Newsletter September 2007 Nr. 15

INHALT

„Grundsätzlich stehen die Chancen für Sinologen gut.“

Viele Studenten wissen lange Zeit nicht, welche Möglichkeiten sich ihnen nach dem Abschluss bieten. Deshalb stellen wir von Zeit zu Zeit Alumni vor, die über ihre Erfahrungen nach dem Studium berichten. Lars Anke hat bis 2004 in Heidelberg Mittlere/Neue Geschichte als Hauptfach, Moderne Sinologie und Politikwissenschaften Südasiens als Nebenfächer studiert. Jetzt arbeitet er im Auftrag der Stadt Hamburg in Shanghai. SHAN traf ihn zum Gespräch.

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Mehr als 1000 Meter Bücher umgeräumt – Aktionstage in der Bibliothek des Instituts für Sinologie

Auch Mitglieder von SHAN waren mit von der Partie am 5. Bibliotheksaktionstag am 20. September 2007 im Institut für Sinologie und konnten sich vom Fortschritt der Umräumarbeiten überzeugen. Allerdings werden weiterhin dringend Helfer gebraucht!

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Die Heidelberger Sinologin Netty Reiling und die Berliner Schriftstellerin Anna Seghers

In der vergangenen Ausgaben des Newsletters hatten wir über die Anfänge der Sinologie in Heidelberg berichtet. Zu den frühesten Studenten des Faches zählte auch die später als Anna Seghers bekannt gewordenen Netty Reiling.

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Rezension: „China.de – Was Sie wissen müssen, um mit Chinesen erfolgreich Geschäfte zu machen“ von Manuel Vermeer

Der Autor, selbst Sinologe mit jahrelanger Erfahrung als interkultureller Berater und Dolmetscher, erweist sich als Experte sowohl für chinesische Kultur als auch für die speziellen Probleme deutscher Firmen in der Zusammenarbeit mit Chinesen. Er betont vor allem die Notwendigkeit des Respekts vor der chinesischen Seite.

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Jobangebot

Com-Unic GmbH Unternehmensgruppe

Unsere Firma ist ein Beratungsunternehmen für betriebliche Aus- und Weiterbildung. Unser Mitarbeiter und unser Trainerteam stammen aus 23 verschiedenen Nationen, deren Wissen und Kompetenz wir unter Anderem auch im Rahmen von interkulturellem Training an unsere Kunden weitergeben. Leider ist unser Trainer für interkulturelles Training ausgeschieden und nun suchen wir einen adäquaten Ersatz. Ich wende mich daher mit der Bitte an Sie, falls Sie in Ihrem Vereinsumfeld Menschen kennen, welche gerne als Trainer für interkulturelles Training China arbeiten würden, an diese doch bitte unsere Kontaktadresse weiter zu geben.

Gerne stehe ich Ihnen auch für weitere Auskünfte zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen / Best regards

Alexander Seiler

Adresse:

Com-Unic GmbH
Unternehmensgruppe
Waldhofer Str. 100
69123 Heidelberg

Tel: +49(0)6221 - 739 11 60
Fax: +49(0)6221 - 739 11 80

Mail: alex.seiler@com-unic.de

Web:

www.com-unic.de
www.hotline.com-unic.de
www.thecomunicator.de


Veranstaltungskalender

Symposium: „Cultural Studies of Wine in China and Germany“,

International & Interdisciplinary Symposium, 04. – 07.10.2007,

Auditorium Maximum, Johannes Gutenberg Universität Mainz, Germersheim

Themen: „The influence of the development of viticulture on the history of culture of grape wine in China“ – Luo Guoguang

„Das Motiv des Weintrinkens in der Dichtung Tao Yuanmings (365-427)“ – Maria Rohrer u.v.m.

Näheres unter: www.fask.uni-mainz.de

Kino

Tuyas Hochzeit

,Drama von Wang Quan´an, China , läuft bereits im Gloria Kino, Heidelberg

Tragikomödie über eine junge Mongolin, die sich einen neuen Ehemann suchen muss, nachdem ihr Gatte durch einen Unfall zum Invaliden wurde. Der Film erhielt bei der diesjährigen Berlinale den Goldenen Bären.

Das Filmfestival Mannheim-Heidelberg, 10.-21. Oktober 2007 zeigt in diesem Jahr in einer Sonderreihe „Neue Filme aus China“. Mehr dazu unter www.mannheim-filmfestival.com


„Grundsätzlich stehen die Chancen für Sinologen gut.“

Sinologie ist ein Studienfach mit einem unklaren Berufsbild. Viele Studenten wissen lange Zeit nicht, welche Möglichkeiten sich ihnen nach dem Abschluss bieten. Deshalb stellen wir von Zeit zu Zeit Alumni vor, die über ihre Erfahrungen nach dem Studium berichten. Lars Anke hat bis 2004 in Heidelberg Mittlere/Neue Geschichte als Hauptfach, Moderne Sinologie und Politikwissenschaften Südasiens als Nebenfächer studiert. Jetzt arbeitet er im Auftrag der Stadt Hamburg in Shanghai.

SHAN: Herr Anke, wie sind Sie zu ihrem Arbeitsplatz gekommen?

Lars Anke: Während des Studiums habe ich ein Jahr auf Taiwan verbracht und verschiedene Praktika absolviert, unter anderem beim Deutschen Wirtschaftsbüro in Taipeh, im Bereich Regionalkooperationen Asien im Auswärtigen Amt in Berlin, und beim Ostasiatischen Verein in Hamburg mit Schwerpunkt Außenwirtschaftsförderung. Direkt im Anschluss an mein Studium begann ich dann mit meiner Tätigkeit als Regionalmanager Greater China, Mongolei beim Ostasiatischen Verein und beschäftigte mich dort mit der Interessenvertretung und Unterstützung für deutsche Firmen im Chinageschäft.

Wie sieht ihre Arbeit aus?

Seit September 2006 bin ich als Leiter des Hamburg Liaison Office in Shanghai. Dieses vertritt den Hamburger Senat, die Handelskammer Hamburg, den Hafen Hamburg Marketing e.V., die Hamburg Tourismus GmbH und die Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und ist somit die offizielle Repräsentanz Hamburgs in China.

Die Aufgaben sind sehr vielfältig. Dazu gehören die Unterstützung von Hamburger Unternehmen vor Ort, die politische Kontaktpflege, die Ansprache von chinesischen Unternehmen auf den Standort Hamburg, Logistikprojekte, sowie der Bereich Tourismus und Reisegruppen in beide Richtungen. Auch der akademische Austausch und die Einrichtung gemeinsamer Studiengänge wie zum Beispiel zwischen der Universität Hamburg und der Fudan Universität sowie kulturelle Austauschprogramme spielen eine wichtige Rolle. Die Tätigkeit spiegelt also die gesamte Bandbreite der beiderseitigen Beziehungen wieder. Das Hamburg Liaison Office besteht seit 1986. Im selben Jahr wurde auch die Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Shanghai begründet.

Können Sie einige konkrete Beispiele für Ihre Arbeit geben?

Wir unterstützen beispielsweise Unternehmen, die aus Hamburg nach Shanghai kommen. Drei bis fünf Unternehmen können sich einen ortskundigen Pool Manager teilen, was Kosten und Risiko einer Investition senkt. Wir bieten darüber hinaus Beratungsservice für Unternehmen und fungieren als Ansprechpartner vor Ort, organisieren Roadshows in China, sind für die Hafenkooperation zuständig und stehen auch als Ansprechpartner für die chinesische Seite zur Verfügung.

Daneben koordinieren wir Projekte zwischen Hamburg und China, halten Kontakt zu chinesischen Behörden, Institutionen, Unternehmen, Universitäten und Privatpersonen wie Künstlern oder Akademikern und bemühen uns, Hamburgs Position als das China-Zentrum Europas weiter auszubauen. “

Was sind in Ihren Augen die größten Probleme, denen westliche Unternehmen in China ausgesetzt sind?

Ein Stichwort sind Intellectual Property Rights, deren Durchsetzung ein großes Problem ist. Dies gilt jedoch auch für die chinesischen Unternehmen, die sich dessen immer bewusster werden. Aber sich in der Grauzone zwischen Recht und Rechtswirklichkeit in China zurechtzufinden ist eine anspruchsvolle Aufgabe für deutsche Unternehmen. Darüber hinaus ist China ein sich extrem schnell entwickelnder und verändernder Markt. Alles ist ständig im Fluss, so auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen wie etwa das Steuerrecht. Die Konkurrenz wird immer größer, gerade die einheimische. Deutsche Unternehmen haben keine Monopolstellung mehr und müssen sich anpassen. Die größte Herausforderung für Investoren ist sicherlich, den Anschluss nicht zu verlieren.

Welchen Stellenwert hat in Ihren Augen das Thema interkulturelles Management bei deutschen Investoren?

Hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen großen und kleinen Unternehmen. Große haben dieses Problem sicherlich weniger, da es sich oft um international operierende Konzerne handelt, deren Büros größtenteils lokalisiert sind. Für Mittelständler spielt es auf jeden Fall eine Rolle. Ein Bewusstsein für interkulturelle Probleme ist sicherlich vorhanden. Man sollte diese aber auch nicht überschätzen. Wichtig ist es, auf kulturell gleichberechtigter Ebene miteinander umzugehen und sich nicht zu devot zu geben. Beide Seiten sollten ein gesundes kulturelles Selbstbewusstsein mit sich bringen.
Bei einer Unternehmensgründung in China müssen kulturelle Eigenheiten was Aufbau, Kommunikation und ähnliches angeht selbstverständlich berücksichtigt werden. Wichtiger als in den alltäglichen Lebens- oder Verhandlungssituationen sind interkulturelle Fragestellungen bei Management-, Personal- und Unternehmensführungsaufgaben, also überall dort, wo „unchinesisches“ Verhalten in seinem Ergebnis nicht direkt auf den ausländischen Verursacher zurück geführt werden kann.

Wie sehen Sie die beruflichen Chancen für Sinologen in deutschen Unternehmen?

Grundsätzlich stehen die Chancen für Sinologen gut. Auch hier muss man nach Größe der Unternehmen unterscheiden. Große Firmen haben sicherlich mehr Möglichkeiten, einen Sinologen in seiner Eigenschaft als Sinologen einzustellen. Kleine Unternehmen stellen dagegen eher BWLer, Juristen oder Techniker mit Chinakenntnissen ein. Insgesamt ist der Wert von Sinologen am Arbeitsmarkt eher steigend als sinkend einzuschätzen. Jedoch ist es wichtig, auch praktische Kenntnisse mitzubringen. „Nur“ Sinologe zu sein macht die Sache entschieden schwieriger. Am besten ist es, wenn man schon früh Kenntnisse in dem Bereich sammelt, in den man später gehen will, sei es Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft oder im institutionellen Bereich. Am besten sucht man sich praktische Erfahrungen außerhalb des Studiums, etwa in Form der viel beschworenen Praktika.

Welche Vorteile hat Ihr Sinologiestudium für Ihre derzeitige Tätigkeit in China gebracht?

Die Sprache steht natürlich an vorderster Stelle. Dann die Horizonterweiterung im Allgemeinen und die Möglichkeit, länger ins Ausland zu gehen, dort auch Praktika zu absolvieren. Dadurch erreicht man eine Art „internationales“ Selbstbewusstsein. Darüber hinaus führt ein Sinologiestudium deutlicher als viele andere Studiengänge zum Erkennen des eigenen Potentials, und dass man „es schaffen“ kann, gerade wenn man an das Propädeutikum zurückdenkt.

Welche Fähigkeiten sollte Ihrer Meinung nach ein Sinologe mitbringen, wenn er für ein Unternehmen in China arbeiten möchte?

Sprachkenntnisse sind der Hauptfaktor. Eine weitere Rolle spielen die Offenheit, Herausforderungen anzunehmen, und eine gewisse Leidensfähigkeit – weniger im Bezug auf die Lebensumstände, als mit Blick auf Arbeitsbelastung und Improvisationstalent. Für die Arbeit vor Ort ist ein generalistischer Ansatz sehr wichtig, den das Sinologiestudium aber sehr gut vermittelt. Denn der Bereich „China“ ist nun einmal sehr breit gefächert. Man muss daher lernen, auch über persönliche Grenzen hinweg zu denken. Ich selbst hatte zu Beginn meines Studiums kein ausgeprägtes Wirtschaftsinteresse, dennoch hat es mich dann in diese Richtung verschlagen, bevor ich in meiner jetzigen Tätigkeit neben den wichtigen Wirtschaftsfragen auch andere Bereiche betreue.

Was fehlt dem Studium der Sinologie in Heidelberg Ihrer Meinung nach?

Ich kann natürlich nur für die Zeit sprechen, zu der ich am Institut war. Dies ist bereits drei Jahre her. In jedem Fall mangelt es an Praxisbezug, gerade was den Bereich Wirtschaft oder Institutionen angeht. Zu letzterem wäre es sinnvoll mal ein Seminar abzuhalten, um den Studierenden einen Überblick zu verschaffen, welche Institutionen es in diesem Bereich überhaupt gibt. Damals wurde außerdem die Notwendigkeit von Praktika gar nicht angesprochen. Das ganze Studium war nur auf die Universität und die Wissenschaft bezogen, also von einem relativ engen Horizont geprägt. SHAN hat erheblich zur Besserung dieser Verhältnisse beigetragen und bietet sicher weiteres Potential.
Wichtig wäre jedoch eine engere Tuchfühlung zu Unternehmen, die von den Professoren oder sogar der Fakultät selbst betrieben wird. Diese haben eine größere Autorität gegenüber den Unternehmen als wenn dies von den Studenten selbst durchgeführt wird.

Herr Anke, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Cora Jungbluth.

 

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Mehr als 1000 Meter Bücher umgeräumt – Aktionstage in der Bibliothek des Instituts für Sinologie

Auch Mitglieder von SHAN waren mit von der Partie am 5. Bibliotheksaktionstag am 20. September 2007 im Institut für Sinologie und konnten sich vom Fortschritt der Umräumarbeiten überzeugen. Diese geschehen anlässlich der Entstehung eines gemeinsamen Computerlabors des Zentrums für Ostasienwissenschaften und des Instituts für Religionswissenschaften in der Zeitschriftenabteilung. Ursprünglich befand sich dort die Kompaktusanlage, eine bewegliche Regalanlage. Diese wird nun in einer mehrmonatigen Mammutaktion abgebaut und eine Etage tiefer wieder aufgestellt: in Zukunft werden ca. 1700 Meter Zeitschriften und andere Kostbarkeiten einer der größten sinologischen Bibliotheken Europas in der ehemaligen „Chefgarage“ – der Tiefgarage unter dem Institut für Sinologie – ihrer Nutzung harren. Die Chefgarage wurde hierzu eigens um zwei Räume erweitert. Sicherlich kein ganz gewöhnlicher Ort zur Aufbewahrung von Buchbeständen. So entfuhr einem der Helfer beim ersten Anblick auch der Kommentar: „Das ist ja echt schräg hier.“ Da die räumlichen Ressourcen der Bibliothek schon seit Jahren an ihre Grenzen stoßen, bietet sich zunächst jedoch keine andere Lösung an.

Holger Winheller, studentische Hilfskraft in der Zeitschriftenabteilung, erklärte, dass bereits etwa zwei Drittel der Bücher umgeräumt seien und bei den bisherigen Aktionen stets eine nette Atmosphäre geherrscht habe, in der man gut zusammen arbeiten konnte. Dennoch wünsche er sich mehr Helfer bei den kommenden Umräumarbeiten. Anne Labitzky-Wagner, seit 2003 Leiterin der Bibliothek, betonte SHAN gegenüber, dass eine solche Aktion ohne den engagierten Einsatz der freiwilligen Helfer und Helferinnen kaum zu bewältigen sei. Auch sie hoffe weiterhin auf tatkräftige Unterstützung von Seiten der Studierenden, da die Umräumarbeiten noch nicht abgeschlossen seien.

Für Bibliotheksnutzer wird sich mit Vollendung der Arbeiten in der Nutzung der Bibliothek einiges ändern: ähnlich dem System des Tiefenmagazins in der Universitätsbibliothek müssen die nun in der Tiefgarage eingelagerten Bestände vorbestellt und dann von den Hiwis ausgehoben werden. Die 258 laufenden Zeitschriften verbleiben jedoch im Erdgeschoss und können weiterhin direkt genutzt werden. Anfang des kommenden Semesters soll alles fertig sein, damit der Unterricht wie gewohnt stattfinden kann. Zuvor stehen jedoch noch mehrere Aktionstage an, an denen das Bibliotheksteam wie bereits erwähnt weiterhin auf freiwillige Helfer hofft, für deren leibliches Wohl übrigens dank der Spenden von Seiten der Professoren bestens gesorgt wird.

 

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Die Heidelberger Sinologin Netty Reiling und die Berliner Schriftstellerin Anna Seghers

Netty Reiling gehörte Anfang der zwanziger Jahre zu den frühesten Sinologiestudentinnen Heidelbergs. Sie wurde am 19. November 1900 in Mainz als Tochter des Antiquitätenhändlers Isidor Reiling und seiner Frau Hedwig geboren und machte dort 1920 Abitur. Sie studierte in Heidelberg und Köln Kunstgeschichte und Sinologie und promovierte im November 1924 (in Kunstgeschichte). Sie hatte allerdings mehr Lehrveranstaltungen über die Geschichte, Philosophie und Religion Chinas als über Kunstgeschichte besucht.

Zu dem Hintergrund ihres Chinesischstudiums sagte sie später: "Ich war der irrigen Ansicht, ich könnte schnell lernen Texte auf alten chinesischen Bildwerken zu entziffern. So naiv war ich." Sie hatte besonderes Interesse an Laozi, Liezi und Zhuangzi, aber eine Abneigung gegen Konfuzius. Ihr Sinologielehrer in Heidelberg war der außerordentliche Professor Major Friedrich Ernst August Krause (1879-1942). Zusammen mit ihr studierte unter anderem der spätere Widerstandskämpfer Philipp Schaeffer (1894-1943), mit dem sie gut befreundet war.

1924 begann auch ihre schriftstellerische Karriere mit der Veröffentlichung einer Erzählung in der Frankfurter Zeitung. Im folgenden Jahr heiratete sie den linken ungarischen Emigranten Laszlo Radvanyi und bekam bald zwei Kinder. Sie benutzte nun offiziell den Nachnamen ihres Mannes, veröffentlichte jedoch ihre literarischen Werke als Anna Seghers. 1925 siedelten sie nach Berlin über und blieben dort sieben Jahre. 1928 wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands und des Bundes proletarisch-revolutionärer Schriftsteller. Damals lernte sie auch den kommunistischen Sinologen K.A. Wittfogel kennen, der in Berlin mit ihrem Mann zusammenarbeitete.

1932 veröffentlichte Anna Seghers mehrere Erzählungen über die chinesische Revolution ("Die Gefährten", "Die Stoppuhr", "1. Mai Yanshuhpou", usw.), die zum Teil die Lebenswege der ihr in Deutschland bekannten Chinesen beschrieb. Die Kommunistische Internationale und die KPD ermunterten damals linke Schriftsteller über die chinesische Revolution zu schreiben. Der „rasende Reporter“ Egon Erwin Kisch, der auch in Berlin lebte und mit Seghers befreundet war, wurde im gleichen Jahr nach Shanghai geschickt und veröffentlichte nach seiner Rückkehr das Buch China geheim.

Seghers konnte damals nicht nach China fahren, sondern ging 1933 ins Exil nach Frankreich, später nach Mexiko. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte sie nach Deutschland zurück und ließ sich in Ostberlin nieder. Mit einer offiziellen DDR-Delegation konnte sie dann zum ersten Mal 1951 nach China reisen. Nach ihrer Rückkehr war sie an der Herausgabe einer DDR-Ausgabe von Mao Zedongs Yan’aner Reden über Literatur und Kunst beteiligt.

Wegen der Verschlechterung der Beziehungen zur Volksrepublik China infolge des sino-sowjetischen Konflikts konnte sie später nicht mehr nach China reisen und beschäftigte sich auch in ihren späteren Werken kaum noch mit China. In der DDR leitete sie mehr als 25 Jahre den Schriftstellerverband und war lange die prominenteste Autorin ihrer Republik. Sie starb am 1. Juni 1983 in Berlin.


Literatur:

Christiane Zehl Romero: Anna Seghers, Reinbek: Rowohlt Verlag, 1993.

Christiane Zehl Romero: Anna Seghers – Eine Biographie 1900-1947, Berlin: Aufbau Verlag, 2000.

Frank Wagner: Anna Seghers – Eine Biographie in Bildern, Berlin: Aufbau Verlag, 2000.

Thomas Kampen: Der erste Sinologiestudent: Philipp Schaeffer, SHAN Newsletter, Nr. 14, August 2007

 

Dr. Thomas Kampen

 

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25 :: Manuel Vermeer – China.de. Was Sie wissen müssen, um mit Chinesen erfolgreich Geschäfte zu machen.

Der Titel „China.de“ führt zunächst zu einem Trugschluss. In dem Buch des Heidelberger Alumnus und SHAN-Mitglieds Manuel Vermeer, das in diesem Sommer in der 2. Auflage erschienen ist, geht es nicht ums Internet. Vielmehr verbirgt sich hinter „China.de“ ein Wortspiel, wie es auch ein Chinese machen würde: „de“ steht für die erste Silbe von „Deguo“ – Chinesisch für „Deutschland“. Der Titel soll, so das Vorwort, eine sprachliche Verbindung zwischen China und Deutschland herstellen.

Ein Buch für China-Laien
Ganz pragmatisch ist dagegen der Untertitel: „Was Sie wissen müssen, um mit Chinesen erfolgreich Geschäfte zu machen“. Und genau darauf ist der Inhalt zugeschnitten. Das Buch beginnt mit einem sehr kurzen historischen Überblick, es folgt eine knappe Darstellung des wirtschaftspolitischen Umfelds sowie kultureller Besonderheiten wie etwa Zahlen- und Farbsymbolik, die im Hinblick auf geschäftliche Zusammenarbeit relevant sind. Zwei ausführliche Kapitel behandeln Personalmanagement und Verhandlungsführung. Der Autor betont immer wieder, dass ein Buch wie „China.de“ nicht als Ersatz für ein interkulturelles Training und konkrete Erfahrung dienen kann. Aber die Lektüre hilft einem China-Laien, eine realistische Einschätzung dessen zu erreichen, was ihn erwartet. Außerdem stattet sie ihn mit genügend Hintergrundwissen aus, um einen Abend lang Smalltalk zu führen und Peinlichkeiten zu vermeiden.

Maßgeschneidert auf die Zielgruppe
Der Autor, selbst Sinologe mit jahrelanger Erfahrung als interkultureller Berater und Dolmetscher, erweist sich als Experte sowohl für chinesische Kultur als auch für die speziellen Probleme deutscher Firmen in der Zusammenarbeit mit Chinesen. Er betont vor allem die Notwendigkeit des Respekts vor der chinesischen Seite. Die Darstellungen sind prägnant formuliert und durch Grafiken veranschaulicht. Der Autor vermeidet es jedoch, Zahlen zu nennen, da diese schnell veralten oder wenig Aussagekraft besitzen, und verweist lieber auf entsprechende Informationsquellen, die in einer kurzen Bibliographie im Anhang zusammengestellt sind. In den meisten Kapiteln werden wichtige Inhalte am Ende noch einmal stichpunktartig aufgelistet. Dass der Autor historische Hintergründe extrem gerafft darstellt und fast keine Schriftzeichen verwendet, dient dem Zweck des Buches. Es ist maßgeschneidert auf seine Zielgruppe, deutsche Manager, die keine Zeit haben, sich eingehender mit China zu beschäftigen. Als einzigen wirklichen Kritikpunkt könnte man vielleicht das stellenweise etwas schlampige Layout anführen.

Lesenswert für Sinologen?
„China.de“ richtet sich nicht an Sinologen. Trotzdem sollte es aus zwei Gründen unsere Beachtung finden. Erstens: Wer einen Chef des oben genannten Profils hat, kann ihm dieses Buch guten Gewissens empfehlen. Neben der Sensibilität für interkulturelle Unterschiede betont Manuel Vermeer nämlich insbesondere die außergewöhnlichen Schwierigkeiten beim Übersetzen zwischen Chinesisch und Deutsch. Nach der Lektüre wird der Vorgesetzte hoffentlich besser verstehen, warum der Praktikant aus der Sinologie blass wird, wenn er „mal eben dolmetschen“ soll. Zweitens: Wer während der Arbeit oder eines Praktikums deutschen Mitarbeitern China näher bringen soll, kann sich bei „China.de“ nützliche Anregungen holen. Nicht zuletzt, da wir Sinologen ja viel über Chinesen wissen, aber möglicherweise wenig über deutsche Manager.



Laura Jehl

 

Manuel Vermeer
China.de – Was Sie wissen müssen, um mit Chinesen erfolgreich Geschäfte zu machen
2., üsberarbeitete Auflage 2007, gebunden
192 Seiten – Gabler
ISBN: 978-3-8349-0566-6
EUR 39,90

 

 

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Zuletzt bearbeitet von: AF
Letzte Änderung: 23.02.2021
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