991.
Zheng Chaolin: An Oppositionist for Life, Atlantic Highlands, 1997.
Zheng Chaolin: Zheng Chaolin Huiyilu, Beijing, 2004.

Thomas Kampen

 

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Der besondere Gang in Heidelberg

Am 8. Juli 2009 kamen Professoren, Mitarbeiter und Studenten des Instituts für Sinologie zur öffentlichen Direktoriumssitzung zusammen. Frau Prof. Dr. Barbara Mittler übernahm die Leitung der Sitzung.

Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Situation in der Bibliothek, die angestrebte stärkere Vernetzung des Zentrums für Ostasienwissenschaften, sowie die Neubesetzung diverser Stellen. Parallel hierzu wurde der langjährige Institutsdirektor Prof. Dr. Rudolf G. Wagner von seinen Mitarbeitern verabschiedet und der neue Professor für Intellectual History des Exzellenzclusters, Prof. Dr. Joachim Kurtz, dem Publikum vorgestellt.

Bibliothek

Die Raumnot in der Bibliothek, die nach Informationen von Bibliothekarin Anne Labitzky-Wagner obgleich ein Dauerzustand dennoch ungewollt sei, stellt weiterhin ein Problem dar. Die Regalbelegung sei derzeit bei etwa 120%. Die Lösung dieses Dilemmas wird weiter angestrebt, derzeit muss sie jedoch hinter den dringenden Renovierungsbedarf in den Räumen der Bibliothek zurücktreten.

Verwaltung

Das Sekretariat nutzte die Versammlung um die Ausschreibung einer Stelle als Fremdsprachensekretär/In bekannt zu geben. Die Stellenbeschreibung findet sich unter anderem auf der Institutswebseite. Des Weiteren wurde auf die Nutzung der Studiengebühren eingegangen und erneut darauf hingewiesen, dass jederzeit Vorschläge und Anträge zur Verwendung des Budgets an die Studiengebührenkommission gerichtet werden können.

ZO-Vernetzung

Frau Prof. Dr. Mittler kündigte an, dass die Vernetzung des Zentrum für Ostasienwissenschaften unter anderem durch eine gemeinsame zusätzliche Bibliothekarsstelle vorangetrieben werden soll. Für die Stelle konnte erfolgreich der ehemals in Heidelberg tätige und seither an der Universiät Leiden, Niederlande, angestellte Begründer des IGCS (Internet Guide for Chinese Studies) Hanno Lecher, geworben werden. Darüber hinaus soll eine stärkere Vernetzung auf informeller Ebene durch die gemeinsame Veranstaltung von Absolventenfeiern und Sommerfesten erreicht werden.

Bildungsstreik

Im Zuge der bundesweiten Bildungsstreiks standen hochschulpolitische Fragen auch für das Institut für Sinologie auf der Tagesordnung. Christian Andersch berichtete über die Vorgänge, Ziele und Probleme der bundesweiten Streikaktionen. Unter den Studenten der Sinologie, wie auch schon bei Gesprächen im Vorfeld deutlich wurde, ergab sich kein einheitliches Stimmungsbild, die meisten Institutsstudierenden stehen universitätspolitischen Themen apathisch oder apolitisch gegenüber.

Bachelor Studiengang

Ebenso steht die Evaluation des im Wintersemester 2004/2005 eingeführten Bachelor-Studiengangs Ostasienwissenschaften bevor, bei der das Institut für Sinologie auf Unterstützung der Studierenden hofft.

Personalwechsel

Die Mitarbeiter des Instituts verabschiedeten sich von ihrem langjährigen Chef und Kollegen mit der Gewissheit, dass Herr Prof. Dr. Wagner trotz seines Weggangs dem Institut bei seiner Arbeit im Exzellenzcluster weiterhin erhalten bleiben wird. Anhand zahlreicher Anekdoten sinnierten die Institutsmitarbeiter und Dozenten mit einem Rückblick auf bis zu 20 Jahre Zusammenarbeit über die stets der Wissenschaft folgenden Rationalität, den Eifer und die Hast von Prof. Dr. Wagner. Er selbst gab zu erkennen, dass er rückblickend oftmals in seinem Eifer gefangen und die Grenzen von “Aufgabe” und “Zumutung” überschritten hatte. Er bedankte sich für die Geduld seiner Mitarbeiter und Kollegen und entschuldigte sich – nicht ohne ein Augenzwinkern – bei der versammelten Mannschaft. Seinen weiteren Verbleib am Institut für Sinologie sähe er bildlich wie das Grinsen der Cheshire Katze. Selbst wenn die Katze verschwunden ist, bleibt ihr breites Grinsen gut zu sehen.

Professor Dr. Kurtz, der dem Eifer in Heidelberg schon früh begegnete, resümierte gemeinsam mit den Mitarbeitern, dass man auf dem Gang des Instituts nicht sicher sei. Das schnelle Mundwerk und der eilende Schritt Professor Dr. Wagners gäben in Heidelberg den Ton an. Dem neuen Professor Dr. Joachim Kurtz, den wir im folgenden Artikel eingehend vorstellen werden, heißen wir an unserem Institut herzlich willkommen und wir hoffen, dass er im besonderen Gang des Heidelberger Instituts seinen Schritt finden wird.

Hanni Truong

 

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Zuletzt bearbeitet von: AF
Letzte Änderung: 04.12.2014
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