Newsletter-Archiv: Juni 2016

 
Filmnewsletter Juni
 
Liebe Filmfreunde,
 
Der Juni wird für uns ein spannender Monat! Neben Nachrichten zu aktuellen Filmfestivals – wo waren zum Beispiel die chinesischen Kandidaten in Cannes?! – und einer Fortführung der Debatte um asiatische Schauspieler findet schon nächstes Wochenende der große Filmmarathon an der Sinologie statt! Dafür werfe ich einen Blick auf das grandiose Programm und stelle ein paar Favoriten vor!
 Whitewashing-Debatte II
 
Wie im letzten Newsletter bereits besprochen, kam es in letzter Zeit zu stürmischen Diskussionen um die Whitewashing-Praxis in Hollywood. Seit der Ankündigung vieler ‚weißer’ Blockbuster meldeten sich letzten Monat noch mehr ‚Asian-American’ Schauspieler zu Wort, unter anderem Serienstars wie Constance Wu (von „Fresh Off the Boat“, einer SitCom auf ABC über eine chinesisch-amerikanische Familie), Daniel Dae Kim (bekannt durch „Lost“ und „Hawaii Five-o“) oder BD Wong (der zurzeit in der Erfolgsserie „Gotham“ mitspielt). Ein Trend mit dem Hashtag #Starring erreichte jüngst auch die Hollywoodpresse, in dem Gesichter asiatischer Schauspieler in bekannte Filmplakate eingefügt wurden, wie z.B. John Cho - bekannt durch die neusten Star Trek-Filme - als James Bond in „Spectre“ (2015), mit der Bildunterschrift #StarringJohnCho. Neben den zahlreichen ‚weißen’ Filmen scheint die Serienwelt in Kalifornien schon ein paar Dinge mehr dazugelernt zu haben: „Fresh Off the Boat“, „The Mindy Project“ oder „Master of None“ sind nur einige der neusten Anläufe verschiedener Kanäle, die mit ‚Asian-Americans’ in Hauptrollen das breite Publikum begeistern können. 
Zum Artikel "Asian-American Actors Are Fighting for Visibility. They Will Not Be Ignored"
Cannes ohne China
 
Wer dieses Jahr das Cannes Filmfestival verfolgte, bemerkte vielleicht eine Leerstelle des Programms:  Das chinesische Kino war dieses Jahr mit keinem Film und keinem Jury-Mitglied auf dem Festival vertreten. Wie kam es zu einer solchen Abstinenz des sonst so prominenten Filmmarkts – man bedenke nur die Artikel der letzten Newsletter zum neuen chinesischen Hollywood?! Die großen Filmemacher aus China wurden zu einem ungünstigen Zeitpunkt vom Filmevent in Cannes überrascht: Altmeister wie Lou Ye 娄烨, Jia Zhangke 贾樟柯 (der aber als Mentor vor Ort war) oder Johnnie To 杜琪峯 arbeiten zurzeit an neuen Filmprojekten und der überragende Film Crosscurrent 长江图 von Regisseur Yang Chao 杨超 nahm statt an Cannes an der Berlinale im Februar teil. Einige Schauspieler schritten dennoch über den Roten Teppich, äußerten sich aber auch zu dem Dilemma. „China's film market is good but the biggest problem is they just want to entertain themselves without overcoming Hollywood’s influence,“ sagte Schauspielerin Gong Li während des Festivals.
Ein anderer Film stahl jedoch in Cannes die Show: Das koreanische Drama The Handmaiden (아가씨 Agassi) von Regisseur Park Chan-Wook 박찬욱 (der durch seine Rache-Trilogie berühmt wurde), lose auf einer viktorianischen Erzählung basierend, wurde auf dem Festival von Kritikern hoch gelobt. Die Handlung spielt im japanisch besetzten Korea der 30er Jahre und dreht sich um die Liebesgeschichte zwischen einer reichen Erbin und ihrem Dienstmädchen in einer hierarchisch-patriarchalischen Gesellschaft. 
Zu einer illustrativen Filmrezension des Films "The Handmaiden"
Nachrichten zu anderen Veranstaltungen +++ Das Chinese Film Festival in France (CFFF) wird vom 24. Mai bis 19. Juli in französischen Städten veranstaltet und zeigt 10 Filme, die noch nie in Frankreich zu sehen waren +++ Die Diskussionen um das Busan International Filmfestival (BIFF) geht weiter: Nach einem offenen Brief an die Lokalregierung über die Unabhängigkeit der Veranstaltung drohen Filmemacher, die diesjährige Edition zu boykottieren +++ 
4. Juni – der FILMMARATHON!
 
Am Samstag, dem 4. Juni, eröffnen wir unseren nagelneuen Videoraum in der Sino! Es werden Raritäten der chinesischen , taiwanesischen, hongkonger und japanischen Filmwelt gezeigt, die man nicht alle Tage zu Gesicht bekommt. Den Anfang macht A Day to Remember/ A Day Forgotten 忘却的一天, in dem sich der Filmemacher Liu Wei einer komplexen Thematik mit einer simplen Frage widmet: Am 4. Juni 2005 lief er durch Peking und fragte Passanten, „Do you know what day it is today?“ Die Dokumentation am 16. Jahrestag des Tiananmen-Massakers gibt Einblick in die Vergangenheitsbewältigung, oder deren Leerstelle, die heute von der jungen Generation gelebt wird.
Auf den immer wieder sehenswerten Klassiker Summer Palace von Filmlegende Lou Ye folgt am frühen Nachmittag Yasukuni (靖国) von Li Ying 李缨. Der Film beschäftigt sich mit dem Yasukuni-Schrein in Tokyo, wo unzählige Kriegsverbrecher beerdigt sind. Unterlegt mit dem Motiv des Schwertschmiedens, bespricht der Film die schwierige politische Situation nach dem zweiten Weltkrieg in Japan. Darauf folgt der hongkonger Kassenschlager Ten Years 十年, den ich in den letzten Newslettern schon lang und breit besprochen habe – bloß nicht verpassen, den gibt es in Deutschland noch nicht!!
Last but not least: das historische Familiendrama A City of Sadness 悲情城市 von Starregisseur Hou Hsiao-Hsien 侯孝贤, das als erster Film die tragischen Ereignisse im Februar 1947 in Taiwan beleuchtet, als die Guomindang vom Festland auf die Insel kam.
 
Fazit: Es lohnt sich, für einen oder mehrere Filme vorbeizuschauen, es folgen spannende Gespräche mit anwesenden Filmspezialisten. Lasst euch die Gelegenheit nicht entgehen und feiert mit uns bei Speis und Trank die Eröffnung des Filmraums!

 Plakat_Juni_2016

Zu unserem neuen Filmportal (unofficial preview)!
Die Fernsehtipps des Monats: Da auch diesen Monat das Fernsehprogramm spärlich ausfällt, lade ich euch ein, den Filmdurst bei unserem ganztägigen Screening zu stillen!

 Bildschirmfoto_Juni_2016

Ich wünsche euch einen ereignisreichen Juni mit vielen cineastischen Highlights!

Bis dahin - Clara
Zuletzt bearbeitet von:
Letzte Änderung: 26.08.2016
zum Seitenanfang/up