Festival-Saison in Ostasien
Das viel diskutierte Busan International Film Festival fand Mitte Oktober wieder in der südkoreanischen Stadt statt. Von Manchen als „low-key“ Version des jährlichen Festivals beschrieben, kam es doch auf einen höheren Zuschauerstrom als im letzten Jahr. Zum ersten Mal in der Geschichte des Festivals wurden zwei Filme unter weiblicher Regie für Anfang und Ende der Veranstaltung ausgewählt: Glass Garden (유리정원, 2017), ein mysteriöses Drama über eine Wissenschaftlerin, die sich – von der Welt enttäuscht – in einen von Glas umgebenen Garten zurückzieht, von der Regisseurin Shin Su-won 신수원 eröffnete das Kinoevent. Sylvia Changs 张艾嘉 krönender Festivalabschluss beschäftigte sich mit zeitgenössischen Fragen rund um Polygamie und Geschlechterrollen in ihrer chinesisch-taiwanesischen Produktion Love Education (相爱相亲, 2017). Was passiert, wenn man die Beisetzung seiner Eltern vor der anderen Ehefrau seines Vaters verteidigen muss? Genau diese Frage muss sich die Protagonistin Huiying (Sylvia Chang) stellen, als sie in ihr Heimatdorf zurückkehrt und mit der polygamen Vergangenheit ihres Vaters konfrontiert wird, die eine frustrierende Jagd nach Heiratsdokumenten durch chinesische Verwaltungsorgane nach sich zieht.
Neben Screenings fand in dieser Festivalausgabe auch die Gedenkfeier an Kim Ji-seok, Gründungsmitglied und Programmchef des Festivals, der dieses Jahr überraschend während des Festivals in Cannes verstarb, statt.
Anfang diesen Monats lief nun endlich auch die erste Ausgabe des Pingyao International Film Festivals (平遥国际电影展 oder in lang: Pingyao Crouching Tiger Hidden Dragon International Film Festival – ja richtig, benannt nach Ang Lees 李安 Blockbuster aus dem Jahr 2000) in der Provinz Shanxi 山西 an. Das Indie-Festival, das von Altmeister Jia Zhangke 贾樟柯 als chinesische Sundance-Version ins Leben gerufen wurde, startete nur kurz nach dem Parteikongress (nachdem es gerade deshalb nach hinten verschoben werden musste) und wurde deshalb von ausländischen Medien direkt unter die Zensur-Lupe genommen. Der Eröffnungsfilm war Youth (芳华, 2017) von Feng Xiaogang 冯小刚, dessen offizielle Veröffentlichung - wie im Oktober-Newsletter besprochen - auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Neben vielen kleinen Produktionen wie Depi (德皮, 2017), ein Beziehungsdrama von Regisseur Hu Yichuan 胡艺川, wurden während des ersten Jahres legitimierende Kinoschlager wie der Kriegsfilm Sky Hunter (空天猎, 2017) mit Fan Bingbing 范冰冰 gezeigt. Den Organisatoren zufolge wurde das Kinofest vor allem von Shanxi-Ansässigen besucht und diente als Treffpunkt für Filmschaffende abseits der großen chinesischen Metropolen. Auch Kinohits aus Cannes und Retrospektiven aus Europe wurden unter der künstlerischen Leitung des Italieners Marco Müller gezeigt.
"It was an important decision you know… In English you could call it a boutique festival. (…) It's probably one of the festivals that all the filmmakers in the world love the best… young viewers, young audiences can access films and filmmakers in an easy going way.”
Zitat von Marco Müller, aus der Global Times, von Wei Xi, 5.11.2017
|